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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Augen ein Gespinst von hellen Fältchen ab, die über die Schläfen strahlten, bis sie in den wirren Locken verschwanden. Eine dieser Locken lag auf seiner Wange. Ein Bein hing über der Bettkante, ein kräftiges, behaartes Bein mit deutlich sichtbaren Muskelsträngen und einem starken Knie. Alles andere war unter Decken und zerwühlten Laken verborgen. Er war ein muskulöser Mann, doch offenbar brauchte sie vor seiner Kraft keine Angst zu haben.
    Erneut kamen ihr Szenen der vergangenen Nacht in den Sinn. Hatte Miguel sie zu etwas gezwungen, was sie selbst nicht wollte? Hatte er irgendwann zu fest zugepackt? War er grob geworden, oder hatte er die Kontrolle über sich verloren? Im Gegenteil, er war rücksichtsvoll und vorsichtig mit ihr umgegangen. Er würde seine Stärke nie gegen sie einsetzen. Vielleicht besaß er sogar die Macht, die Erinnerung an den Kerker damals auszulöschen.
    Mirijam konnte den Blick nicht von ihm lösen. Einen Augenblick lang tauchte Cornelisz vor ihrem inneren Auge auf, ihr Prinz, den sie von Kindheit an als ihren Ehemann ausersehen hatte. Wie oft hatte sie von ihm geträumt!
    Nun waren es keine goldenen Locken, die dort auf dem Kissen lagen, dachte sie, auch die Hände waren alles andere als fein oder zartgliedrig wie die von Cornelisz, aber Miguel war ein guter und liebenswerter Mann. Und er liebte sie, zärtlich und machtvoll zugleich. Im Vergleich dazu war die Liebe, die sie für ihn empfand, noch jung, wie ein zartes Pflänzchen. Aber wenn sie erst vertrauter miteinander waren, würde sie wachsen, dessen war sie sicher.
    Ein leises, kaum hörbares Kratzen hinter der Tür unterbrach ihre Überlegungen. Sie öffnete vorsichtig und entdeckte ein Tablett mit Säften, Tee und Honig, mit Obst, frischem Brot, Gebäck und köstlichem Konfekt. Es stand vor der Tür auf dem Boden und stammte aus ihrem Hause, wie sie an der Auswahl erkannte. Cadidja, ihre fürsorgliche Köchin, wusste eben genau, was ihr schmeckte und hatte das Tablett herübergeschickt.
    Mirijam lächelte und machte es sich mit einem Glas Tee gemütlich. Aus der Kleidertasche nahm sie die Briefe ihrer Mutter und suchte eine ihrer Lieblingsstellen.
    » … mit all meiner Kraft will ich dieses Versprechen halten! So wie ich dem Ewigen danken will für seine Gnade, und für das Kind unter meinem Herzen, sollte Gesa die Zeichen wirklich richtig gedeutet haben. Aber warum sollte sie sich irren? Einen Sohn und Nachfolger für meinen guten Andrees oder ein kleines Mägdelein, das mir nicht von der Seite weicht – mein Herz tanzt vor Freude! Vielleicht ist die Zeit der Prüfungen nun endgültig vorüber, und der Ewige wird mir das Glück schenken …«
    » Frau, woher hast du das Frühstück?«, tönte es plötzlich vom Bett herüber. » Und warum gibst du mir nichts davon? Willst du deinen Mann auf seinem einsamen, kalten Lager etwa hungern lassen?«
    Mirijam schreckte hoch. Miguels Haare standen nach allen Seiten ab, und er tat mürrisch, aber seine Augen strahlten.
    » Keineswegs, werter Gemahl«, lachte Mirijam und sprang auf. » Man sagt, hungrige Männer seien unausstehlich. Meine Köchin wusste das offenbar und sandte uns in weiser Voraussicht diese Speisen.«
    » Sie sollte zur Oberköchin befördert werden. Aber nun komm her, mein Appetit ist nämlich schier unbezwingbar!«
    Wie sich zeigte, hatte Miguel allerdings weniger auf Obst und Kuchen Appetit. Sollte sie schnell eine der Pillen einnehmen? Doch ermutigt durch die lustvollen Überraschungen der vergangenen Nacht verzichtete Mirijam darauf. Lieber vertraute sie sich Miguels kundigen Händen und Lippen an.

54
    Erst später kam Mirijam endlich zu ihrem Vorhaben. Hastig und zunächst ein wenig durcheinander begann sie, Miguel von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Sie wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen. Was, wenn sie mittendrin der Mut verließ? Doch je länger sie redete, desto klarer wurde der Bericht über die Eltern, die Kindheit in Antwerpen und den Überfall durch die Piraten.
    » Deus, was für eine unglaubliche Geschichte!«, staunte Miguel. Während er Mirijams Bericht lauschte, hatte er das Tablett leer geputzt. » Also aus Antwerpen stammst du? Ich war noch nie in Antwerpen, aber es soll eine schöne Stadt sein, das hat mir ein guter Freund erzählt. Van de Meulen, van de Meulen … Ich weiß genau, ich habe schon von diesem Handelshaus gehört, aber im Augenblick will mir partout nicht einfallen, in welchem Zusammenhang.« Zärtlich legte er

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