Puppenbraut
keine Sorgen! Ich werde ihm eine Tablette geben. Habe vom Arzt welche besorgt. Du siehst aber auch nicht besser aus!“ Raffaella schaute ihre Lebensgefährtin kritisch an.
„Du hast ja gemerkt: Ich schlafe in letzter Zeit nicht besonders! Offenbar nimmt mich die Sache ganz schön mit!“, flüsterte Doreen, obwohl kein Mensch in diesem Moment die Gänge passierte.
„Fahr bitte nach Hause, Ree! Ich werde schauen, inwieweit ich hier gebraucht werde und komme dann nach. Mit einer Flasche Wein. Diese Nacht wirst du schlafen wie ein Baby, versprochen!“ Bevor Ell ihr einen Kuss gab, schaute sie sich aufmerksam um, ob sie tatsächlich allein waren. „Nun geh schon!“, schubste sie ihre Liebste sanft zum Ausgang.
*****
Doreen fuhr ihren kleinen, roten Mercedes ganz gemächlich an das Haus in der Narrows Avenue, Brooklyn NY. Sie freute sich bereits, die Stimmen von Cassy und Ivy zu hören. Eine Oase der Freude im Sumpf aus Verbrechen und Korruption, in dem sie für gewöhnlich steckte. Im ganzen Haus brannten Lichter, was sie diesmal mit einem müden Lächeln quittierte. Langsam neigte sich der Spätsommer dem Ende zu. Auch die Tage wurden zunehmend kürzer, was die Mädchen dazu verleitete, das gesamte Haus feierlich zu beleuchten.
Leise öffnete sie die Tür, um die beiden zu überraschen. Eine seltsame Angst überkam sie, als keine der zauberhaften Stimmen ihr ein lautes „Hallo“ entgegenflötete. „Ist jemand zu Hause?“, rief sie laut, erhielt jedoch keine Antwort. Besorgt streifte sie die Schuhe im Eiltempo ab und lief direkt in Cassys Zimmer.
Was sie dort sah, erfüllte ihre Mutterseele schlagartig mit Liebe. Offenbar hatte Cassy ihre Babysitterin zu einer kleinen Vorlesegeschichte auf dem Bett überredet. Beide Mädchen waren eingeschlafen und lagen angekuschelt wie zwei Schwestern. Doreen tat es schon fast leid, eine davon zu wecken. Nachdem sie die Nachtlampe ausgeknipst hatte, berührte sie sanft Ivys Arm.
„Oh, bin ich eingeschlafen? Wie spät ist es?“, fragte sie, aus dem Traum aufgeschreckt.
Ree lachte. „Es ist überhaupt nicht spät! Ihr seid offenbar beim Vorlesen eingeschlafen. Ich wollte dich hier nicht liegen lassen, damit du bequem im Bett schlafen kannst“, flüsterte sie. „Möchtest du einen Tee? Ich mache mir auch einen!“
„Na, klar! Bin dabei!“ Ivy erhob sich aus dem kleinen Prinzessinnenbett, während Doreen den Raum bereits verlassen hatte. Langsam spürte sie schmerzlich ihre eigenen Knochen. Wie es schien, war diese Phase der Jugend endgültig vorbei, wo sie an jeder Stelle ohne weitere Beschwerden die Nacht verbringen konnte. Ivy lockerte die Kleidung ihres Schützlings, küsste die Kleine auf die Stirn und deckte sie zu.
„War der Tag anstrengend?“ Ihre Anwesenheit in der Küche wurde sofort mit Freude registriert.
„Oh, ja! Wir waren die ganze Zeit unterwegs. Sogar bei einer meiner Freundinnen, die morgen Geburtstag feiert. Cassy fand ihren Hund ganz nett. Sie hat einen kleinen Welpen bekommen. Süßes Ding, sage ich dir! Und du weißt, wie vernarrt deine Tochter in Tiere ist. Morgen wollte sie uns zum Brunch einladen. Doch Ell und du seid bestimmt beschäftigt? Mit Cassy kann ich nicht hin, weil es diesmal nicht unbedingt jugendfreie Gespräche geben wird!“
„Im Gegenteil!“, entgegnete Doreen entschieden. „Ich wollte dich sogar schon fragen, ob du nicht auch etwas am Sonntag unternehmen möchtest. Wir wollten mit Cassy vielleicht in den Zoo!“
Eigentlich war es ihr nicht unbedingt gelegen, solange Zoey noch nicht gefunden war, doch auch Ivy hatte einen Anspruch auf Privatleben. Vielleicht war die Ablenkung von der Arbeit sogar ein Segen?
„Wäre es dann in Ordnung, wenn ich schon heute Abend nach Hause fahren würde, um ein paar Sachen zu erledigen? Kommt ihr ohne mich aus?“
„Aber klar, geh nur. Und amüsiere dich, Ivy! Wir kommen schon klar. Wann sehen wir uns dann wieder?“
„Gleich morgen Abend, wenn das in Ordnung geht? Cassy muss doch am Montag zur Schule?“
„Na, aber klar! Mach dir eine schöne Zeit! Und jetzt verschwinde endlich!“ Gespielt streng sollte es klingen, weil Doreen wusste, dass das Mädchen sonst nicht so einfach gehen würde. Ivy liebte das Bertani-Haus mit allen seinen Weibern und fühlte sich darin immer wohl, vielleicht, weil sie sie sich als ein Teil davon begriff. Sie quittierte den Befehl mit einem süßen Lächeln, zog sich in Windseile an und verließ das Haus, um endlich ihrer eigenen
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