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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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von seinen Händen aus, die sie liebevoll hielten, sie stützten und ihr die Locken aus der Stirn strichen? Sie flüchtete doch nur in die Arme und unter den Schutz eines guten Freundes, oder nicht? Und seine Gefühle ihr gegenüber waren doch rein brüderlicher Art? Doch über diese Empfindungen gründlicher nachzudenken oder gar an Miguel, schmerzte, und so vermied sie es nach Kräften.
    Wie früher sprach Cornelisz immer noch am liebsten über seine Malerei. Mehr als alles andere beschäftigten ihn Maltechniken, die Anfertigung von Farben und natürlich die Wirkung seiner Malkunst. Jede Farbnuance wurde wegen ihres speziellen Effektes eingesetzt, erfuhr Mirijam, besonders wichtig zum Beispiel für die Darstellung menschlicher Haut. Oder er erläuterte seine Schwierigkeiten, das Meer in seiner Vielfalt zu erfassen … Welches Thema er auch anschnitt, Mirijam war es recht. Wenn sie mit ihm zusammen war, fühlte sie sich nicht allein, und das zählte. Ihretwegen hätte es so weitergehen können.
    Nur manchmal, wenn sie in den Abendstunden allein das Grab ihres Abu aufsuchte – was von den Dorfleuten nicht gern gesehen wurde, da solche Trauerbekundung den Willen Allahs in Zweifel zog, denn dieser hatte für alle Menschen das Richtige vorherbestimmt –, streiften sie Gedanken an Aufbruch oder Neubeginn, wie der Abu gesagt hätte. Wie sie ihn gerade jetzt vermisste! Lange saß sie neben dem flachen Erdhügel auf dem Boden, eine Hand auf ihrem wachsenden Leib, um die Bewegungen des Kindes zu fühlen, und hielt Zwiesprache mit ihrem Abu.
    Hin und wieder verspürte sie dabei so etwas wie eine Aufforderung, sich der Zukunft zuzuwenden. Der Tag würde kommen, das wusste sie, aber jetzt fühlte sie sich nicht imstande, Entscheidungen zu treffen. Nach Mogador konnte sie nicht mehr zurück, mit Verrätern wollte sie nichts zu tun haben, das zumindest war ihr klar. Santa Cruz war ihr ebenfalls verschlossen … Am besten, sie blieben hier, in diesem friedlichen Nest am Rand der Klippen!
    Das Wetter wurde stürmisch und kälter, und wie häufig im zeitigen Frühjahr peitschte eisiger Regen gegen die Mauern der kleinen Häuschens. Bis jetzt hatte Mirijam keine Kraft gefunden, am Dorfleben teilzunehmen, entweder war sie mit Cornelisz zusammen, oder sie blieb für sich, auch wenn Cadidja das nicht gefiel. Cadidjas Mutter versorgte sie mit dem Nötigsten, die Leute im Dorf waren respektvoll, aber reserviert, und selbst die Kinder hielten sich abseits. Man sprach über das Wetter und den Fischfang, nicht jedoch über wichtige Angelegenheiten, jedenfalls nicht in ihrer Gegenwart. Vor allem redete niemand über die Kampfhandlungen mit den Portugiesen. Wurde überhaupt noch gekämpft? Oder waren inzwischen die Berber längst Herr im Lande und das Leben hatte sich grundlegend geändert? Und was, wenn im Gegenteil die Portugiesen gesiegt hatten und alles beim Alten geblieben war? Obwohl die Fischer vermutlich besser Bescheid wussten, erfuhr selbst Cornelisz nichts.
    » Angeblich wissen sie rein gar nichts über den Aufstand oder wie die Kämpfe stehen, diese Fischer«, brach es eines Abends aus ihm heraus. Mirijam saß auf dem Bett und löffelte eine Suppe aus Milch und Ei, während Cornelisz in der Tür stand und unruhig mit den Fingern auf dem Holz trommelte.
    » Ich frage mich, ob ich mich nach Santa Cruz durchschlagen soll. Das hätte ich vermutlich schon längst tun sollen, meinst du nicht auch? Schließlich können wir nicht ewig hierbleiben. Ja, das werde ich tun. Kannst du mir Geld mitgeben? Ich bin ja leider mittellos, und wie du weißt, kosten gewisse Informationen ein kleines Handgeld.«
    Mirijam hob den Kopf. Hatte Cornelisz tatsächlich » wir« gesagt? Sie tastete nach dem Lederband unter ihrem Kleid, an dem der rote Ring befestigt war. Sie trug ihn zurzeit nur selten an der Hand. Zwar ängstigte sie das Rot des Steins nicht mehr wie früher, hingegen waren ihre Finger in letzter Zeit merklich dünner geworden. Bis auf ihren Bauch, der jeden Tag runder wurde, war sie doch recht abgemagert. Das kam von ihrem Kummer, sagte sie sich, und von der Sorge um die Zukunft. Nun also wollte auch Cornelisz fort … » Natürlich, mach das. Vielleicht kannst du deine Malsachen mitbringen?« Er hatte » wir« gesagt. Was bedeutete das? Und warum sehnte sie sich nicht stärker nach Miguel, nach seinen Armen und seiner Kraft? Weil er zu lange überfällig war? Was, wenn ihm ein Unglück zugestoßen war? Der Advocat, zum Beispiel, hatte er

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