Puppenbraut
Spielzeug. Und ein großes Geheimnis, denn eigentlich war sie schon viel zu alt dafür. Mit der entschlossenen Geste eines kleinen Kindes strich sich Zoey die Tränen von der Wange weg. Er sollte lieber nicht sehen, dass sie weinte. Das mochte er ganz und gar nicht. Es machte ihn sogar sehr wütend.
Zum Glück war er mit einem weißen Kleid beschäftigt, das ausgebreitet auf der Kommode hing.
„Diesmal werden wir anders heiraten! Diesmal werde ich es ihnen zeigen!“, sagte er. „Vor einer Frau, der du sehr viel bedeutest, mein Schatz! Viel mehr als deiner Mommy, meine Zoey! Sie hat schon nach dir gesucht. Bald bringe ich sie zu dir. Nur Geduld, mein Täubchen! Deine Eltern werden schon stolz darauf sein, wie erwachsen du geworden bist!“
KAPITEL 12
Doreen Bertani machte sich auf den Weg in das Metropolitan Hospital Central, um Amy Andrews zu besuchen. Mittlerweile war sie verlegt worden, um ihren psychischen Zustand zu stabilisieren. Aus Raffaellas Akten ging hervor, dass diese Frau die sterile Umgebung der Krankenhäuser und Kliniken nicht ausstehen konnte. Doreen konnte das gut nachvollziehen.
Auch wenn in dieser Anstalt Bilder in Pastellfarben dezent an den Wänden platziert wurden, konnte es nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Patienten tief gehende psychische Probleme mit sich trugen. Und auch nicht darüber, dass der Weg aus den unangenehm nach Desinfektionsmitteln stinkenden Räumen nur mit der Erlaubnis der zuständigen Psychiater erfolgte. Geschweige denn davon, dass die Extremitäten mancher Patienten mit Riemen an der Liege fixiert wurden. ‚Ein grauenhafter Ort zum Vor-sich-hin-vegetieren!’, dachte Ree und schüttelte sich unwillkürlich, als sie ein unmenschliches Kreischen vernahm. ‘Lange werde ich hier ganz sicher nicht verweilen!’
Ehrfürchtig passierte sie die Schleusen, unwissend, was sie bei Amy erwarten würde. Dass sie sich jedes Mal ausweisen und Raffaellas Namen nennen musste, wies auf die schlechte Verfassung der Patientin und den polizeilichen Schutz hin. Darauf, was sie aber wirklich zu sehen bekam, war sie keinesfalls vorbereitet.
Amy Andrews war offenbar sediert worden. Sie lag fast reglos auf ihrem Bett und starrte die Decke an. Ihre Haut war aschfahl. Ihre dunklen Haare und die mittlerweile vom Lack befreiten, kurzen Fingernägel sahen aus, als ständen sie in einem Wettrennen, welches davon stumpfer wirkte. Das Gesicht war eingefallen und mager. Nicht mal mit größter Mühe konnte man die attraktive Frau erahnen, die Amy noch vor einer Woche gewesen war. An ihrem Bett saß Larry und streichelte seiner Ex-Ehefrau mechanisch die Hand.
„Sie wurde mit Medikamenten behandelt, weil sie unkontrollierte Ausbrüche hatte!“, sagte er fast entschuldigend. Doreen war verwundert, dass er sie überhaupt bemerkt hatte, so leise, wie sie ins Zimmer geschlichen war.
Larry sah ebenfalls schlecht aus. Vielleicht ein kleines bisschen besser als seine Ex-Ehefrau, mit der er gerade das größte Leid teilte, das Eltern je widerfahren konnte.
„Das tut mir schrecklich leid“, entgegnete Doreen mit tiefer Trauer. Warum fiel es den Menschen immer so unheimlich schwer, genau dieses Gefühl der bedingungslosen Betroffenheit mit Worten so auszudrücken, wie es tatsächlich gemeint war? Wieso half das geteilte Mitgefühl nicht, selbst wenn es so herzlich war? Es schmerzte sie, diese Menschen so zu sehen. Leidend. Zerstört. Es gab einen einzigen Menschen auf dieser Welt, der sie im nächsten Augenblick unendlich glücklich machen konnte. Wenn er gnädig gewesen wäre. Wenn...
„Raffaella ist noch beim Pflegepersonal, um nach Amys Befinden zu fragen“, hörte sie Larry metallisch sagen, der die bedrückende Stille krampfhaft zu durchbrechen versuchte. Dafür, dass er in diesem Moment nicht nach ihren Artikel-Recherchen fragte, hatte sie vollstes Verständnis. Zoey musste sie dennoch erwähnen, um wenigstens an dieser Stelle weiterzukommen. Offensichtlich sind sie zum Duzen übergegangen, was Ell manchmal in ihrer Arbeit half.
„Es tut mir leid, wenn ich das anspreche, doch vielleicht können Sie mir bei meinen Recherchen weiterhelfen. Es geht um Zoey.“
Der Mann drehte energisch seinen Kopf in Doreens Richtung, verschnaufte ausgiebig. Dann erhob er sich von der Bettkante. Als ob er Angst hatte, dass diese Unterhaltung einen negativen Einfluss auf Amys derzeit eher bewusstlosen Zustand nehmen würde, ging er in Richtung der Journalistin.
„Was möchten Sie über
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