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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Schritte blieb er an einer Wurzel oder einem Stein hängen. Mit den Schultern schrammte er durch überhängende Büsche, Zweige peitschten ihm ins Gesicht. Einmal rannte er gegen einen Baum und schürfte sich Haut von den Fingerknöcheln.
    Endlich lichtete sich das Unterholz und der halb zerstörte Glaspavillon mit dem Treppenabgang wurde sichtbar.
    Er blieb stehen und holte tief Atem. Wie stellte er das jetzt am besten an? Er konnte sie von hier sogar hören. Die Blumen in seinen Armen durchweichten ihm das Shirt und den Rest der Jeans. Im Ausgang des Pavillons tauchte eins der Katzenkinder auf. Die sollten doch unten in ihrem Körbchen sitzen? Sicher wäre Marielle doppelt froh, wenn er den Ausreißer gleich mitbrachte. Er ging in die Hocke, ließ das ganze Fuder Blumen zu Boden fallen und schlich sich gebückt an. Das Kätzchen quietschte und zappelte, als er es mit einer Hand hochhob.
    »Jetzt sei ruhig«, flüsterte er. »Dir tut keiner was.«
    Er raffte so viele der Blüten in seine Arme zurück wie möglich, ohne das Kätzchen loszulassen, und balancierte beides, Blumen und Kätzchen, die Stufen hinunter. Seidenfetzen flogen ihm um die Ohren, die Krallen pikten.
    »Marielle«, rief er. »Marielle, ich habe eine Überraschung. Und außerdem habe ich deine Katze gefunden!«
    Der Satansbraten grub sich nach Leibeskräften aus dem Blumenbett heraus. Als er endlich die Etage mit ihren Lagern erreichte, brannten Kens Finger wie Feuer.
    »Was?«, drang dumpf ihre Stimme zu ihm.
    »Deine Katze! Kätzchen, meine ich!«
    Er bog um den Treppenabsatz und schlüpfte durch die Regale zu ihrer Schlafstätte. Marielle hatte sich halb aufgerichtet, die Decke noch auf den Knien. Sie sah verschlafen aus und ein bisschen zerzaust. »Aber es ist mitten in der Nacht.« Ihr Blick glitt zum Lager des Magiers, das unberührt war. »Und wo ist überhaupt Santino?«
    »Du musst mit hochkommen. Ich habe alles wieder in Ordnung gebracht!« Seine eigene Begeisterung quoll aus ihm heraus. »Und dein Kätzchen habe ich auch gefunden! Es wollte gerade übers Dach abhauen.«
    Besagtes Kätzchen fledderte die Akeleiblüten in alle Richtungen. Etwas Warmes sickerte in Kens Shirt. Feuchtigkeit. Einen Herzschlag später roch er es auch.
    »Du hast mich angepinkelt?!« Vor Schreck über das Malheur öffnete er die Hände. Das Tierchen flüchtete in einer Wolke aus Blumen. Er ließ die Arme sinken, sodass auch noch die übrigen Blüten zu Boden flatterten. Er lupfte sein Shirt an der Stelle, wo es mit einem großen, stinkigen Fleck auf seiner Brust klebte.
    »Ich –« … hasse das Vieh, hatte er sagen wollen, aber verbiss es sich im letzten Moment.
    Marielle stand auf und brach in Gelächter aus.
    »Was ist so lustig?«, fragte er gekränkt.
    »Du.« Ihr Blick wanderte herunter zu den Blüten. »Wo hast du die aufgetrieben?«
    »Ich zeig’s dir. Komm mit!« Er machte ein paar Schritte auf sie zu und streckte eine Hand nach ihr aus.
    »Bleib mir vom Hals!« Sie wich ihm aus, immer noch einen belustigten Ausdruck auf dem Gesicht. »Dein Shirt ist voller Katzenpisse.«
    »Ja, zum Dank, weil ich das Vieh gerettet habe.«
    »Vor den wandelnden Schlammmonstern im Garten?« Sie grinste boshaft.
    »Da sind keine Schlammmonster mehr.« Stolz überwältigte ihn. »Ich hab alles wieder in Ordnung gebracht.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich zeig’s dir.«
    Sie zupfte an ihren zerfledderten Zöpfen herum und folgte ihm die Treppe hinauf. Der Fleck auf seiner Brust stank wie eine Miniaturversion von Rupertin Hufschwinges Wagen. Gott, wie peinlich! Er führte sie den Pfad entlang durch das kleine Wäldchen. Ohne die Akeleien und das Kätzchen im Arm kam ihm der Weg viel kürzer vor.
    »Überraschung«, sagte er und trat beiseite, als die Weiden sich lichteten.
    Der Blütenteppich im Nachtdämmerschein verströmte eine unirdische Schönheit. Sanft schaukelten die Akeleien im Wind. Wasser glitzerte zwischen der Farbenpracht.
    »O Sarrakhan!«, brach es aus ihr heraus.
    »Ähm, was?« In einer Mischung aus Angst und Erwartungsfreude schielte er nach ihrem Gesicht. Es war dunkel und die Weidenkronen warfen noch mehr Schatten, deshalb sah er nicht viel. »Gefällt es dir nicht? Sie sind für dich!«
    Sie gab einen Laut von sich, der Schnauben sein konnte oder erstickte Freude oder ein Ausdruck von Entsetzen, und lief zum Rand des neu geschaffenen Teichs. Dort bückte sie sich und schöpfte eine Blüte aus dem Wasser. Er eilte ihr nach und sah gerade noch, wie die

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