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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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begann, unkontrolliert zu zittern. Stuntman Mike. Er hatte nicht sie gemeint. Er hatte Jenny gemeint.
    Einige Stunden zuvor:
London.
    Howela stand im szenigen Stadtteil Notting Hill im Schatten einer verwinkelten Straßenecke und schwitzte. Er verfluchte den Sommer, der sich für einen Mann mit seiner Körperfülle anfühlte wie eine nicht enden wollende finnische Weltmeisterschaft im Saunen. Howela war in seinem Leben bestimmt schon sieben-, achtmal in der englischen Hauptstadt gewesen, doch von dem sprichwörtlichen Londoner Nebel und dem angeblichen Dauerregen hatte er nie etwas mitbekommen. Howela fuhr sich mit dem Ärmel über die nasse Stirn, die Schweißtropfen rannen ihm in die Augen und brannten. Seit knapp einer Stunde beobachtete er das Haus schräg gegenüber. Es war eine dieser typischen Londoner Stadtvillen, drei Etagen hoch, aber sehr schmal. Im Haus würde man das absurde Gefühl haben, dass die Treppen mehr Wohnfläche einnahmen als die Zimmer. Anthony Parkinson wohnte hier. Howela hatte ihn vom Einkaufen nach Hause kommen sehen und wartete noch ein wenig ab, um einen Hinweis zu erhalten, ob Parkinson alleine im Haus war. Inzwischen jedoch hatte die Hitze Howelas Geduld abgeschmolzen. Entschlossen überquerte er die Straße und klingelte. Er musste mehrfach klingeln, bis Parkinson endlich zur Haustür geschlurft kam und öffnete.
    Parkinson war ein magerer, ungepflegter Typ mit fettigen dunklen Haare und Piercings in Augenbraue, Nase und Unterlippe. Die Queen hätte ihm sicher gerne seinen ererbten Adelstitel aberkannt. Er sah aus wie der personifizierte Untergang des British Empire. Gelangweilt streckte er seinen Kopf heraus und blickte Howela aus trüben Augen an.
    »Hallo, ich bin ein Freund von Niklas Schmitt und muss mit Ihnen reden. Es ist dringend!« Howela sah sich schnell nach rechts und links um. Auf der Straße waren weit entfernt nur zwei Passanten, die Parkinsons Haus die Rücken zudrehten.
    »I don’t speak german, Mister Schmitt.«
    Parkinson wollte die Tür wieder schließen, doch Howelas Geduld war nun wirklich am Ende. Er versetzte Parkinson einen kurzen, aber sehr harten Hieb auf das Nasenbein. Parkinson taumelte überrascht zurück. Howela nutzte den Moment, trat ein und schloss die Haustür hinter sich. Er gab Parkinson noch einen weiteren Hieb auf die Schläfe, dann packte er den zusammengesackten Briten, dem das Blut aus der Nase strömte, am Kragen und schleifte ihn ins erste Zimmer, das rechts vom Hausflur abging. Es war das Wohnzimmer. Dort warf er Parkinson in einen abgewetzten Sessel. »Ich weiß sehr wohl, dass du gut deutsch sprichst. Und du weißt sehr wohl, dass ich nicht Niklas Schmitt bin. Können wir auf der Basis jetzt an unserer Kommunikation arbeiten?«
    Parkinson wischte sich mit dem nackten, linken Unterarm das Blut von der Nase und betrachtete verwundert die braunroten Schlieren. Howela fand ihn abstoßend.
    »Wer sind Sie? Was wollen Sie?« Parkinson hatte sich gerade rechtzeitig an seine fundierten Deutschkenntnisse erinnert.
    »Na also. Geht doch.« Howela zog einen Stuhl heran und setzte sich Parkinson gegenüber. »Mein Name tut nichts zur Sache. Ich bin auf der Suche nach Niklas Schmitt und hoffe auf deine bereitwillige Kooperation.«
    Parkinson betrachtete Howela lauernd. Offensichtlich versuchte er die Gefahr einzuschätzen, die von ihm ausging. Da Howela, kaum dass er saß, in seine übliche unterspannte Körperhaltung verfallen war und den Blick ins Apathische driften ließ, ordnete Parkinson die plötzliche Attacke an der Haustür als zufällig geglückte Ausnahme ein und unterschätzte sein Gegenüber gewaltig. »Leck mich am Arsch«, sagte er entspannt.
    »Sicher nicht.« Howela holte aus und schlug Parkinson fest und präzise auf die gleiche Stelle der Nase, die er eben schon malträtiert hatte. Es knackte leise, das Blut begann wieder zu strömen. Parkinson jedoch gab nicht den leisesten Schmerzenslaut von sich. »Du versorgst Schmitt mit gefälschten Papieren. Also hast du Kontakt zu ihm. Ich will wissen, wo er wohnt.«
    »Was hat Nik denn ausgefressen?«
    »Er bricht jungen Frauen die Herzen. Final. Um nicht zu sagen letal. Das gefällt einigen Leuten auf dem Festland nicht.«
    Plötzlich lachte Parkinson laut: »Du meinst doch nicht etwa den ›Herzensbrecher‹, diesen Killer, der bei euch rumläuft?«
    Howela gab keine Antwort.
    »Echt? Das ist Nik, das alte Arschloch? Hab im Internet davon gelesen. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

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