Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
interessiert?«, fragte Siobhan.
Costello zuckte mit den Achseln. »Gesellschaftsspiele vielleicht: Scharaden und so was, Trivial Pursuit oder Tabu.«
»Aber nicht für Phantasie- oder Rollenspiele?«
Er schüttelte langsam den Kopf.
»Nichts im Internet?«
Wieder strich er sich über den Bart. »Das alles ist mir völlig neu.« Er blickte zuerst Siobhan und dann Rebus an, danach wieder Siobhan. »Und Sie sind sicher, dass es sich hier um Flip handelt?«
»Ziemlich sicher«, entgegnete Siobhan.
»Und Sie glauben, dass dieses Spiel was mit ihrem Verschwinden zu tun hat?«
Siobhan zuckte mit den Achseln und sah fragend in Rebus' Richtung, doch der hing gerade seinen eigenen Gedanken nach. Er dachte daran, was Flip Balfours Mutter über Costello gesagt hatte - über seine Bemühungen, Flip ihren Eltern zu entfremden. Und auf Rebus' Nachfrage hatte sie lediglich entgegnet: Na, weil er nun mal so ist.
»Interessantes Gedicht«, sagte er und schwenkte das Buch in der Luft. Es war eigentlich mehr eine Art Heft: rosa Einband mit einer Federzeichnung darauf. Dann rezitierte er ein paar Verse:
»›Nicht weil du schlecht bist, musst du sterben,/ nein, sterben musst du einzig, weil du da bist.«*
Rebus ließ das Buch sinken und klappte es wieder zu. »So habe ich das noch nie gesehen«, sagte er, »aber es stimmt.« Er zündete sich eine Zigarette an. »Erinnern Sie sich noch an unser Gespräch, David?« Er inhalierte und bot David ebenfalls eine Zigarette an, doch der schüttelte bloß den Kopf. Die vor kurzem noch halb volle Whiskyflasche war inzwischen leer, ebenso wie etliche Bierdosen. Sie standen neben der Küche auf dem Fußboden, außerdem mehrere schmutzige Tassen, Teller und Gabeln und diverse Pizza- und sonstige Verpackungen. Eigentlich hatte er Costello nicht für einen Trinker gehalten; aber vielleicht musste er sein Urteil ja revidieren. »Ich habe Sie bei der Gelegenheit gefragt, ob Sie es für möglich halten, dass Flip vielleicht einen anderen Mann kennen gelernt hat, und Sie haben geantwortet, dass sie Ihnen das ganz sicher erzählt hätte. Ja, Sie haben sogar behauptet, dass Flip nichts für sich behalten könne.«
Costello nickte.
»Und trotzdem hat sie allem Anschein nach bei diesem Spiel mitgemacht. Übrigens ein ziemlich anspruchsvolles Spiel, mit raffinierten Doppeldeutigkeiten und so weiter.
Durchaus denkbar, dass sie sogar auf fremde Hilfe angewiesen war.«
»Ich habe ihr dabei jedenfalls nicht geholfen.«
»Und sie hat Ihnen nie etwas über das Internet oder über einen Quizmaster erzählt?«
Er schüttelte den Kopf. »Wer soll denn das sein, dieser Quizmaster?«
»Wissen wir nicht«, räumte Siobhan ein. Sie stand jetzt vor dem Bücherregal.
»Und der gibt sich nicht zu erkennen, oder wie?«
»Das wäre nicht schlecht. Würde uns die Arbeit sehr erleichtern.« Siobhan nahm den Zinnsoldaten aus dem Regal. »Das hier ist auch eine Spielfigur, oder?«
Costello drehte den Kopf in ihre Richtung. »Echt?«
»Spielen Sie nicht damit?«
»Nein, ich weiß ja nicht mal genau, wo das Ding eigentlich herkommt.«
»Hat aber schon 'ne Menge Schrammen abbekommen«, sagte Siobhan und inspizierte die abgebrochene Muskete.
Während die beiden sprachen, nahm Rebus Costellos Computer - einen Laptop - in Augenschein. Auf der Arbeitsfläche neben dem Gerät lagen diverse Lehrbücher, und unter dem Tisch auf dem Boden stand ein Drucker. »Ich nehme an, dass Sie das Internet ebenfalls nutzen, David«, sagte er.
»Macht doch jeder.«
Siobhan stellte den Zinnsoldaten an seinen Platz zurück und lächelte gequält: »Würde ich so nicht sagen. Inspektor Rebus kann nämlich noch nicht mal 'ne elektrische Schreibmaschine bedienen.«
Rebus begriff sofort, dass Siobhan Costello lediglich in Sicherheit wiegen wollte und ihn selbst deswegen als Witzfigur hinstellte.
»Wenn ich Internet höre, fallen mir zuerst mal die beiden Pfosten ein, zwischen denen der Torwart von Inter Mailand seinem Beruf nachgeht.«
Ein Lächeln huschte über Costellos Gesicht. Na, weil er nun mal so ist... Aber was für ein Mensch war David Costello eigentlich, begann Rebus sich zu fragen.
»Wenn Flip Ihnen von alldem nichts erzählt hat, David«, sagte Siobhan, »könnte es denn dann sein, dass sie Ihnen auch andere Dinge verschwiegen hat?«
Wieder nickte Costello. Auch jetzt rutschte er wieder nervös auf dem Futon hin und her und kam einfach nicht zur Ruhe. »Offenbar hab ich sie wirklich nicht richtig gekannt«, gab er zu.
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