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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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von diesem Künstler malen lassen, und meine Eltern hätten mir nie verziehen. Sie waren ja so streng.« Sally seufzte, von den Härten ihrer von vorn bis hinten erdichteten Kindheit überwältigt. »Und jetzt verstehst du sicher auch, warum ich solche Angst habe, daß mir Männer wehtun. Wenn du mal vergewaltigt worden bist, weißt du, was penismäßige Aggression ist.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Eva, die sich nicht recht vorstellen konnte, was penismäßige Aggression sein sollte.
    »Dann siehst du die Welt auch ganz anders an. Wie G sagt: Nichts ist gut und nichts ist schlecht. Es ist, basta.«
    »Ich habe mal einen Vortrag über Buddhismus gehört«, sagte Eva, »und genau das hat Mr. Podgett auch gesagt. Er sagte... «
    »Der ganze Zen ist doch Quatsch. Genauso wie bloß rum-zusitzen und zu warten. Das ist passiv. Du mußt die Dinge in die Hand nehmen. Wenn du lange genug bloß rumsitzt und wartest, bist du geliefert. Dann ist irgend jemand einfach über dich weggetrampelt. Du mußt die Dinge nach deinem Kopf geschehen lassen, und nicht nach dem von jemand anderem.«
    »Das klingt aber nicht sehr menschenfreundlich«, sagte Eva. »Ich meine, wenn wir alle immer einfach das machten, was uns gefällt, dann wäre das für die anderen aber nicht sehr nett.«
    »Die anderen, das ist die Hölle«, sagte Sally. »Das ist von Sartre, und er muß es doch wissen. Zu tun, was einem gefällt, ist richtig, und keine Gewissensbisse. Wie G sagt: Ratten sind das Musterbeispiel. Meinst du, Ratten überlegen sich, was für andere gut ist?«
    »Na, also das wohl nicht,« sagte Eva.
    »Eben. Ratten sind nicht moralisch. Nicht die Bohne. Sie handeln einfach. Das Denken interessiert sie 'n feuchten Kehricht.«
    »Meinst du, Ratten können denken?« fragte Eva, die die Probleme der Nagetier-Psychologie inzwischen vollkommen ernst nahm.
    »Natürlich nicht. Ratten sind, und damit basta. Sie kennen keine joie maligne.» »Wer ist Joan Malin?«
    »'ne Kusine zweiten Grades von douleur universelle *, sagte Sally und drückte ihre Zigarre im Aschenbecher aus. »Also können wir alles machen, was wir wollen und wann wir wollen. Das ist die frohe Botschaft. Es sind nur solche Leute wie G mit ihrer Gelehrtheit, die da 'ne Ladehemmung haben.«
    »Geleertheit?« sagte Eva.
    »Sie müssen unbedingt wissen, wie alles funktioniert. Wissenschaftler. Lawrence hatte recht. G ist bloß Kopf und kein bißchen Fleisch und Blut.«
    »Henry ist auch ein bißchen so«, sagte Eva. »Er liest oder redet ständig über Bücher. Ich habe zu ihm gesagt, er weiß nicht, wie die Welt wirklich ist.«
    In der motorisierten Mordzentrale lernte Wilt sie kennen. Er saß Inspektor Flint gegenüber, dessen Miene wachsenden Argwohn ausdrückte.
    »Also, gehen wir alles einfach nochmal durch«, sagte der Inspektor. »Sie sagen, was diese Männer da unten in dem Loch gesehen haben, war in Wirklichkeit eine aufblasbare Plastikpuppe mit einer Vagina.«
    »Die Vagina ist Nebensache«, sagte Wilt, und tat so gelassen wie nur möglich.
    »Das mag ja sein«, sagte der Inspektor. »Die meisten Puppen haben keine, aber ... schön, lassen wir das beiseite. Der Punkt, auf den ich hinaus möchte, ist, ob Sie absolut sicher sind, daß da unten kein richtiger lebender Mensch ist.«
    »Absolut sicher«, sagte Wilt, »und wenn, dann ist fraglich, ob er jetzt noch lebt.«
    Der Inspektor sah ihn mißfällig an. »Darauf brauchen Sie mich nicht aufmerksam zu machen«, sagte er. »Wenn die entfernteste Möglichkeit bestünde, daß das, was auch immer da unten ist, noch am Leben wäre, säße ich hier doch nicht, oder?« »Nein«, sagte Wilt.
    »Na also. Kommen wir jetzt zum nächsten Punkt. Wieso trug das, was die Männer gesehen haben, sie sagen, eine Frau und Sie sagen, eine Puppe .. . wieso trug dieses Ding Kleider, hatte Haare und, was noch bemerkenswerter ist, einen eingeschlagenen Schädel und streckte eine Hand in die Luft.«
    »Sie ist so gefallen«, sagte Wilt. »Ich nehme an, der Arm hat sich an der Seite verfangen und streckte sich nach oben.«
    »Und ihr wurde der Schädel eingeschlagen?«
    »Tja, also, ich habe einen Lehmklumpen auf sie geworfen«, gab Wilt zu, »das könnte es erklären.«
    »Sie haben ihr einen Lehmklumpen auf den Kopf geworfen?«
    »Genau das habe ich gesagt«, pflichtete Wilt bei.
    »Ich weiß, daß Sie genau das gesagt haben. Was ich wissen will, ist, warum Sie sich genötigt sahen, einen Lehmklumpen einer aufblasbaren Puppe auf den Kopf zu

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