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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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trottete sie neben Volker her. Volker war ihr der liebste Begleiter. Er konnte stundenlang schweigen, ohne dass das Schweigen bedrückend wurde.
    Nach dem Spaziergang fuhren sie zu Karens Wohnung, die nicht weit vom Stadtpark entfernt lag. Volker würde Karen bis in ihre Wohnung bringen, sie für den Abend verkabeln und die Observation an die Beamten von der Nachtschicht übergeben, die in einer halben Stunde eintreffen sollten. Karen stellte ihren Wagen in der Tiefgarage ab. Als sie aus der Garage kamen, bemerkten sie einen Tumult schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite. Zwei Jugendliche in Bomberjacken traten wild und unter wüsten Beschimpfungen auf einen älteren Mann ein, der blutend auf dem Bürgersteig lag und sich mit beiden Händen vor der nächsten Attacke zu schützen suchte. Einige Passanten begafften die Situation ratlos. Andere wandten sich ab, taten so, als hätten sie nichts gesehen, und gingen eilig weiter ihres Weges. Volker jedoch überquerte blitzschnell die Straße und versuchte, die Situation zu klären. Er zog einen der Angreifer von seinem Opfer weg und drehte ihm den Arm auf den Rücken. Laut identifizierte er sich als Polizist, um den zweiten Jugendlichen gleich mit einzuschüchtern.
    Karen hatte eine Schrecksekunde lang verharrt. Doch auch sie reagierte instinktiv. Ein Mann wurde verletzt. Sie war Ärztin. Volker hatte es mit zwei Gegnern zu tun. Sie war ausgebildet im Nahkampf. Karen war im Begriff, über die Straße zu sprinten, um Volker und dem Mann, der wimmernd am Boden lag, zu helfen. Doch schon nach zwei Schritten fuhr ihr ein Auto in den Weg. Reifen quietschten. Fast hätte der Fahrer sie mit der Kühlerhaube erwischt. Karen fluchte leise. Sie musste den Wagen umlaufen, um zu Volker zu gelangen. Sie kam nicht weit. Die Fahrertür wurde abrupt aufgerissen und prallte wie ein Rammbock gegen Karen. Sie stürzte zu Boden. Als sie sich schimpfend wieder aufrappeln wollte, hörte sie ein geflüstertes »Hallo, Karen« und spürte einen Nadelstich im Hals. Das Ganze dauerte nur wenige Sekunden.
    Unterdessen hatten die beiden Jugendlichen von ihrem Opfer abgelassen. Den einen hielt Volker immer noch im Polizeigriff, der zweite interessierte sich plötzlich überhaupt nicht mehr für Volker und starrte stattdessen auf die Straße. Volker wurde plötzlich von dem unheimlichen Gefühl befallen, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Er drehte sich suchend nach Karen um. Und sah, wie ihr leblos scheinender Körper von einem jungen Mann mit Baseballcap in den Fonds eines Mercedes bugsiert wurde. Der Mann hatte es eilig.
    Volker war etwa zwanzig Meter entfernt. Entsetzt ließ er von den Jugendlichen ab und rannte zu dem Benz, der mit quietschenden Reifen anfuhr. Volker warf sich mit seinem ganzen Körper auf das Heck des Wagens, als könnte er dadurch irgendetwas aufhalten oder verhindern. Es war eine Verzweiflungstat. Durch eine abrupte Lenkbewegung des Fahrers wurde Volker, der keinen Halt auf dem Heck fand, von der Karosserie geschüttelt. Unsanft landete er auf dem Asphalt, direkt vor der Stoßstange eines anderen, hektisch abgebremsten Fahrzeugs. Volker ignorierte den Fahrer, der sofort ausstieg und ihn erschrocken nach seinem Befinden fragte. Er starrte wie fixiert dem Mercedes hinterher und merkte sich die Autonummer. Die beiden Jugendlichen, die eben noch gnadenlos den Mann attackiert hatten, kamen zu ihm gelaufen und halfen ihm freundlich aufzustehen. Ebenso munter und gut gelaunt stand auch der ältere Herr plötzlich neben Volker.
    »Mann, was für eine geile Action!«, sagte einer der beiden jungen Typen.
    »Cooler Stunt!«, stimmte der andere zu und klopfte Volker anerkennend auf die Schulter.
    »Wo sind eigentlich die Kameras versteckt?«, fragte der ältere Mann. »Ich habe keine einzige gesehen. Das macht ihr wirklich gut, dieses versteckte Dings. Aber ich war auch super, oder?« Er wischte sich Sirup aus dem Gesicht.
    Volker begriff nicht, was die drei von ihm wollten, noch was hier überhaupt gespielt wurde. Er schubste alle helfenden Hände beiseite, zog sein Handy heraus und gab hektisch Marke, Beschreibung und Kennzeichen des flüchtigen Wagens an die Notrufzentrale durch. Alle verfügbaren Streifenwagen würden sofort ausschwärmen, Verstärkungskräfte der Bereitschaftspolizei und ein Hubschrauber würden schnellstens dazustoßen. Volker hoffte inbrünstig, dass der Wagen innerhalb der nächsten Minuten irgendwo abgefangen und gestoppt wurde. Erst danach

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