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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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ehrlicher Händler. Deshalb sage ich Euch, wie es ist, Herr: Dieses Kind ist stumm. Aber ist das nicht eine Gnade? Macht nicht gerade dies sie zu einer besonders angenehmen Sklavin? Bedenkt, Sherif, bedenkt, edler Herr, von ihr werdet Ihr niemals Widerworte oder lautes Geplapper hören. Zudem isst sie nur wie ein Spatz.« Damit grinste er den Kaufinteressenten an und nannte dienernd seinen Preis.
    Der Mann nickte, trat näher heran und strich Mirijam noch einmal prüfend über Rücken und Bauch. Er legte ihr die Hand unter das Kinn, hob ihr Gesicht an und ließ den Sklavenhändler ihren Mund öffnen. Mirijam hielt die Augen geschlossen, während die Männer ihre Zähne untersuchten. Immer noch hatte sie das Gefühl, alles wie durch einen Nebel zu sehen.
    Der Mann hob ihren Kittel hoch. Er versuchte, ihre Knie auseinanderzudrängen und seine Hand zwischen ihre Beine zu schieben. Seine Finger tasteten sich an den Innenseiten der Oberschenkel nach oben.
    Mit einem Schlag riss der Nebel auf, und Mirijam kam zu sich. Und bevor sie überlegen oder gar irgendetwas beschließen konnte, stieß sie den Mann heftig gegen die Brust, so dass er rücklings in den Staub fiel.
    Einen Wimpernschlag später hatte ein Faustschlag des Sklavenhändlers sie ebenfalls zu Boden gestreckt. Sie lag vor dem Podest auf dem Boden. Auf der Zunge schmeckte sie neben dem Dreck den rostigen Geschmack von Blut. Der Sklavenhändler bemühte sich um den Käufer, der laut schimpfte und sich die Brust rieb. Gerade fragte sie sich, ob sie noch alle Zähne im Mund hatte, als ihr ein alter Mann auf die Füße half.
    » Aber, aber, Kleines, diese Herren schätzen eine derartige Entschlossenheit bei einem Mädchen nicht gerade.« Der Alte trug ein wollenes, sandfarbenes Gewand und einen grünen Turban. Er schüttelte den Kopf, und seine Stimme klang tadelnd, doch seine blauen Augen glitzerten amüsiert. Er klopfte Mirijam den Schmutz ab, reichte ihr ihre Decke und betrachtete dabei aufmerksam ihr Gesicht.
    In diesem Moment trat der Sklavenhändler näher und hob die Peitsche, um Mirijam damit Gehorsam beizubringen.
    » Halt!«, fiel ihm der Alte in den Arm. » Halt ein, mein Freund. Ich werde dir zu Hilfe kommen und sie dir abnehmen. Bei mir in der Küche wird sie schon Gehorsam lernen«, sagte er. Aus den Tiefen seines Gewandes zog er eine Börse hervor. » Nimm diese fünf Dinar, und ich erlöse dich auf der Stelle von deiner ungebärdigen Sklavin.«
    Und im Handumdrehen, bevor der verhinderte Käufer oder der Sklavenhändler Einwände erheben konnten und bevor auch Mirijam wusste, wie ihr geschah, packte der Alte sie fest an der Hand und verließ mit ihr den Sklavenmarkt.

16
    Mit wehendem Umhang und langen Schritten eilte der Alte mit Mirijam an der Hand durch die Straßen. Ihr Kopf schmerzte vom Hieb des Sklavenhändlers und dem Sturz vom Podest. Dann taten ihr die Füße weh und der Rücken und der Unterleib und … Eigentlich tat ihr alles weh! Außerdem fror sie, und anstatt zu wärmen, lag die regennasse Decke schwer und kalt auf ihren Schultern. Am liebsten wäre sie keinen Schritt weitergegangen, hätte sich irgendwo verkrochen und geweint.
    Wohin lief er eigentlich? Er erzählte etwas von sofortigem Aufbruch, und dann wieder fragte er, ob es dafür nicht bereits zu spät sei. Redete er mit sich selbst oder mit ihr? Auch er sprach Französisch, wie viele hier, jedenfalls die Händler, und wie selbstverständlich ging er davon aus, dass sie ihn verstehen würde. Mirijam jedoch verstand zwar die Sprache, den Sinn seiner Worte hingegen kaum. Was war chekaoui, und was bedeuteten funduk, grand erg oder tadakilt? Je mehr er sprach, desto weniger begriff sie und umso größer wurde ihre Verwirrung. Schließlich gab sie es auf.
    Was wollte dieser Fremde von ihr? Er hatte so getan, als stelle er sich schützend vor sie, aber dann zahlte er dem Händler Geld für sie. War sie jetzt seine Sklavin? Er war schon ein alter Mann, vielleicht könnte sie ihm entwischen, sich irgendwo in diesem Durcheinander verstecken und dann nach Lucia suchen.
    Als habe er ihre Gedanken gelesen, packte der Alte ihre Hand noch ein wenig fester. Er legte sogar den Arm um ihre Schultern, als sie auf ein prächtig verziertes Tor in der Stadtmauer zugingen, und ignorierte dabei ihr unwillkürliches Zurückweichen.
    » So, da wären wir ja schon beim Bab-al-garb , Algiers westlichem Stadttor«, erläuterte er. » In der Karawanserei dort hinten warten mein Diener, die Packesel und mein

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