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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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werfen, die, soweit ich sehe, Ihnen nie einen Schaden zugefügt hat.«
    Wilt zögerte. Die verdammte Puppe hatte ihm so oder so eine ganze Menge Schaden zugefügt, aber es war wohl nicht der richtige Moment, darauf einzugehen. »Ich weiß nicht recht«, sagte er schließlich, »ich dachte bloß, es könnte vielleicht helfen.«
    »Helfen, was zu tun?«
    »Helfen ... ich weiß nicht. Ich hab' es eben gemacht, und aus. Ich war betrunken.«
    »Schön, wir kommen gleich noch mal darauf zurück. Aber eine Frage haben Sie mir immer noch nicht beantwortet. Wenn es eine Puppe war, warum hatte sie denn dann Kleider an?«
    Wilt sah sich verzweifelt um und traf auf den Blick des Polizeistenographen. In diesen Augen lag etwas, was kein Vertrauen einflößte. Es war der nackte Argwohn.
    »Sie werden mir das nicht glauben wollen«, sagte Wilt. Der Inspektor sah ihn an und nahm sich eine Zigarette.
    »Ja?« »Tatsächlich habe ich sie so verkleidet«, sagte Wilt und wand sich vor Verlegenheit.
    »Sie haben sie verkleidet?«
    »Ja«, sagte Wilt.
    »Und darf man fragen, zu welchem Zweck Sie sie verkleidet haben?«
    »Das weiß ich nicht genau.«
    Der Inspektor seufzte bedeutungsvoll. »Na gut, gehen wir nochmal zum Anfang zurück. Wir haben also eine Puppe mit einer Vagina, die Sie verkleiden, mitten in der Nacht hier herbringen, in ein zehn Meter tiefes Loch werfen und mit Dreckklumpen beschmeißen. Das haben Sie doch gesagt, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Wilt.
    »Würden Sie nicht vielleicht lieber allen Beteiligten eine Menge Zeit und Verdruß ersparen wollen, indem Sie hier und jetzt gestehen, daß das, was im Augenblick unter zwanzig Tonnen Beton in diesem Bohrloch hoffentlich in Frieden ruht, die Leiche einer ermordeten Frau ist?«
    »Nein«, sagte Wilt, »das würde ich ganz entschieden nicht.«
    Inspektor Flint seufzte erneut. »Sie wissen, wir werden dieser Sache auf den Grund gehen«, sagte er. »Das mag Zeit kosten, und Geld kosten und weiß der Himmel, auch viel Geduld kosten, aber wenn wir dort unten ankommen . . .«
    ».. . werden Sie eine aufblasbare Puppe finden«, sagte Wilt.
    »Mit einer Vagina?«
    »Mit einer Vagina.«
    Im Lehrerzimmer verteidigte Peter Braintree standhaft Wilts Unschuld. »Ich sage Ihnen, ich bin mit Henry jetzt schon sieben Jahre gut bekannt. Ganz egal, was passiert ist, er hat nichts damit zu tun.«
    Mr. Morris, der Leiter der Allgemeinbildung, sah zweifelnd aus dem Fenster. »Sie haben ihn schon seit zehn nach zwei da drin. Das sind vier Stunden«, sagte er. »Sie täten das niemals, wenn sie nicht meinten, daß er irgendwas mit der toten Frau zu tun hat.«
    »Die können doch meinen, wozu sie Lust haben. Ich kenne Henry. Selbst, wenn das arme Luder wollte, wäre er nicht fähig, irgendjemanden umzubringen.«
    »Er hat aber am Dienstag diesen Drucker verprügelt. Das zeigt, er ist zu blinder Gewalt fähig.«
    »Wieder falsch. Der Drucker hat ihn verprügelt«, sagte Braintree.
    »Erst nachdem Wilt ihn einen verfluchten, rotznasigen Idioten genannt hatte«, betonte Mr. Morris. »Wer Drucker III unterrichtet und einem von denen das zu sagen wagt, der muß ja auf seinen Geisteszustand untersucht werden. Die haben den armen alten Pinkerton auf dem Gewissen, nicht wahr. Er hat sich in seinem Auto vergast.«
    »Wenn Sie mich fragen, hatten die's verdammt drauf angelegt, auch den guten Henry umzubringen.«
    »Dieser Schlag könnte natürlich schädlich auf sein Gehirn gewirkt haben«, sagte Mr. Morris mit hämischer Genugtuung. »Gehirnerschütterungen können im Charakter eines Menschen komische Sachen anrichten. Ihn über Nacht aus einem netten, stillen, harmlosen Kerl wie Wilt in einen mordgierigen Irren verwandeln, der plötzlich durchdreht. Noch merkwürdigere Dinge hat's schon gegeben.«
    »Ganz sicher war Henry der erste, der Ihnen zustimmte«, sagte Braintree. »Es ist bestimmt nicht sehr vergnüglich, in diesem Wagen zu sitzen und von Kriminalbeamten verhört zu werden. Ich frag mich, was sie mit ihm machen.«
    »Die stellen ihm einfach Fragen. Zum Beispiel: »Wie kommen Sie mit Ihrer Frau aus?« und »Können Sie uns sagen, was Sie Sonnabend nacht gemacht haben?« Sie fangen freundlich an und arbeiten sich dann langsam zu den schweren Geschützen vor.«
    Peter Braintree saß da wie vom Donner gerührt. Eva. Er hatte sie völlig vergessen, und was Sonnabend nacht anging, so erinnerte er sich genau, was Henry ihm erzählt hatte, als er dreckverklebt und bleich wie der Tod an seiner Haustür

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