Puppengrab
Webseite mit Informationen über sein Geschäft, seine private Kollektion und seine Internetangebote tauchte auf. Chevy klickte auf die Rubrik »Spielzeug und Puppen« am linken Rand, dann auf die Bilder von Puppen, die denen auf Beths Schreibtisch ähnelten. Er ging die Fotos fünfzehn Minuten lang durch, bis er sicher war, das gefunden zu haben, wonach er suchte:
1873 , Benoit Ankleidepuppe, geschätzt und datiert,
lautete die Beschreibung, doch Chevy wusste es besser. Die Puppe war keine Benoit, sondern eine Kopie. Waterford hatte vor fast einem Jahr versucht, sie an Margaret Chadburne zu verkaufen, doch Beth hatte ihn schließlich davon abgehalten.
Und da war er wieder. Der verdammte Kerry Waterford, immer noch der alte Hochstapler.
Chevy sah auf den Preis: sechstausend Dollar. Für weitere zweiundvierzig Dollar fünfundzwanzig Porto bekam man die Puppe am Montagnachmittag geliefert.
Chevy lehnte sich zurück und dachte nach. Er verfügte mittlerweile über recht viel Geld, doch es war nicht so, dass er davon beliebig viel online ausgeben konnte, wie zum Beispiel durch den Kauf einer Puppe über das Internet. Er brauchte eine Kreditkarte und eine Identität.
Er brauchte Margaret Chadburne.
Chevy lächelte. Kein Problem: Er und Margaret hatte ja eine so
enge
Beziehung. Margaret würde alles t…
Er erstarrte: ein Geräusch. Er huschte zu dem Fenster mit dem weitesten Abstand zur Straße. Der Cop hatte seinen Wagen verlassen und ging auf das Haus zu. Chevys Herzschlag geriet ins Stocken, doch dann steuerte der Polizist auf einen Wagen zu, der gerade angekommen war. Ein schwarzer Dodge. Der Fahrer stieg aus – ein großer, breitschultriger Mann im Anzug – und ging mit energischen Schritten auf den Polizisten zu. Etwas in Chevys Hinterkopf sagte ihm, dass er den Mann kannte, aber er konnte sich nicht recht an ihn erinnern, und es war schwierig, ihn genau zu erkennen. Sie sprachen zwei Minuten über etwas, dann ging der Polizist zu seinem Wagen und kehrte mit einem Karton zurück – den Chevy sofort erkannte. Er hielt den Atem an, als der Mann ihn in den Kofferraum des Dodge tat. Doch statt nun wegzufahren, bewegten sich die beiden Männer auf die Auffahrt von Beths Haus zu. Der große Typ spielte mit dem Schlüsselanhänger in seiner Hand herum.
Chevy wurde fast wahnsinnig. Hilfe, hilfe, hilfe. Er wollte sich gerade verstecken, als ihm der Computer wieder einfiel. Er eilte hinüber und klickte auf »Ausschalten«, vier, vielleicht fünf Mal. Aufhören, befahl er sich. Das letzte, was du gebrauchen kannst, ist ein Programm, das sich aufgehängt hat. Warte ab. Er warf einen kurzen Blick aus dem Fenster. Sie kamen jetzt die Auffahrt hoch.
Klick.
Der Bildschirm wurde schwarz.
Kämpfen oder verschwinden: seine Überlebensinstinkte meldeten sich.
Er beschloss zu verschwinden.
[home]
22
N eil Sheridan betätigte den automatischen Toröffner von Beths Garage.
»Wow«, sagte der Wachposten. Der Typ war neu. Seine Schicht hatte vor einer Stunde begonnen. »Wow«, entfuhr es ihm erneut.
»Sie arbeitet für einen Antiquitätenhändler«, erklärte Neil. Chadburnes dritte Puppe war bereits angeliefert worden, wie Beth erwartet hatte. Neil beschloss, ins Haus zu gehen und auch die anderen beiden Puppen zu holen. Standlin hatte ihm versichert, dass Beth den Großteil des Tages schlafen würde, aber später bräuchte sie etwas zu tun.
Der Wachposten berührte im Haus einige Gegenstände, fast ein wenig ehrfürchtig. »Ich frage mich immer, warum manche Leute einen Haufen Geld für dieses Zeug ausgeben, dass einfach nur … alt ist. Ich meine, sehen Sie sich diese Schüssel an! Es ist bloß eine
Schüssel.
Alt und angeschlagen. Was soll so toll daran sein?«
»Da bin ich überfragt«, gab Neil zu und sah sich nach den Puppen um. Er hob die Nase. In dem Haus roch es leicht nach Sägespänen.
»Oder das hier.« Der Cop schlenderte zu einer Aufsatzkommode, die, noch zum Teil abgedeckt, auf einer Matte stand. Neil erkannte die Abdeckung und die Größe. Es handelte sich um das Stück von Waterford, das Beth nach Hause gebracht hatte, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Zu dem sie Evan erzählt hatte, an der Rückseite sei etwas »gemacht« worden, was immer das zu bedeuten hatte.
Er fuhr mit den Fingern über die Schnitzereien, bückte sich und schnüffelte. Vielleicht kam der Geruch nach Holz daher.
»Ich würde wirklich gern wissen, was das Ding wert ist«, überlegte der Wachposten.
»Sechs-,
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