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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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entsprechend begehrt. Und zwar für die Herstellung von Kanonen. Man benötigt es auch für andere Waffen, aber besonders für Kanonen. Wer Zinn fördert oder damit handelt, kann im Moment beinahe jeden Preis dafür verlangen.«
    Mirijam schüttelte den Kopf. » Ja, existiert das Handelshaus van de Meulen denn immer noch? Was weißt du darüber?«
    Miguel stand am Tisch und trank einen Schluck Wein. Dabei betrachtete er Mirijam nachdenklich. Schließlich setzte er sich wieder zu ihr auf die Bettkante. » Wie, sagtest du gleich, ist dein richtiger Name?«
    » Mein Geburtsname lautet Mirijam van de Meulen, Tochter von Andrees van de Meulen und seiner zweiten Ehefrau Lea, einer geborenen Cohn.« Sie strahlte. Zum ersten Mal seit unendlich langer Zeit hatte sie ihren richtigen Namen laut ausgesprochen. » Ich bin Mirijam!«
    » Mirijam? Ein hübscher Name, er gefällt mir.« Miguel kostete den Klang des Namens wie eine gute Speise oder einen edlen Wein. » Und deine Mutter hieß Lea? Und jener Onkel deiner Mutter, der, der auf der Flucht ermordet wurde, wie war sein Name? Von Joaqim, dem Schmuggler wurde er getötet, habe ich das richtig verstanden?«, fragte er schließlich.
    Mirijam nickte. » Ja, der Onkel hieß Jacob Cohn, so steht es in den Briefen meiner armen Mutter. Du kannst sie gern selbst lesen.« Damit wies sie hinüber zum Tisch.
    Miguel winkte ab. » Du entstammst also einer jüdischen Familie, die aus Spanien geflohen ist?«
    Erleichtert nickte Mirijam, endlich hatte Miguel alles richtig verstanden. Sie zog die Knie an und schlang die Arme darum. Nun würde sich zeigen, was er darüber dachte und ob er ihr das lange Schweigen verübelte. Miguel aber nahm seine Wanderung in der Kajüte wieder auf.
    » In einem ihrer Briefe hat meine Mutter ihren Onkel genau beschrieben, sein fröhliches Wesen und ein überaus hässliches Feuermal, das sein Gesicht verunstaltete.«
    Immer noch sagte Miguel nichts. Sein abwesender Blick irrte an Mirijam vorbei zum Fenster. » Vater war Flame«, fügte Mirijam leise hinzu.
    Miguel wedelte ungeduldig mit der Hand. » Jacob Cohn, Jacob Cohn, ich bin sicher, den Namen habe ich schon irgendwo gehört«, grübelte er vor sich hin. » Aber wie soll das zugegangen sein, wenn er seit Jahren tot ist?«
    » Vaters Notar, hast du vergessen? Er nennt sich so. Der Abu glaubt, der Advocat könnte ein Schwindler sein, ein elender Betrüger, der diesen ehrenwerten Namen missbraucht.«
    Plötzlich starrte Miguel sie mit großen Augen an. Dann riss er die Kleider vom Haken und fuhr in sein Hemd.
    » Komm, Frau, kleide dich an. Wir müssen an Land und mit dem Sherif sprechen.«
    » Jetzt?«
    » Ganz recht, jetzt. Mir fällt nämlich endlich alles wieder ein. Das Haus van de Meulen gibt es in der Tat noch. Sein heutiger Inhaber heißt Cohn, genannt der Advocat. Ich muss unbedingt wissen, was dein Abu in Erfahrung gebracht hat. Denk doch nur an das Zinn für die Kanonen und an die Gerüchte, den Handel mit den elenden Osmanen betreffend!«

55
    MOGADOR 1527
    Auf der einen Seite war Miguel auch nach diesen sechs Monaten noch wie verzaubert und sein Leben nie so süß gewesen. Andererseits jedoch verhielt sich sein geliebtes Eheweib leider nicht immer so, wie er sich das wünschte. Das wurmte ihn, und zwar von Tag zu Tag mehr.
    Dass seine Frau eine höchst ungewöhnliche Lebensgeschichte und zwei verschiedene Namen hatte – die einen nannten sie Lâlla Azîza, von ihm wollte sie jedoch mit ihrem Geburtsnamen Mirijam gerufen werden –, das störte ihn nicht. Dass sie eine jüdische Mutter hatte und demnach selbst Jüdin war, das störte ihn ebenso wenig, schließlich war eine Religion so gut wie die andere. Eigentlich hätte ihn nichts an ihr gestört, wenn da nicht ihr Eigensinn gewesen wäre, der aber letztlich nur aus ihrer Gelehrsamkeit folgte. Sie verfügte über eine Bildung, die ihn zum Staunen brachte. Dabei wusste doch jeder, dass der Verstand von Frauen in der Regel kaum ausreichte, um mehr als einfache Zusammenhänge zu verstehen. Sie jedoch konnte die kompliziertesten Sachverhalte erfassen und begreifen und wusste über die unzähligen Dinge, die in Sîdi Alîs dicken Büchern und Folianten niedergeschrieben waren, genauestens Bescheid. Aber zu welchem Zweck, fragte er sich des Öfteren, wozu sollte solch immenses Wissen bei einer Frau eigentlich nützlich sein? Oder hatte schon jemals irgendjemand auf der Welt von einer Mathematikerin, Navigatorin oder Astrologin gehört? Mittlerweile

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