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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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schweifen. Dann zog er das Tuch über Mund und Nase und trieb sein Kamel zur Eile an. Auch Mirijam hob die Zügel, drückte die Fersen tiefer in den langen Hals der Stute und schnalzte mehrmals. Sie riss sich den dichten Gesichtsschleier herunter, den sie als Schutz vor Sonne und Sand bis zu den Augen hochgezogen hatte, und pfiff laut, während sie mit den Füßen stieß und trat. Vergeblich, die Stute blieb stehen. Angeblich ahnten Wüstentiere eine nahende Gefahr, zumindest hatte Harun das behauptet, warum also verhielt sich dieses sture Kamel dann nicht entsprechend?
    Harun und Omar überholten sie im Laufschritt mit den Lasttieren. Normalerweise geizte Harun nicht mit Spott und guten Ratschlägen, heute jedoch hetzten beide Treiber die Tiere voran, und niemand hielt sich mit launigem Gerede auf. Als habe es sich plötzlich eines Besseren besonnen, bequemte sich endlich auch ihr Kamel und folgte den anderen.
    Böiger Wind kam auf, der Sand und Pflanzenteile mit sich riss und vor sich her trieb. Ihr Kamel schien auf dem fliegenden Sand zu schwimmen, der Sandschleier reichte ihm bereits bis zum Bauch. Hinter ihnen erhoben sich drohende Wolken vom Boden bis in den Himmel. Sie walzten heran, hefteten sich an ihre Fersen und türmten sich zu einer Wand auf, die jeden Moment über ihnen zusammenstürzen konnte. Das dumpfe, anschwellende Grollen und Brüllen war beinahe schlimmer als Wind und Sand zusammen. Der Hakim wartete, bis Mirijam aufgeschlossen hatte und warf ihr ein Seil zu.
    » Bind es gut fest«, schrie er durch das Heulen und Lärmen. » Die Sebkha -Oasen können nicht mehr fern sein. Mit Allahs Hilfe werden wir es schaffen. Hast du genug Wasser?«
    Mirijam nickte und hob die Hand. Das Seil saß fest am Halfter der Stute. Der alte Hakim befestigte das andere Ende an seinem Sattel, dann hob auch er die Hand und ritt los. Diesmal lief Mirijams Stute ohne Mucken hinter dem Kamel des Alten her, als hätte sie nie etwas anderes getan oder gewollt.
    Die Sandwalze erreichte sie, als sie eine der hohen Dünen in Angriff nahmen. Vom Gipfel der Düne peitschte der Wind Salven scharfkantiger Sandkörner herunter. Bei jedem Schritt gab der weiche Sand nach, oder er kam ihnen in breiten Bahnen entgegen und ließ sie zurückgleiten. Immer heftiger stürmte der Wind über den Dünenkamm. Er peitschte den Sand, versuchte, sie mit seiner Kraft umzuwerfen und am Weiterkommen zu hindern. Im fahlgelben Dämmerlicht verloren sich die Konturen. Selbst Harun und Omar, die die vollbepackten Lastenkamele antrieben, konnte Mirijam nur noch als Schemen erkennen, die in ihren vom Sturm geblähten gandourahs über dem Sand schwebten und eher Geistern glichen denn Menschen.
    Aus heulenden Böen wurde schrilles Dröhnen. Der Sand geißelte sie wie mit Messern, prasselte gegen Gesicht, Hände und Füße. Mirijam zog ihren chêche über die Augen und beugte sich so weit vornüber, dass sie auf Schultern und Hals ihrer Stute lag. Sie überließ sich ganz und gar der Führung durch den Hakim, der das Kamel am Strick hinter sich her zog, und klammerte sich an den Sattel. Irgendwann spürte sie jedoch, dass ihr Kamel die Richtung geändert hatte. Jetzt drohte sie nicht mehr, vom Rücken des Tieres nach hinten abzurutschen, sondern über den Hals des Kamels nach vorn zu gleiten, so dass sie sich mit beiden Armen abstützen musste. Hatte der Hakim den Aufstieg abgebrochen? Jedenfalls hatte sie nun den Sturm im Rücken, was angenehmer war. Vorsichtig öffnete sie im eigenen Windschatten die Augen, doch erkennen konnte sie nicht das Geringste, noch nicht einmal, wo oben und unten war.
    Die Stute ging mit gesenktem Kopf und kurzen, regelmäßigen Schritten langsam, aber stetig vorwärts. Hin und wieder rutschte das Tier weg oder stolperte, fand aber jedes Mal das Gleichgewicht wieder und ging weiter. Irgendwann begann es zu humpeln. Nach wenigen Schritten blieb es abrupt stehen, und seine Beine knickten in einer solchen Plötzlichkeit ein, dass Mirijam in hohem Bogen in den Sand flog. Instinktiv griff sie nach einem Halt und erwischte ein Seilende.
    Ein Seil, fragte sie sich benommen. Wieso hatte sie auf einmal ein loses Seil in der Hand? Gab es denn einen zweiten Strick am Sattelzeug? Ein heißer Schreck fuhr ihr in die Glieder. Handelte es sich etwa um das Seil, mit dem Sherif Hakim das Kamel geführt hatte? Das aber konnte nur bedeuten, dass sie sich nicht länger hinter ihm befand. Und zwar schon seit einiger Zeit nicht mehr, wie ihr schlagartig

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