Puppentod
bereits Sorgen.«
»Ist er krank?«, fragte Michael. »Hat man versucht, ihn zu Hause zu erreichen?«
»Mehrfach. Aber es geht niemand ans Telefon«, berichtete Frau Meierhöfer.
»Die vom Labor sollen uns Bescheid geben, sobald er sich gemeldet hat«, sagte Michael. Dann las er noch einmal die E-Mail. Etwas stimmte damit nicht. Dieses Wort Angelegenheit störte ihn. Und was meinte Herr Schuster mit vorangekommen ? Die Frage nach den falschen Testergebnissen ruhte im Augenblick, weil er zuerst mit Dr. Kolberg darüber sprechen wollte, der aber noch im Urlaub war. Eine andere aktuelle Angelegenheit gab es nicht.
Er stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte, legte sein Kinn in die Handflächen und starrte grübelnd die E-Mail an, als ihm etwas auffiel, was er die ganze Zeit zwar gesehen, aber nicht bewusst wahrgenommen hatte. Die Mail war von Martin Schusters Computer im Labor versendet worden, was eigentlich nichts Besonderes war. Doch der Zeitpunkt war außergewöhnlich: gestern Nacht um zwei Uhr fünfzig. Genau, als Harry im Labor den Einbrecher überrascht hatte.
Sollte Martin Schuster etwas damit zu tun haben?
Michael hielt das für unwahrscheinlich. Kaum vorstellbar, dass der schmächtige Herr Schuster den bulligen Harry mit nur einem einzigen Schlag umhaute. Trotzdem stimmte etwas nicht.
Er ging hinaus zu Frau Meierhöfer. »Haben wir von Herrn Schuster vielleicht eine Handynummer? Oder eine Nummer von seinen Eltern? Oder hat er eine Freundin, bei der er sein könnte? Versuchen Sie doch bitte, das herauszufinden.«
Sie nickte und griff bereits nach dem Telefonhörer, als Michael einfiel, dass er sie noch etwas anderes fragen wollte: »Sagt Ihnen der Name Ilona Berger etwas?«
Frau Meierhöfer machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ist mir nicht bekannt. Aber wir hatten mal einen Chefchemiker, der Berger hieß.«
Interessiert horchte er auf, während Frau Meierhöfer erzählte: »Berger wurde damals fristlos gekündigt. Ich weiß nur nicht mehr, warum. Das ist schon so lange her.«
»Wie lange?«
Sie zuckte ratlos mit den Schultern. »Vielleicht zehn Jahre? Genau kann ich es Ihnen nicht sagen. Aber wenn Sie wollen, suche ich die Personalakte raus. Die muss noch im Archiv sein - wir heben doch alles jahrzehntelang auf.«
»Das wäre sehr nett«, sagte Michael und ging zurück in sein Büro.
Dort rief er Kolbergs Sekretärin an, ließ sich Kolbergs Handynummer geben und erreichte ihn auf den Malediven bei einer Ayurveda-Massage.
»Gibt es ein Problem?«, fragte Kolberg überrascht und sagte: »Warten Sie einen Augenblick.« Dann hörte Michael, wie er der Masseurin auf Englisch zu erklären versuchte, dass er eine Pause wollte. Allerdings schien die Frau ihn nicht zu verstehen.
»Diese Leute hier sprechen einfach kein Englisch«, regte er sich auf. »Obwohl man das bei den Preisen doch erwarten kann. Ist etwas passiert, Herr Westphal? Ich hoffe, nichts Ernstes.«
»Das weiß ich noch nicht«, entgegnete Michael, woraufhin er von den letzten Testergebnissen berichtete, die mit denen der ersten Testreihe vollkommen identisch waren. »Haben Sie dafür eine Erklärung, Dr. Kolberg?«
Am anderen Ende der Leitung herrschte tiefes Schweigen. Wäre nicht im Hintergrund leise Entspannungsmusik zu hören gewesen, hätte er gemeint, die Verbindung sei unterbrochen.
»Sind Sie noch da?«, erkundigte er sich trotzdem.
»Ja, ja«, sagte Kolberg und fragte hörbar irritiert: »Wem ist das denn aufgefallen?«
Einem aufmerksamen Mitarbeiter, wollte Michael spontan darauf antworten, und es lag ihm bereits auf der Zunge, als er dachte: Was ist das überhaupt für eine Frage? Kolberg müsste erstaunt und überrascht sein und ihm versichern, dass es sich nur um einen Fehler handeln konnte. Wem das aufgefallen war, dürfte ihn im Moment herzlich wenig interessieren.
»Mir selbst«, sagte Michael deshalb.
»Ach so«, erwiderte Kolberg und fügte unterkühlt hinzu: »Ich werde das prüfen, wenn ich zurück bin.« Danach
beendete er sehr abrupt das Gespräch, weil angeblich die Masseurin mit ihrer ayurvedischen Massage fortfahren wollte.
Verwundert legte Michael auf. Dr. Kolberg hatte vollkommen anders reagiert, als er erwartet hatte. War doch Manipulation im Spiel? So, wie Martin Schuster es von Anfang an vermutet hatte?
Es klopfte an seine Bürotür. Frau Meierhöfer kam herein, um Neues von Martin Schuster zu berichten: »Ich habe seine Mutter erreicht und die gute Frau in helle Aufregung versetzt«, erzählte
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