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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Augenblick sagte Stephen: »Als ich fünfzehn war, kam eines Tages eine fremde Frau mit einem achtjährigen Jungen zu uns. Sie sagte meiner Mom, dass das der Sohn von ihr und meinem Dad sei und er sich weigere, weiter Unterhalt zu zahlen. Und fragte, wie meine Mom das denn fände. Seit diesem Tag hab ich meinen Dad verachtet.«
    »Warum?« In ihrem Hals war ein Kloß.
    »Warum? Fragst du gerade ernsthaft, warum? Stell dir vor: Über acht Jahre lang hat er meine Mom und mich angelogen! Die ganze Zeit über hat er ein geheimes Leben geführt! Das Leben mit uns war eine Lüge! Ich hab das nie begreifen können! Meine Mom hat sich dann von ihm scheiden lassen.«
    Ihr war plötzlich kalt geworden. Und als er gefragt hatte, ob alles okay sei, hatte sie nur gesagt, sie wolle jetzt nach Hause.
    Sie war so sicher gewesen, dass, wenn sie ihm ihre Wahrheit offenbart hätte, alles aus gewesen wäre. In der Nacht hatte sie sich auf die Couch gelegt und stumm geweint.
    Mit aller Macht zwang sie sich, nicht mehr an Stephen zu denken. Es war vorbei. Sie würde ihn nie wiedersehen. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Höchste Zeit, zur Abfahrbucht zu gehen, wo schon einige Fahrgäste warteten. Sie stellte sich ein wenig abseits. Nicht dass jemand auf die Idee kam, sie in ein Gespräch zu verwickeln.
    Der Bus kam pünktlich, ihre Reisetasche war so handlich, dass sie sie nicht unten im Kofferraum verstauen musste. Sie suchte sich in einer freien Reihe einen Fensterplatz und verstaute ihre Tasche über sich im Gepäckfach. Hoffentlich setzt sich keiner neben mich, dachte sie, kauerte sich auf ihrem Sitz zusammen, machte sich klein und wünschte, sie könnte sich einfach auflösen und in einer anderen Zeit in einem anderen Land aufwachen. Ohne jede Erinnerung.

6
    Na, wo bleibt denn unsere Puppe, dachte er und lugte so unauffällig wie möglich durchs Schaufenster zu den Kassen. War noch ’ne ganz schöne Ochsentour gewesen, sich erst ’nen neuen Wagen zu besorgen und dann quer durch die Stadt zu diesem Scheiß-Supermarkt zu gurken. Sicher suchten die Bullen schon nach dem dunkelroten Holden – falls die Schlampe so clever gewesen war, sich die Marke oder sonst noch was zu merken. Dieses Risiko wollte er nicht eingehen. Nicht noch einen Fehler machen.
    Ein paar andere Klamotten hatte er auch noch aufgetrieben. Musste ihn ja nicht gleich jeder erkennen. Jetzt trug er einen übergroßen schwarzen Kapuzenpulli über der Jeans und eine Pilotensonnenbrille. Und endlich fror er nicht mehr.
    Die neue Kiste hatte nämlich Sitzheizung, obwohl sie schon so alt war, dass sie nicht diese bescheuerte Wegfahrsperre hatte. Da hatte er sich erst mal einen warmen Arsch gegönnt.
    So, jetzt aber endlich zur Sache!
    Überraschung muss sein, dachte er und rieb sich die Hände. Macht die Sache viel lustiger!
    Irgendwie musste er sie nach draußen locken, wenn er sich nicht bis zum Abend die Beine in den Bauch stehen wollte. Wenn er allerdings richtig gesehen hatte, saß sie nicht an der Kasse. Da stimmte was nicht. Außer sie war mal eben auf dem Klo oder hatte Pause. Aber irgendwie glaubte er das nicht.
    Na, dann muss es wohl sein, dachte er, das kleine Risiko.
    Er betrat den Supermarkt und zog den Reißverschluss seiner Kapuzenjacke zu. Scheißkalt war’s hier drin. Ließen wohl das ganze Jahr über die verdammte Klimaanlage laufen. Seit der Zeit im Knast fror er fast immer.
    Sein Blick glitt über die Kassen – nein, da war sie wirklich nicht. Eine Kassiererin wollte gerade ein Kasse-geschlossen-Schild aufs Rollband stellen. Ja, genau die würde er fragen.
    »Hi, ich such Sara.« Verdammtes Schlitzauge, du!
    »Ja, wir auch!«, war die Antwort inklusive abschätzendem Blick.
    Mann, die glaubt ja, sie hat die Weisheit mit Löffeln gefressen! Arrogante Schlampe.
    »Wieso?«, fragte er.
    »Sie ist heute nicht gekommen.«
    »Sie ist gar nicht gekommen?«, wiederholte er blöd und ärgerte sich gleich darüber. Wie steh ich denn da vor dieser Schlitzaugen-Schlampe, die hält mich noch für bescheuert, wenn ich so weitermache.
    »Nein. Sind Sie ein Freund?« Sie beäugte ihn misstrauisch. Ob sie ihn erkannte? Sein Bild war immerhin im Fernsehen und in den Scheißzeitungen.
    Er setzte sein harmlosestes Lächeln auf. »Ja, ich bin ein paar Tage in der Stadt und sie wollte, dass ich sie hier treffe.« Er ließ seinen Blick über die Kassen schweifen. Falls er auch nur den leisesten Verdacht haben sollte, dass diese Tussi ihn erkannt hat, würde er sie

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