Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
er ja auch noch nach einem Gummiband suchen. Das würde die Perücke auf Judys Kopf festhalten. Er fand einige in einer Schachtel im Materialschrank, steckte die Zettel in die andere Tasche und ging hinunter.
    »Vielen Dank«, sagte er zum Hausmeister, »tut mir leid, daß ich Sie belästigt habe.« Er schwankte davon und um die Ecke zu den Fahrradständern.
    »Blau wie ein Wassermolch«, sagte der Hausmeister und ging in sein Dienstzimmer zurück.
    Wilt beobachtete, wie er sich seine Tabakspfeife ansteckte, dann wendete er seine Aufmerksamkeit den Fahrrädern zu. Die Scheißdinger waren alle abgeschlossen. Er würde halt eins rübertragen müssen. Er legte »Bleakhaus« in den Gepäckkorb, hob das Rad hoch und trug es rüber zum Zaun. Dann stieg er drauf und über den Zaun und tastete im Dunkeln nach der Puppe. Endlich fand er sie und brachte fünf Minuten mit dem Versuch zu, die Perücke auf ihrem Kopf festzuhalten, während er unter ihrem Kinn das Gummiband festmachte. Es schnippte immer wieder weg. »Na, wenigstens ist das eine Schwierigkeit, die ich mit Eva nicht habe«, murmelte er, als die Perücke endlich saß. Er vergewisserte sich, daß sie nicht abfallen konnte, dann tappte er vorsichtig los, an Kieshaufen, Maschinen, Säcken und Baueisen vorbei, als ihm plötzlich einfiel, daß er selber in Gefahr war, in eins der Bohrlöcher zu fallen. Er legte die Puppe auf die Erde, fingerte in der Tasche nach der Lampe und leuchtete auf den Boden. Ein paar Meter weiter war ein großes Viereck aus dicken Brettern. Wilt ging hin und hob es hoch. Darunter war ein Loch, ein hübsches, großes Loch. Genau die richtige Größe. Sie würde da perfekt reinpassen. Er leuchtete mit der Taschenlampe hinunter. Das waren sicher zehn Meter. Er schob die Bretter zur Seite und ging die Puppe holen. Die Perücke war wieder runtergefallen.
    »Scheiße«, sagte Wilt und griff in die Tasche nach einem neuen Gummiband. Fünf Minuten später war Judys Perücke mit vier Gummibändern unterm Kinn fest an ihrem Platz. Das sollte wohl reichen. Jetzt mußte er Evas Ebenbild nur noch zu dem Loch schleifen und feststellen, ob es breit genug war. An dieser Stelle zögerte Wilt. Er kriegte langsam Zweifel an der Zuverlässigkeit seines Plans. Nach seinem Geschmack waren zu viele unvorhergesehene Dinge aufgetaucht. Andererseits hatte es aber auch was Erheiterndes, mitten in der Nacht allein auf der Baustelle zu sein. Vielleicht wäre es besser, wenn er jetzt nach Hause führe. Nein, er hatte die Sache bis zum Ende durchzustehen. Er würde die Puppe in das Loch stecken, um wirklich sicherzugehen, daß es groß genug war. Dann würde er ihr die Luft ablassen, nach Hause fahren, und den Ablauf so lange wiederholen, bis er gelernt hätte, im Schlaf zu töten. Er würde die Puppe im Kofferraum verwahren. Eva guckte da nie rein. Und in Zukunft würde er sie erst auf dem Parkplatz aufblasen. Auf diese Weise ahnte Eva nicht, was vor sich ging. Bestimmt nicht. Wie einfach doch der Plan ist, dachte Wilt und lächelte still in sich hinein. Dann hob er Judy hoch und schob sie, die Füße voran, auf das Loch zu. Wilt beugte sich vor, und sie glitt mühelos hinein. Perfekt. Und in diesem Moment rutschte er auf dem matschigen Boden aus. Mit verzweifelter Anstrengung, die ihn zwang, die Puppe loszulassen, warf er sich zur Seite und grapschte nach den Brettern. Vorsichtig rappelte er sich wieder hoch und fluchte. Seine Hosen waren mit Schlamm beschmiert, und seine Hände zitterten.
    " »Um ein Haar war ich verflucht nochmal selber da unten«, murmelte er und sah sich nach Judy um. Aber Judy war weg. Wilt langte nach seiner Taschenlampe und leuchtete ins Loch. Die Puppe hing auf halber Höhe, leicht gegen die Seiten gekeilt, fest und hatte ausnahmsweise noch die Perücke auf dem Kopf. Wilt starrte verzweifelt auf das Ding runter und fragte sich, was zum Teufel jetzt zu tun sei. Es - oder sie - war mindestens sechs Meter tief unten. Fünf. Jedenfalls ganz schön weit unten und bestimmt zu tief, um an sie ranzukommen. Aber immer noch zu weit oben, als daß die Arbeiter sie am Morgen nicht deutlich sehen könnten. Wilt knipste die Taschenlampe aus und zog das Bretterviereck heran, so daß das Loch halb zugedeckt war. So käme er wenigstens nicht in Gefahr, der Puppe Gesellschaft zu leisten. Dann stand er auf und versuchte darüber nachzudenken, wie er sie herausbekäme.
    Ein Seil mit einem Haken. Er hatte weder Seil noch Haken. Er war vielleicht in der Lage, ein Seil

Weitere Kostenlose Bücher