Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
stellen. Er nahm den Kaffee ohne Dank entgegen und grunzte nur irgendwas Unverständliches. Siobhan spürte, wie plötzlich eine unbändige Wut in ihr aufstieg. Immerhin befanden sie sich in ihrem Wohnzimmer. Was hatte der Typ überhaupt hier zu suchen? Für die Arbeit war das Büro da und nicht ihre Wohnung. Wieso hatte er sie denn nicht zu sich nach Hause eingeladen? Je länger sie darüber nachdachte, umso deutlicher wurde ihr bewusst, dass sie Grant eigentlich gar nicht kannte. Sicher, sie hatte auch früher schon mit ihm gearbeitet; sie hatten gemeinsam ein paar Partys besucht, waren zusammen was trinken und das eine Mal eben essen gegangen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er schon mal eine Freundin gehabt hatte. Und wegen seiner Vorliebe für den neuesten technischen Schnickschnack hatte Grant in der St. Leonard's Street in Anlehnung an eine Zeichentrickfigur aus dem Fernsehen sogar den Spitznamen Inspektor Gadget. Er war einerseits ein kompetenter Polizist und andererseits aber machte man sich über ihn lustig.
    Jedenfalls war er nicht wie sie. Nein, überhaupt nicht wie sie. Und trotzdem verbrachte sie ihre freie Zeit mit ihm. Ja, sie ließ sogar zu, dass er diese Freizeit in noch mehr Arbeit verwandelte.
    Sie schnappte sich eines der Bücher mit den Landkarten, die vor ihr auf dem Tisch lagen: Handy Road Atlas, Scotland lautete der Titel. Gleich auf der ersten Seite stieß sie im Planquadrat B 4 auf die Isle of Man. Sie bekam einen regelrechten Wutanfall: Die Isle of Man lag doch überhaupt nicht in Schottland! Auf der nächsten Seite fand sie dann unter B 4 dieYorkshire Dales.
    »Verdammt noch mal«, sagte sie laut.
    »Was gibt's denn?«
    »In dem blöden Straßenatlas ist ja halb England abgebildet.« Sie blätterte weiter. Auf der nächsten Seite war im Quadrat B 4 der Mull-of-Kintyre-Leuchtturm verzeichnet, aber auf der nächsten Seite fiel ihr Blick auf die Worte Loch Fell. Sie betrachtete das betreffende Segment genauer: die M-74-Autobahn und die Stadt Moffat lagen auch in diesem Planquadrat. Sie kannte den Ort: ein Bilderbuchstädtchen, in dem es mindestens ein gutes Hotel gab, in dem sie schon mal essen gewesen war. Und dann entdeckte sie oben in dem Quadrat noch ein kleines schwarzes Dreieck, das eine Bodenerhebung markierte und als Hart Fell ausgewiesen war. Die Erhebung war achthundertundacht Meter hoch. Sie sah Hood an.
    »Hart ist doch auch ein Synonym für deer, das bedeutet doch auch Hirsch, oder?«
    Hood stand vom Boden auf, kam zu ihr hinüber und setzte sich neben sie. »Hans und hinds«, sagte er. »Hart bezeichnet das männliche Tier.«
    »Und was ist dann ein stag›‹t
    »Hart ist das Wort für ältere Tiere, glaube ich.«
    Er beugte sich über die Karte, seine Schulter berührte dabei Siobhans Arm. Sie bemühte sich, nicht zurückzuzucken, aber das war gar nicht so leicht. »Um Gottes willen«, sagte er, »das liegt ja hinterm Mond.«
    »Vielleicht ist es nur Zufall.«
    Er nickte, aber sie sah, dass Hood vom Gegenteil überzeugt
    war.
    »Planquadrat B 4«, sagte er. »Fell ist ein anderes Wort für law und hart ein anderes für deer...« Er sah sie an und schüttelte den Kopf. »Kein Zufall.«
    Siobhan schaltete den Fernseher ein und drückte auf die Videotexttaste.
    »Was machen Sie denn da?«, fragte Hood.
    »Ich schau mir bloß an, wie das Wetter morgen wird. Wenn es draußen stürmt, denke ich nämlich gar nicht daran, auf diesen verdammten Berg zu kraxeln.« Rebus war noch rasch in der St. Leonard's Street ausgestiegen, um dort die Berichte über die vier Fälle in Glasgow, Dunfermline, Perm und Nairn zusammenzuklauben.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich einer der Beamten besorgt.
    »Ja, wieso denn nicht?«
    Er hatte was getrunken, na und? Deshalb war er doch noch lange nicht unfähig. Unten auf der Straße wartete das Taxi. Fünf Minuten später stieg er die Treppe zu seiner Wohnung hinauf. Und weitere fünf Minuten später genehmigte er sich eine Zigarette, trank Tee und öffnete die erste Akte. Er saß in seinem Sessel am Fenster, seiner kleinen Oase inmitten des Chaos. In der Ferne jaulte eine Sirene; offenbar ein Krankenwagen, der auf dem Melville Drive dahinraste. Vor ihm auf den Knien lagen einige Zeitungsfotos der vier Opfer. Die Frauen lächelten ihm schwarzweiß entgegen. Er musste an die beiden Verse aus dem Gedicht denken, und er wusste, dass alle vier etwas gemeinsam hatten: Sie waren gestorben, weil sie gerade da gewesen waren.
    Er steckte die Fotos an

Weitere Kostenlose Bücher