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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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sonstigen Umständen. Wir kommen unterschiedlich schnell voran, will ich damit sagen. Versteht Ihr? Habt Ihr Euch schon für eine Koje entschieden?««
    Der enge Raum war mit schlichtem Holz getäfelt und verfügte über zwei Kojen, einen schmalen Tisch und eine kleine, hochliegende Luke. Die Laterne schwankte an ihrer Aufhängung, und ihr Lichtkegel erfasste mal diese, mal die gegenüberliegende Wand der Kajüte.
    Mirijam fiel auf, dass Lucia plötzlich außergewöhnlich blass aussah, die Kante des kleinen Tisches in der Mitte der Kajüte umklammerte und immer wieder für kurze Momente die Augen schloss.
    » Man kann wohl davon ausgehen«, sagte der argousin und trat einen Schritt näher zu Lucia, » dass eine normale Reise ohne Störungen annähernd zwei Wochen dauert. Einstweilen solltet Ihr, mein Fräulein, Euch schnellstens niederlegen. Die See bekommt Euch offenbar schlecht.«
    Kaum hatte er das gesagt, versagten Lucias Beine. Er konnte sie gerade noch auffangen und auf eines der Betten legen.
    » Lucia, was ist?«, fuhr Mirijam erschreckt auf.
    » Macht Euch keine Sorgen«, beruhigte sie der Zahlmeister, » nur die Aufregung und ein bisschen Seekrankheit. Hier, das bringt sie wieder zu sich.« Damit reichte er Mirijam eine kleine Porzellandose. Als Mirijam den Deckel anhob, fuhr sie entsetzt zurück. » Was für ein Gestank!«
    Vancleef lachte dröhnend. » Das weckt Tote auf, stimmt’s? Ein besonders wirksames Mittel gegen Übelkeit und Ohnmacht.« Er hielt Lucia die geöffnete Dose unter die Nase. Sogleich schlug sie die Augen auf, aber nur, um sie sofort wieder zu schließen. Sie stöhnte leise.
    » Ihr seid ein wenig seekrank, junge Dame, doch das vergeht. Bleibt ruhig liegen, ich besorge Euch gleich etwas Tee.«
    Lucia lag unter ihrer wollenen Decke und seufzte bei jedem Heben und Senken des Schiffes. Ihre Augenlider zuckten. Mirijam zog der Schwester Schuhe und Umhang aus, lockerte ihr Mieder und stopfte die Decke rundherum fest.
    Vancleef brachte einen Becher Tee. » Vorsicht, heiß!«, mahnte er. » Ich muss jetzt wieder nach oben. Kommt Ihr zurecht bis morgen früh?«
    Mirijam nickte und reichte den Becher an Lucia weiter.
    » Dann wünsche ich gute Träume. Und keine Sorge, Ihr seid hier in Sicherheit.«
    » Jetzt geht es also wirklich los«, flüsterte Lucia und blies in den Becher. Sie sah blass und müde aus, aber vielleicht lag das auch am Licht der schwankenden Laterne.
    Während Lucia bereits nach einigen Schlucken heißen Tees in einen unruhigen Schlaf sank, konnte sich Mirijam nur schwer beruhigen. Lucias Ohnmacht hatte sie zutiefst erschreckt. Von einem auf den anderen Moment fühlte sie sich plötzlich von allem Vertrauten verlassen und abgeschnitten. Das war ein scheußliches Gefühl, als sei sie plötzlich ausgesetzt. Hoffentlich ging es Lucia bald besser. Die Reise war lang und ohne die große Schwester … Mirijam hob den Kopf. Zum Glück atmete Lucia jetzt gleichmäßig, ein beruhigendes Geräusch in der kleinen Kajüte.
    Bei gutem Wind, aber begleitet von viel Regen und zumeist hohem Wellengang, segelten sie zunächst die französische, danach die westspanische und noch später die portugiesische Küste entlang. Sie steuerten auf die Meerenge zwischen Afrika und Spanien zu, auf jenen schmalen Durchlass, der den Weg ins milde Klima des Südens darstellte. Das Meer dort sei wütend und voller Gefahren, hatte Vancleef gesagt. Hätten sie die gefürchteten Strömungen und widrigen Winde an dieser Stelle aber erst einmal hinter sich gebracht, so lägen die prachtvollen Städte Andalusiens zum Greifen nahe.
    Tagsüber konnte Mirijam die Sacré Cœur und die Santa Katarina, die beiden vollbeladenen, plumpen Frachtschiffe der Van-de-Meulen-Companie, sehen, nachts jedoch schien die weite Wasserfläche völlig leer zu sein. Das unheimliche Gefühl, sie könnten womöglich die einzigen lebenden Seelen unter dem weiten Himmel sein, verging jedoch schnell, wenn die Seeleute der Freiwache, um einen Feuerkorb an Deck versammelt, Karten spielten oder Lieder sangen.
    Ihre Palomina war eine schlanke Zweimastgaleere, fünfzig Schritt lang, und zum Schutz des kleinen Konvois mit zwei Kanonen ausgestattet. Mittschiffs lagen Mannschaftsraum und Kombüse, während im Vorderkastell, noch vor dem Fockmast und hoch über der vergoldeten Rammnase, sowie im Achterkastell die Kajüten der Soldaten untergebracht waren. Neben den beiden Lateinersegeln sorgten Ruderer an armdicken Riemen für schnelles Fortkommen.

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