Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
aus der Wüste. Ihr werdet sehen, es nimmt den Schmerz im Nu und verhindert außerdem die Blasenbildung.«
Mirijam nickte mit zusammengebissenen Zähnen. » Schick auch jemanden zur Kalkbrennerei, Cadidja, dort steht eine Flasche mit Johannisöl sowie ein Krug mit Nelkenwurz-Aufguss für kalte Umschläge. Ich brauche beides.«
» Das kann ich machen. Haditha wird inzwischen bei Euch bleiben und Euch zur Seite stehen.«
» Nein!« Mirijam konnte gerade noch einen Aufschrei unterdrücken. » Nein«, sagte sie noch einmal, diesmal leiser. » Schick jemand anderen los.«
Konnte sie der Köchin trauen? Schließlich hatte auch Cadidja ihr gegenüber nichts von einer Gefahr verlauten lassen. Sie entstammte selbst einer Berberfamilie und unterstützte vielleicht diese Befreiungskämpfer. Gab es denn überhaupt noch jemanden, auf den sie sich verlassen konnte? Musste man wirklich mit einem Überfall auf Mogador rechnen, oder handelte es sich bei Hadithas Gerede nicht doch eher um Wichtigtuerei? Das Kind in ihrem Leib bewegte sich, und unwillkürlich schlang Mirijam die Arme um den Bauch.
Cadidja starrte sie mit aufgerissenen Augen an. Sie sah die Gedanken über Mirijams Gesicht jagen, doch wie sollte sie verstehen, was ihre Herrin bewegte?
» Schick, wen du willst, dich brauche ich hier«, presste Mirijam schließlich hervor. » Und bereite neuen Wein für den Hakim. Hat er gegessen?«
» Ja, Herrin, von allem ein wenig!« Die Köchin strahlte. » Und ich sollte das Tablett sogar in seiner Reichweite stehen lassen, falls er später noch etwas essen möchte. Ich glaube fast, es geht ihm ein wenig besser.«
» Sehr gut.«
Ununterbrochen schöpfte Mirijam kaltes Wasser über die Beine. Es sammelte sich auf dem Boden, zwischen den Binsen und Kräutern, so dass sie bald inmitten einer riesigen Pfütze saß und ihre hochgeschlagenen Kleider bis zur Taille durchnässt waren. Sobald sie jedoch aufhörte, die verbrannte Haut zu kühlen, wurde der Schmerz schier unerträglich.
» Wenn Abdel zurück ist, werde ich ihn sogleich zu den Öfen schicken. In der Zwischenzeit bereite ich neuen Wein für den Sherif«, verkündete Cadidja und trug geschäftig die Zutaten zusammen. » Mit Allahs Hilfe wird alles gut.« Kurz darauf holte sie frisches Brunnenwasser und füllte zwei Holzeimer. Dankbar setzte sich Mirijam auf einen Hocker, stellte in jeden der Eimer einen Fuß und fuhr fort, ihre Beine zu kühlen. Abu Alîs Stimme drang zu ihnen in die Küche.
» Geh zu ihm«, sagte Mirijam. » Erzähl ihm von meinem Missgeschick, er wird sowieso etwas bemerkt haben. Aber versichere ihm, dass es mir gut geht, hörst du?«
» Ja, Herrin. Wenn der Junge das Kamelwasser bringt, werde ich Euch mit den Verbänden helfen.« Vorsichtig füllte die Köchin den heißen Wein in einen Krug, bedeckte ihn mit einem sauberen Tuch und verließ die Küche.
Für einen Augenblick ließ Mirijam die Hände sinken. Die Verbrennungen und die Schmerzen waren das eine, das würde irgendwann vergehen, wusste sie. Je länger sie jedoch darüber nachdachte, desto beunruhigender kam ihr das Gerede über einen Angriff und über diese mysteriösen Befreiungskrieger vor. Befanden sie sich tatsächlich in Gefahr? Wenn doch Miguel hier wäre! Ihn brachte so schnell nichts aus der Ruhe. Außerdem kannte er sich auch außerhalb von Mogadors Mauern gut aus, er würde wissen, was von Haditahs Bemerkungen zu halten war. Ihren Abu jedenfalls konnte sie nicht um seine Meinung fragen, der Arme war im Moment wirklich nicht belastbar. Würde man es wagen, ihn aus der Stadt zu verjagen? Aber nein, versuchte sie sich zu beruhigen, Abu Alî war ein angesehener Mann in Mogador, jedermann suchte seinen Rat und bat ihn um Hilfe. Seit Jahren schon lebten sie beide an diesem Ort, arbeiteten mit den Leuten zusammen, man aß und trank miteinander, man kannte sich. Andererseits, dachte sie erneut, was sollte sie davon halten, dass in den vergangenen Tagen niemand eine Andeutung gemacht hatte? Wenn sie Hadithas Worten Glauben schenkte, so waren sein und ihr Leben ernsthaft bedroht.
Ein Schatten verdunkelte die Tür.
» Endlich! Hast du das Kamelwasser bekommen, Abdel?« Als sie keine Antwort erhielt, hob Mirijam den Kopf.
Ein groß gewachsener Fremder stand in der Küche, ein Beduine mit Gesichtsschleier, dessen helle Augen auf sie gerichtet waren.
Hastig schob sie die Kleider über ihre nackten Beine, zog den verrutschten Schleier zurecht und richtete sich auf dem Hocker auf. » Was
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