Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
Diese Königin diniert gut vor der Büste.
»Ist das alles?«
Siobhan nickte. »Ich hab ihn um einen Hinweis gebeten. Aber er hat nur denselben Text noch mal gemailt.«
»Vermutlich ist der Text bereits das Rätsel.«
Sie fuhr sich mit der Hand durch das Haar. »Ich hab letzte Nacht kaum ein Auge zugekriegt. Fällt Ihnen zu den beiden Sätzen was ein?«
Er schüttelte den Kopf. »Da müssen Sie schon jemand fragen, der gerne Rätsel löst. Ist Grant nicht der junge Liebhaber anspruchsvoller Kreuzworträtsel?«
»Tatsächlich?« Siobhan blickte zu Grant Hoods Schreibtisch hinüber, wo dieser gerade telefonierte.
»Gehen Sie doch mal rüber und fragen Sie ihn.«
Als Hood den Hörer auflegte, stand Siobhan schon neben ihm. »Wie geht's dem Laptop?«, fragte er.
»Gut.« Sie hielt ihm ein Blatt Papier unter die Nase. »Ich hab gehört, dass Sie eine Schwäche für Rätsel haben.«
Er nahm ihr das Blatt aus der Hand, würdigte es jedoch keines Blickes. »Und - wie fanden Sie den Samstagabend?«
Sie nickte. »War nett.«
Und das war nicht mal gelogen: zuerst ein paar Drinks, und dann waren sie zum Essen in ein angenehmes kleines Restaurant in der Neustadt gegangen. Das Gespräch hatte vor allem um berufliche Dinge gekreist, da sie sich privat ja kaum kannten. Trotzdem ein netter Abend - und ein bisschen Spaß zu Lasten der Kollegen hatten sie auch gehabt. Im Übrigen hatte Grant sich ganz als Gentleman gezeigt und sie hinterher zu Fuß nach Hause begleitet. Von einer Einladung zum Kaffee hatte sie allerdings abgesehen. Er hatte gesagt, dass er sich in der Broughton Street ein Taxi nehmen wollte.
Grant nickte jetzt ebenfalls und lächelte. »Nett« war für seine Zwecke völlig ausreichend. Dann schaute er auf das Blatt. »Seven fins high is king«, las er laut vor. »Was soll das denn heißen?«
»Ich hatte gehofft, dass Sie mir das vielleicht sagen können.«
Er las den Text nochmals durch. »Vielleicht ein Anagramm. Allerdings eher unwahrscheinlich: nicht genug Vokale, lauter i und e. ›Vor der Büste‹ - um Gottes willen vor welcher Büste denn?« Siobhan zuckte bloß mit den Achseln. »Vielleicht fällt mir ja was ein, wenn Sie mir erklären, wie Sie an dieses komische Rätsel gekommen sind«, sagte Hood.
Siobhan nickte. »Vielleicht bei einer Tasse Kaffee?«, fragte sie.
Von seinem Schreibtisch aus beobachtete Rebus, wie die zwei den Raum verließen. Dann nahm er sich den ersten Zeitungsausschnitt vor. An einem Tisch in der Nähe sprachen einige Kollegen über eine weitere Pressekonferenz. Sie waren einhellig der Meinung: Wen Hauptkommissarin Templer da rausschickte, den hatte sie auf dem Kieker. Rebus kniff die Augen zusammen und las einen Satz, den er beim ersten Mal anscheinend übersehen hatte. Es handelte sich um den Bericht von 1995, in dem es hieß, mysteriöser Fund in einem Wäldchen: Ein Hund hat unweit des Huntingtower Hotels nahe Perth eine sargförmige Holzkiste und nicht weit davon entfernt einen Stofffetzen entdeckt. Im letzten Viertel des Artikels wurde ein ungenannter Mitarbeiter des Hotels mit den Worten zitiert: »Wenn wir nicht auf der Hut sind, könnte der Ruf unseres Hauses Schaden nehmen.« Rebus überlegte, was damit gemeint sein könnte. Er hob den Hörer ab, um Jean Burchill zu fragen, ob ihr dazu etwas einfiel. Doch dann überlegte er es sich anders, weil er nicht wollte, dass sie dachte... ja, was eigentlich? Tatsächlich hatte er den Sonntagnachmittag sehr genossen und glaubte, dass es ihr ähnlich gegangen war. Nach der Rückkehr hatte er sie in Portobello vor ihrer Wohnung abgesetzt, ihre Einladung zum Kaffee allerdings ausgeschlagen.
»Ich hab ihre Zeit schon lange genug in Anspruch genommen«, so seine Worte. Und sie hatte ihm nicht widersprochen.
»Vielleicht ein andermal«, hatte sie bloß entgegnet.
Auf dem Heimweg nach Marchmont hatte er dann das Gefühl gehabt, dass es womöglich ein Missverständnis zwischen ihnen gegeben hatte. Deshalb hätte er sie abends beinahe noch mal angerufen, doch dann hatte er sich im Fernsehen einen Tierfilm angeschaut, an den er sich hinterher allerdings kaum noch zu erinnern vermochte. Bis ihm plötzlich wieder eingefallen war, dass ja um halb acht der letzte Abend der vermissten Philippa Balfour nachgestellt werden sollte. Und so war er losgezogen, um dabei zuzusehen...
Immer noch lag seine Hand auf dem Hörer. Schließlich hob er ab, ließ sich die Nummer des Huntingtower Hotels geben und verlangte dort mit dem
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