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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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auseinander und stapfte den Hügel hinunter. Er fuhr sich ein paarmal mit den Fingern durch die Haare, auch wenn das wahrscheinlich verlorene Liebesmüh war. Mom würde einen halben Herzinfarkt kriegen. Er war seit zwei Wochen verschwunden, sie rechnete wahrscheinlich mit dem Schlimmsten, und von seinem Zusammenstoß mit dem Spalthund hing ihm das T-Shirt in blutigen Fetzen vom Leib.
    Die Schuldgefühle krochen zurück in seine Brust. Er würde es wiedergutmachen. Er hatte Coinneach gefunden, seinen leiblichen Vater, der Mom vor dem Säufer beschützen konnte. Und wenn das mit Santino so lief, wie er hoffte, dann würde er sie in null komma nichts aus diesem Drecksloch herausholen.
    Er durchquerte den Garten, immer darauf bedacht, dass die Fliederbüsche und der Ginster ihn von der Straße abschirmten. Erst große Töne spucken und sich dann selbst von den Cops erwischen lassen, das fehlte noch. Hinter dem alten Holzschuppen schob er ein Stück Maschendraht beiseite, das das Loch im Zaun kaschierte. Auf allen vieren kroch er hindurch und landete in Moms Tulpenbeet.
    Der Hinterhof war leer. Keine Spur von Pats orangefarbenem Mustang. Entweder sein Halbbruder schmorte noch in Untersuchungshaft oder er trieb sich irgendwo mit seinen Schlägerfreunden herum. Gut.
    Er richtete sich auf und klopfte sich Erdkrumen von den Jeans. Hoffentlich fing Mom nicht zu schreien an, weil sie ihn für einen Geist hielt oder so was. Die Hintertür stand wie immer einen Spalt offen, sodass er sie nur aufzuschieben brauchte. Bratfett, Zigarettenasche und billiges Fußbodenwachs. Vertraute Gerüche, an denen vertrautes Elend klebte und zu seiner Überraschung ein bittersüßes Heimwehgefühl. Niemals hatte er sich vorstellen können, beim Gestank dieses halbdunklen Flurs etwas anderes als Niedergeschlagenheit zu empfinden. Doch sein Herz raste vor Aufregung, und in der Kehle kratzte ihm eine sehnsüchtige Melancholie.
    »Mom?«, rief er halblaut.
    Aus der Küche drang das Klappern von Geschirr.
    »Mom, ich bin’s!«
    Der Fußboden unter seinen Füßen knarrte. Im Reflex glättete er mit dem Schuh eine Ecke des Läufers. Er fuhr mit der Hand die Streben des Treppengeländers entlang. Der vormals weiße Anstrich war über die Jahre vergilbt und blätterte ab. Für einen Herzschlag ließ er die Finger auf dem SpongeBob-Aufkleber ruhen und tastete über die Kanten, die sich seit fünf Jahren hochwölbten.
    Er hörte das Husten der Kaffeemaschine und eine Männerstimme, die nicht zu Dad gehörte. Rasche Schritte. Mom tauchte in der Küchentür auf, die Wangen gerötet.
    »Ken! Wo warst du letzte Nacht?« Ihre Augen weiteten sich, während sie ihn einer gründlichen Musterung unterzog. »Mein Gott, was hast du angestellt?«
    Gestern Nacht?
    Bevor er antworten konnte, trat ein uniformierter Cop hinter Mom, ein untersetzter Schwarzer, der ihm vage bekannt vorkam. »Mr O’Neill. So schnell sieht man sich wieder.«
    Und da fiel es ihm ein. Es war der Typ, der ihn in Mrs Prescotts Sekretariat zu Pat befragt hatte. Wie hatte er sich gleich vorgestellt? Flannigan? Flanders? Jay Flanders. Das hörte sich richtig an.
    »Ken«, Mom klang kurzatmig, »ich habe mir Sorgen gemacht. Warst du über Nacht bei July oder …?« Sie ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen.
Oder hast du dich mit Pats Freunden herumgetrieben?
Das war ihre größte Sorge. Dass er an Dads und Pats Lebensart Gefallen finden und genauso werden könnte wie sie.
    »Vielleicht kommen Sie erst mal herein, junger Mann, und leisten uns Gesellschaft«, schlug Flanders’ Partner vor, ein rundlicher und gemütlich aussehender Mann namens Roosevelt.
    »Ist Dad da?« Er fühlte sich ganz schwach. Wieso empfingen ihn die Cops zu Hause? Ging es schon wieder um Pat? Und wieso erst jetzt?
    Andererseits tat Mom, als wäre er lediglich eine Nacht nicht zu Hause aufgetaucht, anstatt zwei Wochen. War das eine Show für die Cops, oder steckte etwas anderes dahinter? Vage erinnerte er sich, dass Santino einen Zeithorizont erwähnt hatte. Und auch Marielle hatte ihm erzählt, dass die Zeit in Dämmer-Detroit viel schneller verging als in Níval und sie sich deshalb ganze Nachmittage zum Buchstabensammler fortschleichen konnte, ohne dass jemandem im Palast ihre Abwesenheit auffiel.
    »Er wollte zu Molony’s. Ist sicher dort hängengeblieben.«
    Um ein paar Bier mit Clark Molony zu trinken und auf die Regierung zu schimpfen, die Schwarzen und die sozialistische Weltverschwörung, Clarks

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