Puppenbraut
Jugend zu begegnen.
Vom Tag erschöpft, genehmigte sich Doreen einen warmen Tee, nahm eine Tageszeitung und streckte ihre Beine auf der Couch aus, in der angespannten Erwartung, das Geräusch von Raffaellas Schlüsseln am Türschloss zu hören.
Als sie eine gefühlte Viertelstunde später ein Geräusch hörte, schreckte sie auf. Der Blick auf die Uhr verriet, dass es schon halb neun war. Draußen leuchteten bereits die ersten Laternen. Für einen kurzen Augenblick horchte sie noch unruhig. Sie atmete auf. Bekannte Geräusche.
„Schatz, bist du es?“, rief Doreen gähnend, als sie eine Bewegung in der Küche wahrnahm. Langsam richtete sie sich auf.
„Bin gleich bei dir! Ich gebe nur Cassy einen Kuss!“, entgegnete die ihr so vertraute Stimme aus der Küche. Doreen wartete geduldig, bis die Silhouette ihrer Ehefrau erschien. Ell wirkte sehr abgeschlagen. Die letzten Tage forderten bei allen Tribut. Sie liefen am Limit dessen, was sie zu geben fähig waren. Die Aussichten auf den morgigen Zoobesuch waren daher sehr verlockend.
„Komm, setz dich zu mir, Ell! Du hast heute ganz schön lange gearbeitet!“
„Es ging nicht anders!“ Raffaella machte es sich auf der Couch gemütlich. „Amys Zustand ist furchtbar schlecht. Larry ist auch an den Grenzen des Erträglichen. Ich bin mir nicht sicher, wie lange die beiden das noch mitmachen werden!“ Fragend schaute sie auf die halb volle Kanne. „Ist der Tee noch warm?“
„Warte, ich hole dir noch ein Glas!“ Sie ging in die Küche. „Es ist eine verdammte Zeit für die beiden! Aber auch wenn ich von Herzen mitfühle, bin ich, um ehrlich zu sein, glücklich, dass nicht wir das Problem haben! Das klingt gemein, oder?“ Doreen goss den Tee in die mitgebrachte Tasse ein.
„Danke, Liebes. Finde ich nicht! Insgeheim denke ich genauso. Nur bei der Arbeit lasse ich es nicht zu, damit es mich nicht beeinflusst. Nun, genug über die Arbeit gesprochen. Gibt es etwas Neues in Sachen Zoey?“
„Nun, nicht besonders viel. Keine weiteren Meldungen von Alex0787 . Ruhe vor dem Sturm! Wird er vielleicht aufgeben?“
„Hmmm... Schwer zu sagen. Bei Amy Andrews hörten die Informationen auch eines Tages einfach so auf. Er verlor einfach das Interesse an der Mutter und krallte sich ihre Tochter – das Objekt seiner eigentlichen Begierde!“ Die Variante, in der Doreen womöglich in großer Gefahr schwebte, wollte Raffaella nicht für wahr halten.
„Weißt du, was mich heute bewegt hat?“ Nach einer kurzen Pause fuhr Ree fort: „Ich habe Larry gefragt, ob ihm noch etwas zu Zoey einfällt. Er erzählte daraufhin, dass sie seiner Tochter einen Hund kaufen wollten. Nun kam ich nach Hause und Ivy erzählte mir etwas von einer Freundin, bei der sie heute mit Cassy war. Diese Freundin hat ebenfalls einen Hund, einen Welpen. Nun habe ich mir überlegt, ob unsere Tochter sich von jemandem mitnehmen ließe, der ihr einen Hund verspricht. Was würdest du sagen?“
Für einen Augenblick überlegte Raffaella ernsthaft, wie sie Cassy einschätzen würde. „Für gewöhnlich hätte ich ‘nein’ gesagt. Es sei denn, dass der Mann sie gut überzeugen könnte. Bei Kindern ist wirklich alles möglich!“
„Genau die gleiche Idee ist mir auch gekommen“, entgegnete Doreen. „Was ist, wenn er die Kinder mit etwas überzeugt, wie mit einem Hund, einer Katze, einem Fahrrad, oder mit Süßigkeiten? Entweder kann er sie gut überreden oder er beobachtet sie sogar. Oder beides, weshalb sie auch so brav mitkommen! Bei Zoey hätte er es auch mit Büchern geschafft. Die Kleine liest für ihr Leben gern!“
„Egal, wie du das Kind vorbereitest, es kann im Leben diesen einen Moment geben, wo die Aufmerksamkeit nicht da ist“, beendete Ell deprimiert. Dunkle Gedanken legten sich über ihre Köpfe wie mürbe Wolken am herbstlichen Himmel.
Doreen nippte an ihrem Tee, bevor sie die trostlose Stille durchbrach. „Ihr fehlt mir beide so! Cassy sehen wir beide mittlerweile so gut wie gar nicht! Es würde mich nicht wundern, wenn sie eines Tages Ivy als Mutter ansprechen würde. Wenn sie es nicht schon ohnehin manchmal tut. Was hältst du morgen von einem Besuch im Zoo? Wir könnten dort picknicken und vielleicht auf andere Gedanken kommen?“
Raffaellas Miene wurde ernster. „Das tut mir so leid, doch ich muss morgen nochmal ins Hospital wegen Amy. Allerdings nur vormittags. Nachmittags spräche wahrlich nichts dagegen. Wir könnten uns doch da vor Ort treffen! Was meinst
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