Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
Vom Netzwerk:
Spitze, hatte sie herausgefunden. Offenbar eignete sie sich recht gut als Lehrerin, jedenfalls waren die Mädchen eifrig bei der Sache. Und für sie war es ebenfalls schön, die eigenen Kenntnisse an die Jugend weiterzugeben.
    Sie war mit ihrem ruhigen Leben zufrieden. Die Beginen waren zwar nicht reich, aber doch unabhängig. Ab und zu konnte es sich ihr Konvent sogar leisten, eine Frau mit geringem oder sogar gänzlich ohne Vermögen bei sich aufzunehmen. Die Voraussetzungen dafür waren allerdings streng. Neben gutem Leumund und untadeligem Lebenswandel gehörte dazu, dass die Anwärterin unverschuldet in Not geraten war, denn als Beginen mussten sie unbedingt auf ihren Ruf achten.
    Schicksale gab es! Unvorstellbar, welche Umstände dazu führen konnten, eine ehrbare Frau in Verzweiflung und Armut zu stürzen. Auch diese Gesa Beeke, die seit einigen Monaten bei ihnen lebte, hatte eine scheußliche Überraschung erleben müssen. Mit ihr hatten sie wirklich einen guten Griff getan. Pünktlich besuchte sie die Gottesdienste, war sich für keine Arbeit in Haus und Garten zu schade und verfügte sogar über einen kleinen Spargroschen. Über ihr Benehmen konnte man ebenfalls nichts Schlechtes sagen. Der einzige Punkt, der inzwischen die anderen Frauen sogar ein wenig gegen sie einnahm, war die Angelegenheit mit ihrem früheren Herrn, die sie immerzu zu beschäftigen schien. Dessen hartherziges – und womöglich rechtlich bedenkliches – Verhalten ließ sie einfach nicht los. Es beschäftigte sie vielmehr derart, dass sie kaum über etwas anderes sprechen konnte. Ein ums andere Mal, noch dazu mit den fast immer gleichen Worten, erzählte sie, wie es zugegangen war, dass sie eines Tages ohne Dach über dem Kopf auf der Straße stand.
    » Was hätte ich mir auch denken sollen, als er die oberen Zimmer verschloss und sein Bett unten, in dem Raum neben dem Kontor, aufstellen ließ? Sparsamkeit, dachte ich natürlich, nichts weiter. Selbst als er die Mägde und Knechte entließ, fand niemand daran etwas Ungewöhnliches, auch ich nicht. Es fiel ja wirklich viel weniger Arbeit an, versteht ihr? Außer ihm war niemand mehr da, den wir zu versorgen hatten.«
    Der helle Flachs lief ihr währenddessen geschwind durch die Finger, das Spinnrad surrte, und schon bald konnte Gesa die Spindel mit gleichmäßig gesponnenem Leinenfaden in ihren Korb legen.
    » Ich bin sicher, der alte van de Meulen dreht sich im Grabe herum. Er hatte sich wirklich bemüht, uns alle gut zu versorgen. Nicht nur uns, vor allem natürlich die Töchter. Gott allein weiß, wie hart es ihn angekommen sein muss, seine Mädchen so weit fort, bis nach Andalusien zu schicken.« Gesa sah keinen Grund, dem Vater einen Fehler vorzuhalten.
    Dem Advocaten, so hatte Anna Brandhius inzwischen von ihrem Schwager erfahren, den sie Gesa zuliebe befragt hatte, war allerdings ebenfalls kein Fehler oder Schlimmeres nachzuweisen. Man hatte die Verfügungen des alten van de Meulen mehrfach geprüft und für rechtmäßig befunden. Entweder irrte sich Gesa Beeke, oder dieser schlaue Advocat war noch gerissener, als ihr Schwager ohnehin annahm. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit hatte er ihr von einem haarsträubenden Gerücht erzählt, das seit einiger Zeit in der Stadt kursierte. Demnach wären Schwester Gesas Ziehkinder Opfer eines Piratenüberfalls geworden! Man stelle sich das vor!
    Doch daran mochte sie nicht wirklich glauben, und noch weniger würde sie Gesa davon erzählen. Sie wusste, dass die arme Frau bereits jetzt sehnsüchtig auf die Rückkehr der Mädchen wartete, eine Rückkehr zusammen mit ihren Ehemännern. Gebe Gott, dass an dem Gerücht nichts Wahres war!
    Schwester Metje, die die Pforte betreute, betrat die Stube, in der Hand ein Bündel alter Lumpen. » Schwester Anna, dieses wurde soeben von der Frau des Seidenwebers Coenraad abgegeben. Sie hat es gefunden und bittet Euch, es sich einmal anzusehen. Sie fragt, ob man die Spitze reparieren kann und was das wohl kosten würde. Ihre Älteste soll bald heiraten, und sie würde ihr gern den Kragen auf das Kleid nähen.«
    Anna nickte. Eine Abwechslung tat gut, und für heute musste sie sowieso Schluss machen. Mittlerweile hatte es zu dämmern begonnen, und sie konnte nicht mehr genug se hen.
    » Wartet sie draußen? Hol sie doch herein.«
    Schwester Metje schüttelte den Kopf. » Sie wollte vor dem Angelusläuten zu Hause sein. Aber sie kommt morgen wieder, hat sie gesagt.«
    Anna erhob sich, streckte den Rücken

Weitere Kostenlose Bücher