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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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die Antwort. Einige der Frauen kamen heran und scharten sich um Mirijam. Auch die Zwergin rückte ein Stück näher.
    » Mich nennt man Mutter Rosario. Und du? Sag mir, wer du bist. Woher kommst du?«
    Wieder öffnete Mirijam den Mund und versuchte zu sprechen. Aber auch dieses Mal kam kein Laut aus ihrer Kehle, noch nicht einmal ein Krächzen.
    » Kannst du mich hören?«, fragte die Alte und forschte in Mirijams Gesicht. Mirijam zögerte, dann nickte sie. Warum nur konnte sie nicht sprechen?
    » Mach den Mund auf«, befahl die Zwergin. Gehorsam öffnete Mirijam den Mund und ließ sich von der Frau, die sich Mutter Rosario nannte, untersuchen.
    » Hm, man sieht reinweg gar nichts. Ist alles so weit heil und intakt.« Mutter Rosario tastete Mirijams Hals und Kehle ab, dann sah sie sie eine Weile nachdenklich an. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. » Weiß auch nicht. Na, dann wirst du uns wenigstens nicht die Ohren volljammern.« Die anderen Frauen johlten.
    » Es ist noch Salbe übrig. Dreh dich um. Zeig mir dein Ärschlein und spreiz die Beine«, befahl die Alte. Ohne auf die feixenden Frauen zu achten, zogen ihre runzeligen, schmutzigen Hände mit den eingerissenen Nägeln eine gelbliche Tierblase aus einer verborgenen Rocktasche.
    Mirijam spürte, dieser alten, verwachsenen Frau konnte sie trauen, sie war wahrscheinlich die Einzige hier, die es gut mit ihr meinte. Und während eine der anderen Frauen in einer Ecke der Zelle ihre Röcke hob und sich im Stroh erleichterte, tat Mirijam, wie ihr geheißen. Sie musste würgen, doch trotz Scham und Ekel reckte sie der Alten ihr Hinterteil entgegen und ließ ihre Wunden versorgen.
    Es tat weh, es brannte sogar wie Feuer. Doch das machte ihr nichts aus, dachte sie und biss die Zähne zusammen. Gar nichts machte ihr mehr etwas aus, noch nicht einmal, nicht sprechen zu können. Sie durfte bloß nicht darüber nachdenken. Und war es nicht auch irgendwie richtig, dass sie verstummt war? Es gab sowieso keine Worte für das, was der Mann ihr angetan hatte.
    Am nächsten Morgen erschien ein Kerkermeister mit zwei seiner Wärter in der Zelle. Ihre Fackeln flackerten über die im Stroh kauernden Frauen. Nein, nicht, nicht noch einmal! Entsetzt kroch Mirijam aus dem Lichtkreis ins Dunkel. Wenn sie dasselbe noch einmal durchleiden müsste, würde sie sterben. Sie duckte sich hinter den Frauen. Der Kerkermeister entdeckte sie dennoch.
    » Du da!«, rief er. » Komm her, Mädchen, du gehst zum Souq.« Er warf eine sackähnliche Kutte ins Stroh und ein Tuch dazu. » Zieh das an und komm!«, befahl er und wandte sich zum Gehen. Souq? Dieses Wort hatte sie schon irgendwo gehört, bedeutete es nicht Markt?
    » Du Glückliche!«, sagte die alte Zwergin. » Überall ist es besser als hier drin! Ich rate dir, nutze die Gelegenheit. Hier, deine Sachen.« Blitzschnell steckte sie Mirijam ein kleines Bündel zu.
    Wie aus dem Nichts war es plötzlich wieder da! Staunend betrachtete Mirijam das schmale Päckchen ihrer Mutter. Niemand hatte es gestohlen, und anscheinend hatte es auch keiner geöffnet. Zu gern hätte sie der Alten gedankt, doch immer noch konnte sie kein Wort herausbringen.
    » Schon gut«, sagte die alte Frau, die sie beobachtet hatte, und schob sie Richtung Zellentür. » Lass nur. Du kannst auch die Decke behalten. Wer weiß, ob du sie nicht dringender brauchst als wir.«
    Hastig warf Mirijam die Kutte über, wickelte das Päckchen in die Decke und klemmte sie sich unter den Arm. Die Beine wollten ihr kaum gehorchen. Unbeholfen, mit wie Feuer brennendem Unterleib stolperte sie durch das dunkle Labyrinth der stinkenden Gänge und Treppen den Wärtern hinterher.
    Draußen ging ein kalter Nieselregen nieder. Tief sog Mirijam die saubere Luft ein, bevor sie die Decke über Kopf und Schultern legte.
    Eine Handvoll Gefangener wurde gerade zusammengescheucht, Männer, Frauen und Kinder, die man mit Stricken aneinanderband. Sie mussten von früheren Raubzügen stammen. Mirijam wurde zu den Frauen getrieben und musste sich fesseln lassen, doch wenn das bedeutete, diesem Schreckensort zu entkommen, war es ihr recht. Das Tor der Festung spie weitere armselige Kreaturen aus, Menschen unterschiedlichen Alters und Hautfarbe. Einige der Gesichter kamen ihr bekannt vor. Es schienen Männer von der Palomina zu sein. Mit dem einen oder anderen hatte sie sogar gesprochen, meinte sie sich zu erinnern.
    Einige der Frauen weinten, andere trugen ihr Los mit versteinerter Miene. Manche waren

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