Puppenbraut
Mädchens bat mich, diese Zettel überall zu verteilen.“
„Ach, die Kleine, ich weiß. Wie hieß die noch mal?“ Er schaute auf die Flyer. „Ja genau, Zoey. Üble Sache! Seit sie verschwunden ist, stehen Eltern abwechselnd in der Schule Patrouille. Mal der eine Vater, mal die andere Mutter. Als würde das solche Menschen daran hindern, sich die Kinder einfach so zu schnappen. Der Typ ist doch nicht so blöd, das Kind direkt vom Hof mitzunehmen.“
Doreen ignorierte seine Ausführungen, weil sie nicht gewillt war, über den Täter Vermutungen anzustellen. Das waren Gespräche, die bewirkten, dass man sich um die eigene Achse drehte. Offenbar wusste dieser Mann nicht mehr, aber er konnte ihr helfen! „Kann ich die Flyer einfach so verteilen? Vielleicht hat jemand etwas gesehen oder gehört und meldet sich. Unten steht eine Telefonnummer des Privatinstituts für Angewandte Kriminologie in der Madison Avenue, das mit diesem Fall betraut ist.“
„Wenn Sie mich so fragen, dann ist mir schon jemand aufgefallen. Ein komischer Typ mit einem Dackel. Den sehe ich oft, wenn ich den Hof fege. Auffällig, wie der an der Schule vorbeiläuft! Aber mich fragt ja keiner!“
Für einen Augenblick glaubte Doreen, eine tiefe Traurigkeit in der Stimme zu erkennen. Als würde diesem Menschen Anerkennung fehlen. Als Travis Carter die nächste Frage stellte, zweifelte sie nicht mehr daran. „Wollen Sie vielleicht, dass ich diese Flyer verteile? Ich habe ohnehin nicht viel zu tun. Zu helfen, wenn es um Kinder geht, würde mich glücklich machen!“
Doreen dachte kurz über den Vorschlag nach. Eigentlich wollte sie die Blätter nur auslegen, doch sie zu verteilen war vielleicht wirklich besser! Die Idee erschien ihr gar nicht so blöd. Vermutlich verhielt es sich ohnehin so, wie die Nadel im sprichwörtlichen Heuhaufen zu suchen. Die Leute hatten mehr Vertrauen zum Hausmeister als zu einer wildfremden Frau. Sie würden eher einen Blick auf den Zettel werfen. Ihre Hoffnung war, dass sie ihn vielleicht sogar weiterreichen würden.
„Sehr gern!“, entgegnete sie und übergab ihm die Zettel. Heutzutage waren Männer nicht mehr gewohnt, sich bei einem Gespräch mit einer Frau höflichkeitshalber zu erheben. Doch wenigstens bedankte er sich.
*****
„Zoey! Zooooooeeeeeey!“ Die Kleine hörte seine Stimme und bekam Angst. Furchtbare Angst. Eigentlich wollte sie nur noch zu Mommy und Daddy, doch der Mann sagte ihr, dass die jetzt sauer wären, weil sie dachten, dass sie weggelaufen wäre. Und das, ohne ein Wort zu sagen!
Seine Eltern, wie er sagte, waren damals sehr wütend auf ihn. Er musste ein paar Tage beim Nachbarn warten, damit sie nicht mehr böse waren. Aber als er dann ein paar Tage später nach Hause kam, hätten sie es wieder vergessen und ihn fest umarmt. So würden es die Eltern immer machen, man müsste nur etwas Zeit verstreichen lassen. Zoey wollte nicht, dass ihre Eltern böse auf sie waren. Sie fehlten ihr aber so entsetzlich!
„Zooooooeeeeeey!“ Diesmal klang die Stimme beinah nett. „Ich habe dir etwas mitgebracht...“
Der Mann ging in Zoeys Raum und setzte sich auf die Pritsche, die er „Bett“ nannte. Er klopfte darauf in einer zum Sitzen einladenden Geste. Das Mädchen wusste instinktiv, dass es sofort folgen musste, um ihn nicht zu verärgern. Auf das Bett legte er ein kurzes, weißes Kleid, ganz komische, rote Stümpfe mit einem Gummigriff, die Zoey so noch nicht gesehen hatte, weiße Schuhe und ein weißes Haarband aus leichtem Stoff. Bis auf die roten Strümpfe kannte sie das schon von der Kommunionsfeier von Anne, der Tochter der besten Freundin von Zoeys Mutter. So nannte man den christlichen Brauch, wo die Mädchen wie kleine, hübsche Bräute in die Kirche mussten. Aber auch die Jungs sahen an diesem Tag sehr schick aus. Zum Schluss wurden die Kommunionkinder von ihren Gästen reichlich beschenkt und fühlten sich auf einmal irgendwie erwachsener. Insgeheim wünschte sie sich damals, auch katholisch zu sein.
„Du wirst mit mir als eine Braut zu deiner Mommy und deinem Daddy gehen! Eine wunderschöne Braut! Deine Eltern werden dann nicht mehr böse sein! Sie werden sich mit uns freuen, meine wunderschöne Zoey! Meine Braut! Wir werden es der ganzen Welt zeigen! Das wird so wunderbar sein wie damals, als meine Pflegemutter meine Braut wurde. Sie hatte aber kein schönes Kleid, weil sie schon älter war, mein Schatz! Wir wurden ein Paar und durften uns ab sofort wie ein Paar
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