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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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sprachkundige ehemalige Sklave angewidert Mirijams Zelle. Er rümpfte die Nase, bevor er einen vorsichtigen Schritt machte, wobei er sorgfältig darauf achtete, sein Gewand nicht mit dem Dreck dort in Berührung zu bringen.
    » Name?«, fragte er kurz angebunden auf Französisch. » Wo bist du geboren? Wie heißt dein Vater?«
    Als das Mädchen nicht antwortete, verdrehte er gelangweilt die Augen zur Decke und wiederholte seine Fragen auf Spanisch. Was für ein abscheulicher Kerl! Er hatte selbst als Sklave gelebt, wohl deshalb bereitete es ihm sichtlich Genugtuung, sie in ihrem Unglück zu sehen.
    Mirijam kauerte in der hintersten Ecke. Sie schwieg, verzweifelt vor Ratlosigkeit. Sollte, musste sie nicht jetzt endlich ihren wahren Stand nennen, ihren Namen und den von Lucia? Doch was, wenn Kapitän Nieuwers Warnung zu Recht bestand? » Wenn dir dein Leben lieb ist, so schweig«, hatte er gesagt. Ob er das ehrlich gemeint hatte? Das war mehr als fraglich, wenn sie sein schändliches Verhalten bedachte. Andererseits wäre er an einem Lösegeld für Lucia und sie doch vermutlich beteiligt, mit seiner eindringlichen Ermahnung beraubte er sich also selbst. Darauf konnte sie sich einfach keinen Reim machen. Und wenn seine Warnung lediglich für die Zeit an Bord der Galeere gegolten hatte, hier an Land aber in diesem Verlies nicht mehr? Oder wenn sie das alles missverstanden hatte? Vielleicht … Mirijam wusste nicht, was sie denken sollte, und schwieg.
    In mehreren Sprachen fragte der Übersetzer: » Warum warst du an Bord der Palomina? Wie ist der Name deiner Freundin? Was war euer Ziel?« Mirijam aber beantwortete keine seiner Fragen und zeigte keinerlei Reaktion. Allerdings hätte sie auch kein vernünftiges Wort herausbringen können. Sie wusste, hätte sie den Mund geöffnet, so wäre sie unweigerlich in Tränen ausgebrochen. Diesen Triumph aber wollte sie dem Mann nicht gönnen.
    Schließlich stellte der Übersetzer fest, dass sie selbst die einfachsten Fragen nicht beantworten konnte. Für ihn bedeutete das, dass die Gefangene geistig zurückgeblieben sein musste, und er beendete das Verhör. Zum Schreiber gewandt machte er eine eindeutige Geste, woraufhin der fette Mensch wiehernd auflachte und dabei seine schlechten Zähne zeigte.
    Als der Übersetzer die Zelle verließ, trat der Schreiber rasch einen Schritt näher und riss ihren Kopf an den Haaren nach hinten. Er grinste boshaft, als er in Mirijams schreckgeweitete Augen sah, und leckte sich die dicken Lippen.
    Kurz darauf wurde sie mit einer Decke, einem trockenen Brotlaib und einer Schüssel Wasser in eine größere Zelle gesteckt, in der bereits etliche Frauen hockten. Mirijam wehrte sich nicht, als man sie an die Wand schob und ihr erneut einen Eisenring um den Knöchel legte – sie hatte nicht einmal mehr ausreichend Kraft, um sich fürchten zu können.
    In der Nacht kam der Schreiber zurück. Mirijam schreckte aus dem unruhigen Schlummer auf, in den sie irgendwann gefallen war. Das Licht einer Laterne wanderte hierhin und dorthin, tanzte über die Frauen und beleuchtete ihre Gesichter. Manche von ihnen grunzten nur und drehten sich auf ihrem Strohlager zur Seite, andere fuhren hoch. Eine schrie auf und bekam von ihrer Nachbarin einen Tritt in die Seite. Der flackernde Lichtschein näherte sich, bis er auf Mirijams Gesicht zum Stehen kam. Der Mann schnaufte zufrieden. Dann bückte er sich, um ihre Fessel zu lösen. Ohne ein Wort riss er Mirijam von ihrem Lager hoch und stieß sie vor sich her.
    Wohin ging es? Ergab sich jetzt womöglich eine Gelegenheit zur Flucht? Sie blickte zurück. Einige der Frauen hatten die Köpfe gehoben und schauten ihr nach, doch keine sagte ein Wort. Dann versanken ihre Gesichter wieder im Dunkeln.
    Die düsteren Gänge wurden von wenigen Öllampen in Wandhalterungen hier und da beleuchtet. Riesige Schatten zuckten an den Wänden, sie schienen ihnen gleichzeitig vorauszueilen und sie zu verfolgen. Der Schreiber stieß Mirijam in eine leere Zelle. Deren einzige Einrichtung bestand aus einem hölzernen Bock, der mitten im Raum stand, einem Wasserkrug und einem Hocker.
    Mirijam schlang die Arme um sich. Der Übersetzer war noch nicht gekommen. Vielleicht sollte sie ihm endlich die Wahrheit gestehen? Womöglich, mit etwas Glück, konnte sie ihn dann sogar dazu bewegen, sie zu Lucia zu bringen? Das war der einzige Weg, der ihr offenstand, überlegte sie und beschloss, gleich wenn der Übersetzer die Zelle betrat, würde sie

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