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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Motiv des Mörders in den Biografien oder sozialen Beziehungen der Opfer begründet liegen könnte, schloss Christian erst einmal aus. Es musste, wie so oft, im Mörder selbst liegen. Was hatte es mit den Spiegeln auf sich? Wollte er den jungen Frauen Arroganz vorwerfen oder Eitelkeit? War er in sie verliebt gewesen? Hatten sie ihm »sein Herz gestohlen«, und er nahm nun das ihre als Rache?
    Christian griff zum Telefon. Einmal mehr hätte er gerne Annas Sicht der Dinge gehört. Aber ihr Handy war immer noch abgeschaltet. Genervt packte Christian die Akten zusammen, zog sich nackt aus und legte sich schlafen. Es dauerte keine Minute, bis er zu schnarchen begann.
    Kaum hatte er eine Viertelstunde geschlafen, rief Anna zurück. Christian war so froh, ihre warme Stimme zu hören, dass er seinen Fall vollkommen vergaß. Anna plauderte angeregt, erzählte von den Seminaren, von einer texanischen Agentin, mit der sie das karge Zimmer teilte und die ein fanatischer Waffennarr war, von der Body Farm, einem Gelände, auf dem das FBI unter realen Bedingungen wissenschaftliche Studien zu dem Verwesungsprozess von Leichen unternahm und und und. Christian hörte einfach nur zu und lächelte. Doch kaum kam Anna zum Ende und befragte Christian ein wenig außer Atem nach seinem Befinden und den Ermittlungen, da rief im Hintergrund jemand auf Englisch nach ihr. Hastig entschuldigte sie sich und vertröstete Christian auf das nächste Telefonat. Sie hatte gerade noch Zeit, ihm ein sanftes »Ich liebe dich« ins Ohr zu hauchen, dann war sie weg. Christian sank in sein Kissen zurück und dachte an Annas Duft, die Wärme ihrer Haut, ihre Lachfalten um die Augen und die Art, wie sie die Arme um ihn schlang, wenn sie morgens wach wurde und ihn an sich zog. Friedlich schlief er wieder ein.
    21. August 2009:
Bonn.
    Clarissa Wedekind fuhr gegen sieben Uhr abends mit ihrem BMW Z8 die Auffahrt vor Herbert Ackermanns Villa hinauf. Sie hatte Herbert seit mindestens fünf Jahren nicht gesehen. Dennoch war er der einzige Mann, von dem sie in dieser kniffligen Situation Hilfe erhoffte. Ackermann war etwas über siebzig, aber immer noch hellwach, von großer Entschiedenheit und hohem Durchsetzungsvermögen. Außerdem pflegte er beste Kontakte. Auch solche, mit denen man keinen Staat machen konnte. Früher hatte Ackermann wortwörtlich »Staat gemacht«: Er war in den Achtzigern Leiter des BND gewesen, bis ihn gewisse politische Strömungen und einige kleine bis mittelgroße Ungereimtheiten in seiner Amtsführung aus dem Posten spülten. Voller Zorn und Enttäuschung hatte er sich damals von seinen politischen Überzeugungen losgesagt und der freien Wirtschaft zugewandt, wo Überzeugungen eher hinderlich waren. Seitdem schützte er nicht mehr den Staat und seine Bürger vor inneren und äußeren Feinden, sondern nur noch den Bürger, und zwar den zahlungskräftigen. Ackermann hatte einen privaten Sicherheits-Service aufgebaut, der nun schon seit Jahrzehnten von hochkarätigen Politikern, Stars und Wirtschaftsmagnaten auf verschiedenste Weise genutzt wurde. Vor wenigen Jahren hatte er die Firma an seinen Sohn weitergereicht und sich in den Ruhestand zurückgezogen.
    Er begrüßte Clarissa galant mit einem Handkuss und führte sie in die Bibliothek. Clarissa legte ab und setzte sich in einen der schweren Klubsessel. Der Raum roch nach Leder, alten Büchern und vanilligem Pfeifentabak.
    »Immer noch eine Vorliebe für 18-jährigen Single Malt?«, fragte Herbert, wartete die Antwort nicht ab und schenkte zwei Fingerbreit in zwei bereitstehende schwere Kristallgläser. Er setzte sich Clarissa gegenüber, sie lächelten sich stumm an, prosteten sich zu und tranken.
    »Lange her«, sagte Herbert nach dem ersten Schluck.
    Clarissa wusste nicht genau, ob er ihre letzte Begegnung bei einem offiziellen Treffen der früheren Bonner Hautevolée meinte, die bei dem Umzug nach Berlin vergessen worden war. Oder ihre heftige Affäre, die noch weitaus länger zurücklag. Sie wollte es aber auch nicht wissen. Ihr stand der Sinn nicht nach Nostalgie.
    »Was kann ich für dich tun, meine Liebe? Ich nehme nicht an, dass du hier bist, um mit mir zu schlafen.«
    Clarissa überging die Anspielung: »Ich werde erpresst.«
    »Aha«, sagte Herbert, nahm einen Schluck von seinem Whisky und forderte Clarissa mit einer Handbewegung auf, weiterzureden.
    »Er hat mich im Februar in Hamburg in einem Hotel abgepasst und abkassiert.«
    »Persönlich?«
    Clarissa nickte.
    »Das ist

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