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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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gleiche, fette Kiste wie aus Tarantinos »Death Proof«.
    Unsanft riss Jennifer ihre Schwester aus ihren Träumen. Die Kleine kam aus dem Wasser gerannt, bespritzte Jessica, wobei diese uncool aufquiekte, und dann warf sie sich auch noch auf die rechte Seite von Jessica, sodass dem Typen mit dem Ford Mustang der Blick auf Jessicas sorgsam angewinkeltes Bein und lang gestreckten Körper verwehrt wurde.
    »Du dumme Nuss, leg dich auf die andere Seite!«
    Jenny konterte mit einer ähnlichen Beschimpfung, gehorchte aber. Jessica fürchtete, dass die Anwesenheit ihrer kleinen Schwester sie nicht nur Hauke kosten würde, sondern auch die schmeichelhafte Aufmerksamkeit des Fremden. Dennoch wagte sie es nicht, die drohende Niederlage durch das Fernglas zu überprüfen. Es wäre schließlich viel zu peinlich, wenn der Typ sehen würde, dass sie schon wieder nach ihm schaute.
    »Jenny, nimm mal das Fernglas und guck nach rechts. Dort unter der Trauerweide sitzt ein Typ mit Sonnenbrille. Schau mal, ob der hier rüberguckt.«
    »Mach doch selber!« Jenny war gerade dabei, sich die Haare zu kämmen.
    Nun wurde es Jessica langsam etwas zu bunt: »Verdammt noch mal, jetzt guck schon nach, du Zecke!«
    Maulend gehorchte Jenny. »Da ist keiner.«
    »Kann nicht sein. Der war gerade noch da. Unter der Trauerweide! Der Baum mit den herabhängenden Ästen!«
    »Ich weiß, was eine Trauerweide ist. Bin doch nicht blöd! Aber da ist niemand!«
    Genervt entriss Jessica ihrer Schwester das Fernglas. Doch sosehr sie sich auch bemühte, weder unter der Trauerweide noch rechts oder links davon saß der Typ mit der Sonnenbrille. Jessica suchte das komplette Seeufer ab. Auch auf der Liebeswiese sah sie nach, wo Birte gerade leidenschaftlich ihre Zunge in den Hals von Hauke steckte. Was für ein Scheißtag, dachte Jessica und begann ihr Zeug zu packen. Sie wollte nach Hause, ob das Jenny nun passte oder nicht.
    Auf dem Rückweg fuhren Jessica und Jenny mit ihren Fahrrädern an der Bank vorbei, auf der Jessica vor drei Jahren ihren ersten Zungenkuss von einem pickligen Mitschüler bekommen hatte. Seitdem hasste sie diese Bank. Heute jedoch rehabilitierte sich die vom Männergesangsverein gestiftete Sitz- und Knutschgelegenheit, denn der Typ mit der Sonnenbrille saß darauf und blickte den radelnden Mädels entgegen. Jessica kam ein wenig aus dem Tritt, als sie ihn entdeckte. Sie verlangsamte wie zufällig die Fahrt, nahm auf Höhe der Bank ihren ganzen Mut zusammen und lächelte ihn an. Leider betrachtete er das nicht als Aufforderung, sie anzusprechen. Aber immerhin lächelte er zurück und winkte kurz.
    Jessicas Tag schien gerettet.
    »Wer war’n das?«, frage Jenny, die hinter Jessica hergefahren war und nun neben sie kam.
    »Stuntman Mike.«
    »Du bist blöd. So heißt kein Mensch.«
    »Und du hast null Ahnung! So heißt einer in einem Film. Und der fährt einen Ford Mustang.«
    Jessicas und Jennys Eltern wunderten sich ein wenig, dass ihre Töchter schon so früh wieder vom Baden zurück waren. Die Gelegenheit wurde für ein frühes Abendbrot genutzt. Während die Mutter mit Jessicas Hilfe den Tisch deckte, stand Jenny am Fenster und sah hinaus.
    »Guck mal, Jessy, da draußen ist Stuntman Mike!«
    »Echt?« Aufgeregt lief Jessica zum Fenster. Tatsächlich lief der coole Typ mit der Sonnenbrille langsam am Haus vorbei und sah herüber.
    »Wer ist das?«, fragte die Mutter, die ebenfalls ans Fenster getreten war.
    »Der hat Jessy heute schon am See aufgelauert! Und auf dem Rückweg saß er auf der Bank und hat gewunken. – Aua!«
    Jessica hatte Jenny in den Oberarm gekniffen.
    »Jessica?«, sagte die Mutter nur und setzte dabei ihre pädagogisch forschende Miene auf.
    Jessica deckte weiter den Tisch und tat betont beiläufig: »Jenny redet Müll. Keine Ahnung wer der Typ ist. Ja, der war heute am See. Aber er hat mir nicht auf-ge-lau-ert! Nur höflich gelächelt und gegrüßt.«
    »Und wieso läuft der jetzt am Haus vorbei?«
    »Vielleicht, weil es eine öffentliche Straße ist? Genauso wie der See öffentlich ist? Sei nicht so paranoid, Mama! Der will mir schon nicht ans Höschen!«
    Die Mutter rollte mit den Augen: »Und du sei bitte nicht so entsetzlich ordinär!«
    Nach dem Abendbrot rief Birte an und fragte, ob Jessica mit zur Eisdiele auf eine Cola kommen wolle. Die Clique würde sie mit Hauke und dem Cabrio seiner Mutter abholen. Jessica sagte mit gemischten Gefühlen zu. Einerseits fürchtete sie, Birte wolle nur mit ihrer neuen

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