Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
sich das Telefon an das Ohr und stand von seinem Platz auf, um nach draußen zu gehen.
»Hallo, ich bin's«, sagte Hogan.
»Was gibt's?«, flüsterte Rebus, während er zum Ausgang hinüberging.
»Der Rosshall Park liegt in Pollok, also südwestlich des Zentrums. Und am Rand dieses Parks fließt ein kleiner Fluss, und der heißt White Gart Water.«
Rebus blieb wie angewurzelt stehen. »Bist du sicher?« Er sprach jetzt wieder in normaler Lautstärke.
»Hat mein Gewährsmann jedenfalls gesagt.«
Rebus huschte zurück an seinen Tisch. Der Herald-Artikel lag unter dem Cown'er-Bericht. Also kramte er ihn noch mal hervor, um auf Nummer sicher zu gehen.
»Danke, Bobby«, sagte er und beendete das Gespräch. Die Leute ringsum gaben aufgebrachte Unmutsäußerungen von sich, doch das war ihm im Augenblick ziemlich egal. »Kirche verurteilt blasphemisches Fundobjekt«: der Sarg, der auf dem Friedhof entdeckt worden war. Und die Kirche lag an der Potterhill Road.
In Pollok. »Ich vermute mal, dass Sie es für überflüssig halten, mir Ihr Verhalten zu erklären«, sagte Gill Templer.
Rebus war zum Gayfield Square gefahren und hatte sie um eine kurze Unterredung gebeten. Sie befanden sich wieder in dem muffigen Büro.
»Das wollte ich gerade tun«, sagte Rebus. Er legte sich die Hand auf die Stirn. Sein Gesicht fühlte sich glühend heiß an.
»Sie hatten heute früh einen Arzttermin.«
»Ist was dazwischengekommen. Unglaubliche Geschichte.«
Sie zeigte mit dem Finger auf die Boulevardzeitung, die aufgeschlagen vor ihr auf dem Schreibtisch lag. »Wissen Sie, woher Steve Holly diese Informationen hat?«
Rebus schob sich die Zeitung zurecht. Trotz des Zeitdrucks hatte Holly eine Geschichte zusammengeschustert, in der die Särge von Arthur's Seat vorkamen, »eine Expertin des Schottischen Nationalmuseums« erwähnt wurde, außerdem der Sarg, den Bev Dodds in Falls entdeckt hatte, und schließlich »das hartnäckige Gerücht, dass noch weitere Särge existieren«.
»Was soll das heißen - ›weitere Särge‹?«, fragte Gill.
»Das versuche ich Ihnen die ganze Zeit zu erklären.« Und so fing er an, ihr die Sachlage zu schildern. In den verstaubten und in Leder gebundenen Bänden, zu denen die einzelnen Jahrgänge der Dunfermline Press und des Inverness Courier zusammengefasst waren, hatte er genau gefunden, was er schon die ganze Zeit geahnt und befürchtet hatte. Im Juli 1977, eine knappe Woche bevor Spaziergänger an einem Strand in Nairn einen Sarg entdeckt hatten, war rund sieben Kilometer entfernt die Leiche einer gewissen Paula Gearing angeschwemmt worden. Die Umstände ihres Todes lagen im Dunkeln, deshalb wurde ihr tragisches Schicksal als »Unglücksfall« verbucht. Im Oktober 1972, also drei Wochen bevor ein anderer Spaziergänger in einer Schlucht nahe Dunfermline einen kleinen Sarg gefunden hatte, war ein junges Mädchen namens Caroline Farmer vermisst gemeldet worden. Kurz zuvor hatte der langjährige Freund des Mädchens die Beziehung zu ihr beendet. Man nahm allgemein an, dass sie deshalb von zu Hause ausgerissen war. Ihre Angehörigen wollten angeblich alles unternehmen, um Caroline wiederzufinden. Rebus bezweifelte, dass diese Bemühungen erfolgreich gewesen waren.
Gill Templer hörte sich seinen Bericht kommentarlos an. Als er fertig war, inspizierte sie die Zeitungsausschnitte und die Notizen, die er in der Bibliothek gemacht hatte. Schließlich blickte sie ihn an.
»Ziemlich dünn, John.«
Rebus sprang von seinem Stuhl auf. Er brauchte unbedingt Bewegung, aber in dem Zimmer war nicht genug Platz. »Gill, glauben Sie mir, an der Sache ist was dran.«
»Ein Mörder, der in der Nähe des Tatorts einen Sarg deponiert?« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Leuchtet mir einfach nicht ein. Bisher haben Sie zwei Leichen, allerdings keinen Beweis für einen kriminellen Hintergrund, und zwei vermisste Personen. Ich kann da beim besten Willen kein Muster erkennen.«
»Wenn man Philippa Balfour mitrechnet, sind es drei Vermisste.«
»Und dann ist da noch etwas: Zwischen Philippas Verschwinden und dem Auftauchen des Sarges in Falls ist nicht mal eine Woche vergangen. Auch dahinter vermag ich kein Muster zu erkennen.«
»Dann glauben Sie also, dass ich Gespenster sehe?«
»Vielleicht.«
»Aber kann ich der Spur nicht wenigstens nachgehen?«
»John...«
»Ich brauche dazu nur einen oder vielleicht zwei Beamte. Geben Sie uns ein paar Tage Zeit, und dann sehen wir weiter.«
»Unsere Ressourcen sind
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