Puppengrab
Schnellrestaurant, eine Thermoskanne und ein paar Becher. Entweder hatte der Typ eine Essstörung, oder er verbrachte viel Zeit in seinem Wagen.
»Ich habe mir auch Waterford vorgenommen, das ist der Kerl, dessen Aufsatzkommode in Denisons Werkstatt steht«, fuhr Rick fort. »Er hat Charleston während der letzten zwei Monate nicht verlassen. Und seine Stimme stimmt nicht mit der unseres Anrufers überein.«
»Doch Beth steht immer noch auf seiner Schwarzen Liste.«
»Was für uns nichts ändert. Sieh mal, wenn sie bereit ist zu reden, brauchen wir sie. Der Mord in Indiana hat den Fall zu einer nationalen Angelegenheit gemacht. Das FBI stellt gerade eine Spezialeinheit zusammen. Der zuständige Agent ist ein Typ namens Armand Copeland. Taugt er etwas, oder ist das auch nur so ein Bürohengst mit Laptop?«
»Ich kenne ihn nicht. Aber ich würde meine Hand nicht für ihn ins Feuer legen. Wenn das FBI für eine Sache berühmt ist, dann sind es seine Bürohengste mit Laptops. Ich habe Geneviève Standlin heute Morgen eine Nachricht hinterlassen. Sie mochte mich immer und wollte nicht, dass ich das FBI verlasse.« Natürlich wusste Neil nicht, ob das etwas zählte. Denn bei ihrer letzten Begegnung hatte er sie gebeten, sich verdammt noch mal um ihren eigenen Kram zu kümmern und ihn in Frieden zu lassen.
Neil bewegte sich auf den Rand des Parkplatzes zu und hielt zwischen den Bäumen Ausschau nach dem Jogger. Instinktiv berührte er seine Waffe. Der Kerl war einfach wie vom Erdboden verschluckt.
»Also gut«, sagte Rick, »wir haben sie – die gewünschten Informationen zu deinem Autokennzeichen. Chevrolet Lumina, Zulassung von 2001 , dunkelblau. Der Name des Besitzers lautet Joshua Herring. Er ist …«
Neil hörte ein Geräusch. Er schnellte herum und wollte nach seiner Waffe greifen. Doch zu spät. Alles wurde schwarz.
[home]
15
S ein Verstand schaltete sich wieder ein, als er auf dem Boden aufschlug. Immerhin schaffte er es, sich seitlich abzurollen. Sein Handy zerbarst in einen Haufen Plastikscherben, und seine Waffe fiel zu Boden. Neil landete auf den Knien. Vor seinen Augen zersprangen Funken wie winzige, lautlose Feuerwerkskörper. Er tastete nach dem nächsten Wagen, um sich aufzurichten, doch der Jogger stieß ihn auf die Motorhaube zurück. Eine Waffe wurde in hohem Bogen auf Neils Kopf gerichtet. Neil schnappte sich das Handgelenk des Mannes und bog es mit einem Ruck zurück. Dann kam er von der Motorhaube hoch. Der Abstand zwischen ihnen war nun groß genug, dass Neil seine Waffe aufheben konnte. Doch der Kerl schlug von hinten auf ihn ein, und sie fielen beide zu Boden, wo sie sich herumwälzten und anknurrten wie Wölfe.
In der Entfernung schrie eine Frau auf, und irgendjemand rief nach der Polizei. Neil schaffte es, seinen Kampf mit dem Jogger vom Parkplatz weg unter die Bäume zu verlagern, um die Augenzeugen loszuwerden. Davon abgesehen galt sein einziger Gedanke Abby und Beth – und der Frage, warum dieser Schlägertyp ihnen aufgelauert hatte.
»Dreckskerl.« Neil packte den Unterarm des Mannes und schlug ihn gegen einen Baumstamm. Die Faust des Kerls sprang auf, und seine Pistole prallte zu Boden. Neil rammte ihm seine . 45 er in den Adamsapfel, der sich zitternd auf und ab bewegte.
»N-nicht sch-schießen, n-nicht …«
»Wer bist du?«, knurrte Neil. Warmes Blut floss ihm über den Nacken. »Bete zu Gott, dass mir deine Antwort gefällt, sonst puste ich dir das Hirn aus dem Schädel.«
»Ausweis. G-gesäßtasche.«
»Hinlegen.«
Der Mann ließ sich mit Neils Hilfe auf die Knie fallen und legte sich bäuchlings auf den Boden, die Finger gehorsam hinter dem Kopf gefaltet. Neil griff ihm in die Gesäßtasche und zog eine Brieftasche hervor. Er betrachtete den Führerschein, überprüfte den Ausweis zwei Mal und blätterte durch einen kleinen Kartenstapel: Visa, American Express, Starbucks Café, Blockbuster Videothek und – du lieber Himmel – ein Ausweis der örtlichen Bibliothek. Noch einmal las er den Namen auf dem Führerschein und dachte daran, was Rick ihm gerade gesagt hatte, als ihm das Licht so unsanft ausgeknipst worden war. Dann rollte er den Mann herum.
»Du bist Privatdetektiv?«, fragte Neil ungläubig. »Observierst du Beth Denison?«
»Joshua Herring. Detektei Herring.« Er spuckte Blut aus dem Mundwinkel auf den Boden.
»Warum observierst du Beth Denison? Wer hat dich beauftragt?«
»Das ist eine vertrauliche Infor…«
Neil riss Herring am Kragen hoch,
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