Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
gescheitert. Wissen Sie warum?«
»Nein, wieso?«
»Weil E-Mails für mich an schwarze Magie grenzen.«
Siobhan lächelte, doch zugleich erschien vor ihrem inneren Auge eine ganze Assoziationskette: schwarze Magie... Särge, die in Zaubersprüchen von Hexen vorkamen... Flips Tod an einem Berghang namens Hellbank.
Hexerei? Sie waren zu sechst in dem rappelvollen Büro am Gayfield Square: Gill Templer und Bill Pryde; Rebus und Ellen Wylie; Siobhan und Grant. Templer saß als Einzige. Siobhan hatte amtliche E-Mails ausgedruckt, und Templer sah die Texte schweigend durch. Schließlich blickte sie auf.
»Gibt es irgendeine Möglichkeit, diesen Quizmaster zu identifizieren?«
»Nicht, dass ich wüsste«, sagte Siobhan.
»Doch, das geht«, sagte Grant. »Ich meine, ich weiß zwar nicht wie, aber ich glaube, dass es geht. Nehmen Sie nur diese Viren, irgendwie schaffen es die Amerikaner doch immer, sie zurückzuverfolgen.«
Templer nickte. »Das stimmt.«
»Hat nicht die Metropolitan Police in London eine Abteilung für Computerfahndung?«, sagte Grant. »Möglich, dass die dort sogar Verbindungen zum FBI unterhalten.«
Templer musterte ihn. »Trauen Sie sich das zu, Grant?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich interessiere mich zwar für Computer, aber das hier ist eine andere Liga. Aber ich würde natürlich mit denen zusammenarbeiten...«
»Wir werden sehen.«Templer blickte in Siobhans Richtung. »Dieser deutsche Student, von dem Sie mir erzählt haben...«
»Ja?«
»Ich wüsste gerne mehr über ihn.«
»Das dürfte nicht so schwierig sein.«
Templer sah Wylie an. »Würden Sie das übernehmen, Ellen?«
Wylie schien überrascht. »Na gut.«
»Dann wollen Sie uns also aufteilen?«, mischte sich jetzt Rebus ein.
»Wenn Ihnen kein Argument einfällt, das dagegen spricht, ja.«
»Jemand hat in Falls neben dem Wasserfall diese Puppe deponiert. Und jetzt haben wir Flips Leiche gefunden. Also wieder dasselbe Muster.«
»Allerdings war Ihr Sargschreiner anderer Meinung. Völlig andere Machart hat er gesagt, wenn ich mich recht erinnere
»Dann glauben Sie also, das ist alles nur Zufall?«
»Im Augenblick glaube ich überhaupt nichts. Und sollte irgendetwas auftauchen, das Ihre Theorie bestätigt, können Sie ja sofort wieder einsteigen. Allerdings haben wir es jetzt mit einem Mord zu tun, und das ändert alles.«
Rebus sah Ellen Wylie an. Sie war sauer: Dass sie sich jetzt statt alte Autopsiebefunde zu sichten, mit dem rätselhaften Ableben eines Studenten beschäftigen sollte, schien sie zwar nicht zu begeistern. Trotzdem sah sie nicht ein, wieso sie sich auf Rebus' Seite schlagen sollte, dazu war sie viel zu sehr mit ihrem eigenen Groll beschäftigt.
»Na gut«, sagte Templer in das allgemeine Schweigen hinein. »Dann darf ich Sie zunächst bitten, sich wieder an die normale Ermittlungsarbeit zu machen...« Sie legte die Papiere zusammen und machte Anstalten, sie Siobhan zurückzugeben. »Haben Sie noch einen Augenblick Zeit?«
»Natürlich«, sagte Siobhan. Die Übrigen drängten sich aus dem Zimmer und waren froh über die frische und kühle Luft, die sie draußen empfing. Rebus lungerte allerdings vor Templers Tür herum. Er betrachtete die Papiere, die auf der anderen Seite des Raums an dem Informationsbrett hingen: Faxe, Fotos und sonstige Mitteilungen. Da der Fall der vermissten Philippa Balfour inzwischen zu einem Mordfall geworden war, war gerade jemand damit beschäftigt, die Aushänge abzunehmen. Ohnehin ließ das Tempo der Ermittlungen bereits spürbar nach, doch nicht etwa aus Betroffenheit oder aus Respekt vor der Toten, sondern weil sich die Umstände geändert hatten: Es gab keinen Grund mehr zur Eile, niemanden, dessen Leben auf dem Spiel stand.
In ihrem Büro erkundigte sich Templer bei Siobhan, ob sie den Pressejob nicht doch in Erwägung ziehen wolle.
»Vielen Dank«, entgegnete Siobhan. »Aber ich glaube nicht.«
Templer lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Darf ich wissen, warum nicht?«
Siobhan blickte um sich, als ob sie an den nackten Wänden nach Gründen für ihre Entscheidung Ausschau hielte. »Mir fällt auf Anhieb kein Grund ein«, sagte sie achselzuckend. »Ich hab nur im Augenblick keine Lust dazu.«
»Möglich, dass ich keine Lust habe, Sie noch einmal zu fragen.«
»Verstehe ich. Vielleicht stecke ich einfach zu tief in unserem Fall drin. Ich würde gerne weiter bei den Ermittlungen dabei sein.«
»Okay«, sagte Templer gedehnt. »Dann wäre das ja
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