Puppentod
augenblicklich von seiner schlimmen Krankheit geheilt.
Kaum saßen sie in dem weißen Jeep, den Lisa gemietet und direkt vor dem Flughafengebäude geparkt hatte, bekam Michael von ihr einen Umschlag in die Hand gedrückt. Er fragte sich, ob das Ehefähigkeitszeugnis schon fertig war. In den letzten Tagen hatte er immer wieder daran gedacht und Angst gehabt, dass die Ausstellung dieses Dokumentes doch länger dauern würde.
Hastig überflog er das Schreiben. Es gab Auskunft darüber, dass weder bei ihm noch bei Lisa ein Ehehindernis
vorlag, und trug den offiziellen Stempel der deutschen Botschaft in Santo Domingo.
»Bedeutet das, wir können sofort heiraten?«, rief er überschwänglich.
Sie lachte und erwiderte mit einem koketten Augenaufschlag: »Die Trauung ist übermorgen, nach Sonnenuntergang, in der Bucht von Samaná. Es ist schon alles vorbereitet. Wollen wir?«
Bevor er dazu kam, ihr einen Kuss zu geben, startete sie den Wagen und gab Gas. Der Jeep ging ab wie eine Rakete. Als Rennfahrerin hätte Lisa sicher Erfolg gehabt, denn ihr Faible für Geschwindigkeit beschränkte sich nicht allein aufs Bootsfahren.
Nach kurzer Zeit allerdings musste sie das Tempo drosseln, denn sie verließen die Schnellstraße, und die Wege waren jetzt mit tiefen Schlaglöchern gespickt. Sie fuhren durch ein paar kleine Ortschaften und dann über eine einsame Straße, mitten durch einen Palmenwald. Bald endete diese jedoch irgendwo im Nirgendwo - vor einem Fluss, über den es keine Brücke gab. Doch Lisa hatte sich nicht verfahren, sie nahm lediglich eine Abkürzung, und ehe Michael sich’s versah, preschte sie so rasant durchs Wasser, dass es nach allen Seiten spritzte. Er kam sich vor wie bei der Rallye Dakar. Oder im Abenteuerurlaub. Dabei hatte er sich das Heiraten in der Karibik eigentlich sehr romantisch vorgestellt.
Die von ihm ersehnte Romantik stellte sich ein, als die Straße sich kurvenreich den Berg hinaufschlängelte, am Straßenrand die Kakteen blühten und das türkisblaue Meer zu ihren Füßen lag. Als dann Lisa in eine
Toreinfahrt einbog und durch einen exotischen Garten mit breit gefächerten Palmen, hohen Bananenstauden, bunten Blumen und frei umherfliegenden Papageien auf das weiße Haus zusteuerte, war Michael ganz fasziniert.
Die dichte Bepflanzung des Gartens machte es unmöglich, das Grundstück von der Straße einzusehen, und schützte das Haus vor neugierigen Blicken. Soweit Michael erkennen konnte, war es weit und breit das einzige auf diesem Berg, und in seiner Schönheit und Großzügigkeit übertraf es alle seine Erwartungen.
Lisa parkte den Wagen auf einem Rondell, in dessen Mitte ein Springbrunnen plätscherte.
»Komm mit«, rief sie, nachdem sie ausgestiegen waren. »Ich will dir zuerst etwas zeigen.«
Sie zog ihn um das Haus herum, wo drei Stufen zu einer von Blumen umrankten Veranda hinaufführten. Dort luden bequeme Korbsessel zum Faulenzen ein, und von dem Bambusdach, das die Veranda zur Hälfte bedeckte, hingen die Klangspiele herab, von denen Lisa erzählt hatte. Jedes Mal, wenn der Wind hindurchfuhr, erklangen die zarten, hell schwingenden Töne, die getragen von unsichtbaren Wellen mehrfach nachhallten, bis sie leiser wurden und allmählich ganz verstummten.
»Dort vorn ist der Kakteengarten«, erklärte Lisa und zeigte nach rechts, »und dahinter der Swimmingpool. Du wirst begeistert sein.«
Er war es jetzt schon und küsste sie auf die Nasenspitze. »Du hast nicht zu viel versprochen. Es ist umwerfend schön hier«, versicherte er ihr.
»Am Ende willst du gar nicht mehr weg«, rief sie freudig und fügte grinsend hinzu: »Dann müssen wir deinem Vater eine E-Mail schicken, dass wir hierbleiben. Stell dir das mal vor!«
Er verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Allein schon dieser Gedanke verursachte einen Stich in seiner Magengegend. Oder bekam er nur Hunger, weil Lisa gerade vorgeschlagen hatte, zu Margerita zum Essen zu gehen?
»Sie wartet schon auf uns«, sagte Lisa, »denn sie hat, extra für dich, ihre berühmte Calalou -Suppe gekocht. Selbst Flavio ist heute Morgen ganz früh aufgestanden, um auf dem Markt den besten Hummer zu bekommen.«
»Und das alles nur für mich?« Michael konnte es kaum glauben, aber Lisa drehte sich demonstrativ nach allen Seiten um. »Für wen sonst? Oder siehst du hier noch jemanden, der mich heiraten will?«
»Ich würde jeden, der das vorhat, dort vorne von den Klippen stürzen«, erwiderte Michael mit gespieltem
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