Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
er deren erstes Album, A Better Land. Bisschen zu jazzartig für seinen Geschmack. Als dann das Telefon läutete, hob er ab, doch das Klingeln hörte nicht auf: sein Handy. Er fischte es aus der Tasche, presste es sich ans Ohr.
»Hallo?«
»John?«
»Hallo, Jean. Ich wollte Sie auch schon anrufen.«
»Haben Sie gerade Zeit?«
»Ja, klar. Hat sich dieser Schmierfink wieder bei Ihnen gemeldet?« Sein Festnetztelefon fing an zu läuten: wahrscheinlich Claverhouse. Rebus erhob sich aus dem Stuhl des Farmers, ging quer durchs Büro und trat ins Freie hinaus.
»Ach, mit dem komme ich schon zurecht«, sagte Jean. »Ich hab ein paar Erkundigungen für Sie angestellt. Allerdings fürchte ich, dass nicht allzu viel dabei herausgekommen ist.«
»Macht nichts.«
»Hat den ganzen Tag gedauert.«
»Ich schau mir die Sachen morgen mal an, falls es Ihnen passt.«
»Morgen ist okay.«
»Es sei denn, Sie haben heute Abend Zeit?«
»Oh.« Sie machte eine kurze Pause. »Für heute Abend hatte ich mich eigentlich bei einer Freundin angemeldet, die gerade ein Kind bekommen hat.«
»Wie schön.«
»Tut mir Leid.«
»Das muss es nicht. Dann sehen wir uns also morgen. Kann ich Ihnen zumuten, zu uns aufs Revier zu kommen?«
»Ja, können Sie.«
Sie vereinbarten eine Zeit, dann beendete Rebus das Gespräch und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. Er hatte das Gefühl, dass sie zufrieden mit ihm war, dass es richtig gewesen war, ihr noch für denselben Abend ein Treffen vorzuschlagen. Anscheinend hatte sie genau darauf gehofft, auf einen Hinweis, dass er weiterhin an ihr interessiert war und m ehr in ihr sah als bloß einen Arbeitskontakt.
Vielleicht interpretierte er aber auch zu viel in ihr Verhalten hinein.
Als er wieder an seinem Schreibtisch saß, rief er Claverhouse an.
»Ich bin schwer enttäuscht«, sagte Claverhouse.
»Ich hab Ihnen versprochen, dass ich mich nicht von meinem Schreibtisch wegrühre, und ich habe Wort gehalten.«
»Und wieso haben Sie dann nicht abgehoben?«
»Weil mich jemand auf dem Handy angerufen hat.«
»Also jemand, der Ihnen wichtiger ist als ich. Jetzt bin ich aber wirklich gekränkt.«
»Der Anruf war von meinem Buchmacher. Ich schulde dem Mann noch zweihundert Piepen.«
Claverhouse war einen Augenblick sprachlos. »Das hebt meine Laune ganz ungemein«, sagte er dann. »Also, der Mann, der Ihnen weiterhelfen kann, heißt Declan Macmanus.«
Rebus runzelte die Stirn. »Das ist doch Elvis Costellos richtiger Name.«
»Möglich. Offenbar hat er ihn einem Menschen vermacht, der den Namen dringender braucht als er selbst.« Claverhouse nannte Rebus eine Nummer in Dublin, mitsamt der internationalen Vorwahl. »Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass die schäbigen Scheißkerle in der St. Leonard's Street Ihnen so ohne weiteres ein Auslandsgespräch genehmigen.«
»Ich werde einen Antrag stellen müssen«, stimmte Rebus ihm zu. »Danke für Ihre Hilfe, Claverhouse.«
»Und - gehen Sie jetzt gleich in die Kneipe?«
»Sollte ich eigentlich tun. Damit ich schon mal unter dem Tisch liege, wenn mein verdammter Buchmacher aufkreuzt.«
»Klingt plausibel. Also dann: Auf die schlechten Gäule und den guten Whisky.«
»Und umgekehrt«, entgegnete Rebus und beendete das Gespräch. Claverhouse hatte Recht: Die meisten Telefone in der St. Leonard's Street waren für Auslandsgespräche gesperrt, aber Rebus hatte das Gefühl, dass er bei diesem Anlass Gill Templers Telefon würde benutzen können. Nur dass Gill die Tür zu ihrem Büro abgeschlossen hatte. Doch Rebus fiel wieder ein, wo der Farmer den Ersatzschlüssel versteckt hatte. Er ging vor Gills Bürotür in die Knie und zog den Teppichboden ein wenig zur Seite. Na bitte: Der Schlüssel war noch da. Er schob ihn ins Schloss, drängte sich in Gills Büro und machte die Tür rasch hinter sich zu.
Zunächst begutachtete er ihren neuen Stuhl, zog es allerdings vor, stehen zu bleiben und sich lediglich gegen die Kante ihres Schreibtischs zu lehnen. Irgendwie musste er an Schneewittchen und die sieben Zwerge denken: Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen? Und wer hat von meinem Telefon aus Auslandsgespräche geführt?
Am anderen Ende der Leitung ertönte ungefähr ein halbes Dutzend Mal das Freizeichen, bevor jemand abhob. »Könnte ich bitte mit...« - plötzlich wurde ihm bewusst, dass er Macmanus' Dienstgrad nicht kannte - »...Declan Macmanus sprechen?«
»Wen darf ich melden?« Die Frau hatte diesen herrlichen irischen Akzent. Rebus sah
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