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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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sie war Henry nicht mal böse gewesen.
    »Er ist eben ein Analkomplex-Baby«, hatte sie gesagt, »das ist bezeichnend für eine männerbeherrschte Chauvinistenschweinegesellschaft. Ich habe noch kein MGS gesehen, das »leck mich am Arsch« gesagt und nicht auch gemeint hätte.«
    »Henry sagt das dauernd«, hatte Eva zugegeben. »Leck mich wegen dem, leck mich wegen was anderem.«
    »Da hast du's, Eva-Baby. Was habe ich dir gesagt? Sprachentwürdigung analmäßig.«
    »Das ist verflucht widerlich«, sagte Eva, und das war's auch.
    Sie polierte und putzte weiter, bis sie wieder aus der Schleuse raus waren und den Fluß hinab den weiten Wasserflächen der Mündungsseen zusteuerten. Dann ging sie an Deck und sah sich über die flache, menschenleere Landschaft weg den Sonnenuntergang an. Es war alles so romantisch und aufregend, so anders als alles, was sie bisher erlebt hatte. Das war das Leben, wie sie sich's immer erträumt hatte - re.ich, lustig und beglückend. Eva Wilt seufzte. Allen Widerwärtigkeiten zum Trotz war sie im Frieden mit der Welt.
    Auf dem Parkplatz hinter der Berufsschule war Henry mit nichts im Frieden. Im Gegenteil, er lag im Krieg mit Evas Ebenbild. Als er betrunken um das Auto herumstolperte und sich mit Judy abmühte, wurde ihm klar, daß sogar eine aufblasbare Puppe ihren eigenen Kopf hatte, wenn es darum ging, sie aus einem Kleinwagen zu ziehen. Judys Arme und Beine blieben an allem möglichen hängen. Wenn sich Eva in der Nacht, wenn er sie beseitigte, genauso benahm, hätte er ja verteufelt zu ackern, um sie aus dem Wagen zu kriegen. Er würde sie zu einem ordentlichen Bündel zusammenschnüren müssen. Das war das allerbeste. Er zerrte die Puppe an den Beinen, bekam sie schließlich heraus und legte sie auf die Erde. Dann stieg er wieder in den Wagen, um nach ihrer Perücke zu suchen. Er fand sie unter dem Sitz und setzte sie ihr wieder auf, nachdem er ihr den Rock zurechtgezogen hatte, damit er nicht ganz so viel enthüllte. Er sah sich auf dem Parkplatz, bei den Baubuden und am Hauptgebäude um, aber niemand war • zu sehen. Alles in Ordnung. Er nahm die Puppe unter den Arm und zog zur Baustelle los. Auf halbem Wege merkte er, daß er es nicht ganz richtig machte. Die betäubte und schla fende Eva war viel zu schwer, als daß er sie unter dem Arm tragen könnte. Er würde einen Erste-Hilfe-Griff anwenden müssen. Wilt blieb stehen, hievte sich die Puppe auf den Rük-ken und zockelte weiter, wobei er wild schwankte, teils weil er, dank dem Gin, gar nicht anders konnte, und teils, weil es die Unternehmung echter machte. Mit Eva über der Schulter würde er einfach ein bißchen schwanken müssen. Er langte am Zaun an und warf die Puppe hinüber. Dabei fiel die Perücke wieder runter. Wilt tastete im Matsch herum und fand sie wieder. Dann ging er zur Eingangspforte rüber. Sie war verschlossen. Das wäre sie auch dann. Daran mußte er denken. Solche Details waren wichtig. Er versuchte, hinüberzuklet-tern, schaffte es aber nicht. Er brauchte etwas, was er als Tritt benutzen könne. Ein Fahrrad. Gewöhnlich standen ein paar in den Fahrradständern am Haupteingang. Er stopfte sich die Perücke in die Tasche, ging um die Baubuden herum und an der Kantine vorbei und tappte gerade über den Rasen neben dem Sprachlabor, als aus dem Dunkel eine Gestalt auftauchte und eine Taschenlampe ihm ins Gesicht leuchtete. Es war der Hausmeister.
    »He, wo wollen Sie denn hin?« fragte der Hausmeister. Wilt blieb stehen.
    »Ich bin ... ich bin nur noch mal zurückgekommen, um mir ein paar Aufzeichnungen aus dem Lehrerzimmer zu holen.
    »Ach, Sie sind's, Mr. Wilt«, sagte der Hausmeister. »Sie sollten aber mittlerweile wissen, daß Sie zu dieser nachtschlafenden Zeit nicht mehr reinkommen. Wir machen um halb zehn dicht.«
    »Tut mir leid. Ich hab nicht daran gedacht«, sagte Wilt. " Der Hausmeister seufzte. »Na ja, weil Sie's sind und weil's bloß dies eine Mal ist. . .«, sagte er und schloß die Tür zum Hauptgebäude auf. »Sie müssen aber zu Fuß rauf. Die Fahrstühle sind nachts außer Betrieb. Ich warte hier unten auf Sie.«
    Wilt torkelte langsam die fünf Treppen zum Lehrerzimmer hinauf und ging an seinen Spind. Er nahm eine Handvoll Blätter und ein Exemplar von »Bleakhaus« heraus, das er sich schon immer mal für ein paar Monate hatte mit nach Hause nehmen wollen, aber nie getan hatte. Er stopfte sich die Notizen in die Tasche und stieß auf die Perücke. Während er damit herumfummelte, konnte

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