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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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er dankte Allah aus tiefster Seele, dass er ihm dieses Wesen anvertraut und unter seinen Schutz gestellt hatte. Er fühlte sein Herz erzittern.
    Diesmal war es keine normale Erkrankung, das wusste er. Er fühlte sich unendlich erschöpft, und die Vorstellung, nicht länger zu kämpfen, sondern einfach dazuliegen und für immer einzuschlafen, wurde mit jedem Tag verlockender. Im Laufe der letzten Monate hatte der Tod sein Gesicht geändert und war ganz allmählich zu einem willkommenen Freund geworden. Doch noch durfte er sich nicht aufgeben. Mochte er auch müde sein, und mochte sein Leben dahinrinnen wie Sand in einem Stundenglas – er musste die letzten Körner unbedingt noch eine Weile zurückhalten. Azîza brauchte ihn, zumindest so lange, bis der Kapitän wiederkam.
    Cadidja stand an der Tür, in den Händen ein Tablett mit vielen kleinen Tellerchen. Sie waren gefüllt mit Stücken von goldgelb gebackenen Meeresfischen auf gedünstetem Couscous, mit zarten Lammfilets in Weinsoße und Täubchenbrust mit gehackten Mandeln, alles kräftig gewürzt, dabei aber butterzart, wie er es gern aß. Düfte von Zimt, Oliven und Koriander, von Honig, Nelken und Piment zogen durch den Raum und kitzelten seine Nase. Es handelte sich um Speisen, die er sich, wäre er sein Arzt gewesen, ebenfalls verordnet hätte, da sie unbestritten kräftigende Wirkung hatten. Er wusste, er sollte etwas davon zu sich nehmen. Essen und trinken bedeutete, am Leben teilzuhaben.
    » Bismillah, ich möchte essen. Bitte bringt mir auch etwas heißen Gewürzwein«, bat er mit leiser, aber fester Stimme. » Der wird mir guttun.«
    » Ja, Abu, sofort.« Nur zu gern erfüllte Mirijam jeden seiner Wünsche, zeigten sie ihr doch, dass sein Lebenswille ungebrochen war.
    Niemand befand sich in der Küche. Auf den Regalen und in den tiefen Mauernischen stapelten sich Platten, Teller, Gläser und Schalen, neben einem breiten Becken standen tönerne Amphoren mit frischem Wasser bereit, und über der Feuerstelle hingen eiserne Pfannen und Töpfe an Haken. Der feine Lehmboden glänzte wie poliert an den Stellen, wo er nicht mit frischen Kräutern bestreut war, die unter ihren Füßen würzige Düfte verströmten.
    Mirijam war froh, einen Moment für sich allein zu sein. Sie sank auf einen Hocker neben der Feuerstelle und stützte ihren Kopf in die Hände. Schon wieder musste sie mit den Tränen ringen. Seitdem sie ein Kind erwartete, passierte es häufig, dass sie mit rasch wechselnden Gefühlen zu kämpfen hatte. Aisha meinte, das wäre immer so, sie aber wusste, es lag daran, dass Miguel nun schon seit über fünf Monaten nicht bei ihr war. Sie hatten sich damals nicht einmal richtig voneinander verabschiedet, da er ursprünglich von Santa Cruz aus noch einmal in Mogador hatte Station machen wollen. Diesen Plan hatte er allerdings fallen gelassen, ohne triftigen Grund, wie sie meinte. In einer Botschaft hatte er ihr lediglich mitgeteilt, sie solle sich auf eine nette Überraschung gefasst machen, er würde ihr einen Boten schicken, ansonsten wünsche er ihr alles Gute bis zu seiner Rückkehr. Bis heute hatte sie allerdings weder einen Boten empfangen noch eine Überraschung von ihm erhalten, und auch er selbst war immer noch nicht wieder zurück! Zwei, höchstens drei Monate, hatte er gesagt … Wo blieb er nur? Hoffentlich ging alles gut. Natürlich wusste sie, dass die Santa Anna ein zuverlässiges Schiff war, und Miguel als erfahrener Kapitän war bestens gewappnet, mit den Tücken der See zurechtzukommen. Dennoch, die Winterstürme vor der spanischen und der französischen Küste waren berüchtigt. Außerdem – Antwerpen! Was ihn dort erwartet haben mochte?
    Sie hatte ihn zwar zu dieser Reise ermutigt, weil sie seine Unrast gespürt hatte, aber eigentlich hatte sie das sofort bereut. Wäre er doch hiergeblieben!
    Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich ängstlich und niedergeschlagen. Schließlich bekam man nicht jeden Tag ein Kind, vor allem aber quälte sie ihre Sorge um den Abu. Wie sehnte sie sich da nach Miguels starken Armen!
    Vorsichtig entfernte Mirijam die Asche über der Glut, legte Holzkohle nach und blies hinein, um das Feuer zu entfachen. Dann füllte sie Wein, Honig und Gewürze in einen Topf und stellte ihn auf das dreibeinige Gestell über der offenen Flamme. Der Wein durfte nicht kochen, er musste im Gegenteil besonders langsam erhitzt werden, damit sich die heilbringenden Öle und anderen Wirkstoffe der Gewürze gut entfalten

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