Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
klingen. Das Gespräch mit Gill hatte ihn ziemlich verunsichert: besonders ihr kleiner Scherz. Und außerdem hatte er Costello durch seinen Besuch einen willkommenen Anlass dafür geliefert, den Abzug der Polizisten zu verlangen, die das Haus bewachten. Vielleicht war es tatsächlich an der Zeit, mal mit jemandem über seine Trinkerei zu sprechen. Er schnipste den Zigarettenstummel auf die Straße.
»Sollten uns die Leute, die wir als Nächstes beehren, einen Tee anbieten, willigen wir ein«, sagte er dann.
Hawes nickte. Sie war Ende dreißig oder Anfang vierzig und hatte schulterlanges braunes Haar. Ihr fleischiges Gesicht war mit Sommersprossen übersät und sah aus, als ob es ihr nie so recht gelungen wäre, den Babyspeck loszuwerden. Sie trug einen grauen Hosenanzug, dazu eine smaragdgrüne Bluse, die oben von einer silbernen, keltisch aussehenden Brosche zusammengehalten wurde. Rebus konnte sich gut vorstellen, wie sie mit demselben konzentrierten Gesichtsausdruck, den sie im Beruf an den Tag legte, auf einem schottischen Abend an einem Volkstanz mitwirkte.
In der Eingangshalle des Hauses, das sie als Nächstes betraten, konnte man über einige abwärts führende Stufen auf der Rückseite des Gebäudes ins Freie gelangen und stand dann vor dem Eingang einer Wohnung, an die sich ein Garten anschloss. Auf den Steinplatten vor der Tür waren ein paar schön bepflanzte Blumenkübel aufgestellt. Ferner gab es zwei Fenster in Kopfhöhe und zwei weitere zu ebener Erde, da die Wohnung auch im Souterrain über einige Zimmer verfügte. In der vom Eingang aus gesehen gegenüberliegenden Mauer war eine weitere zweiflügelige Tür zu sehen, die in die Kellerräume unterhalb des Pflasters führen musste. Obwohl die Kollegen die Tür gewiss schon überprüft hatten, versuchte Rebus, sie zu öffnen, fand sie aber verschlossen. Hawes inspizierte währenddessen ihre Notizen.
»Grant Hood und George Silvers sind schon hier gewesen«, sagte sie.
»Und, war die Tür zu dem Zeitpunkt abgeschlossen oder nicht?«
»Ich hab sie aufgesperrt«, rief jetzt eine Stimme. Als die beiden sich umdrehten, sahen sie eine ältere Frau, die in der Wohnungstür stand. »Soll ich Ihnen die Schlüssel holen?«
»Oh ja, bitte«, sagte Phyllida Hawes. Als die Frau sich umgedreht hatte und wieder in der Wohnung verschwunden war, drehte sich Phyllida zu Rebus um und formte mit beiden Zeigefingern ein »T«. Rebus reckte als Antwort beide Daumen in die Höhe. Mrs. Jardines Wohnung war der reinste Nippesladen und beherbergte eine wahrhaft beeindruckende Porzellansammlung. In dem Überwurf, den sie über die Rücklehne ihres Sofas drapiert hatte, steckten etliche Wochen Häkelarbeit. Sie entschuldigte sich für das Sammelsurium an Dosen und Töpfen, die fast den gesamten Boden ihres Gewächshauses bedeckten: »Ich komme einfach nicht dazu, das Dach reparieren zu lassen.« Rebus hatte vorgeschlagen, den Tee im Gewächshaus einzunehmen. Er mochte sich nämlich im Wohnzimmer kaum bewegen, da er befürchtete, dass andernfalls Mrs. Jardines Nippessammlung Schaden nehmen könnte. Dann fing es zu allem Überfluss auch noch an zu regnen, und jetzt saßen sie in dem Gewächshaus, und ihre Unterhaltung wurde von dem endlosen Plitsch-Platsch der Tropfen untermalt. Direkt neben Rebus stand ein Topf, aus dem unentwegt kleine Wassertröpfchen emporspritzten. Nach einiger Zeit war sein Hosenbein so durchnässt, als ob er draußen vor der Tür gestanden hätte.
»Leider kenne ich das Mädchen überhaupt nicht«, sagte Mrs. Jardine reumütig. »Möglich, dass ich sie mal gesehen hätte, wenn ich öfter aus dem Haus käme.«
Hawes starrte aus dem Fenster. »Wirklich ein sehr gepflegter Garten«, sagte sie. Doch das war untertrieben. Der schmale lang gestreckte Garten, durch den sich ein seitlich von kleinen Rasenflächen und Blumenbeeten gesäumter Pfad wand, befand sich in einem absolut makellosen Zustand.
»Mein Gärtner«, sagte Mrs. Jardine.
Hawes studierte die Aufzeichnungen, die die Kollegen von dem ersten Gespräch mit der Dame gemacht hatten, und schüttelte dann fast unmerklich den Kopf: Von einem Gärtner hatten Silvers und Hood dort nichts vermerkt.
»Könnten Sie uns vielleicht seinen Namen nennen, Mrs. Jardine?«, fragte Rebus leise. Die alte Frau sah ihn besorgt an. Rebus schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln und bot ihr außerdem den Teller mit den Plätzchen an, die sie für ihre Gäste bereitgestellt hatte. »Könnte nämlich sein, dass ich
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