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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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abzuhauen. Nicht mit vier Bullen, die nur darauf warteten, dass er einen Fluchtversuch wagte.
    Mom stand an der Spüle, bleich wie ein Laken, die Wangen purpurn gefleckt. Sie murmelte etwas. Er verstand nicht genau, was es war. Wahrscheinlich ein Ave Maria.

13
    Vielleicht war es göttliche Fügung. Ein glücklicher Umstand, dass Ken nicht zurückgekehrt war. Dass sie sich ohne ihn zum Depot geschlichen hatten und dass Marielles Sorge, er könnte ihr nach Tír na Mórí folgen, sich im Nachhinein als grundlos erwiesen hatte.
    Wenigstens konnte sie sich einreden, dass er in Sicherheit war. Er war wieder in seiner Heimatwelt, in der es keine Spalthunde gab und niemand es nötig hatte, bewaffnet auf die Straße zu gehen. Coinneach, der Prinz der Tuatha Avalâín, hatte darauf bestanden, zurückzubleiben, trotz seiner Wunden, die der Aufmerksamkeit eines Heilers bedurften. Er wollte nach Ken Ausschau halten und alles Übrige würde sich finden.
    Sie täuschte Erschöpfung vor, um sich nicht mit Santino unterhalten zu müssen, und der Magier ließ sie schließlich in Frieden. Er glaubte, dass die bevorstehende Hochzeit mit Newan ihr die Laune verdarb. Sollte er doch. So schöpfte er wenigstens keinen Verdacht.
    Der König befand sich in einer wichtigen Unterredung, erklärte Amalia, bei der er keineswegs gestört werden konnte. Und außerdem zerriss sich der ganze Hof das Maul über ihr Verschwinden, wenn man ihr Glauben schenkte.
    Die Blicke der Gouvernante spießten sie auf wie Dolche. Missbilligung loderte darin und schlecht verhohlener Neid. Für Amalia war es undenkbar, die Regeln zu brechen, die sie als angemessen für eine hochgeborene junge Dame erachtete. Doch tief drinnen beneidete sie Marielle um ihre Freiheiten und die Kapriolen, für die Eoghan sie nicht strafte. Und das ließ sie sie spüren.
    »Sarrakhan, wen interessiert es, welches Gift die Ceallacháin-Familie verspritzt?« Marielle blickte vom Fenster ihres Zimmers hinab auf die Inneren Gärten, die gerade neu bepflanzt wurden. Die Schönheit und Eleganz des Tíraphal ließen die Schrecken der vergangenen Tage verblassen. Sie betrachtete die kleinen Teiche, die in Form von Blüten angelegt waren. Ein Feuersturm purpurner und goldfarbener Röschen ergoss sich über die Ränder der Alabasterbecken. Die Gärtner setzten Lotuspflanzen aus. Den Riss im Himmel konnte sie von hier aus nicht sehen, und sie war dankbar dafür. Der Anblick der grünlich schimmernden Narbe über dem Nebelsee hatte ihr sofort wieder die Bilder der Devora ins Bewusstsein gespült, die sich als schwarzgrüner Klumpen aus den Schwaden löste.
    »Den König interessiert es«, fauchte Amalia. »Euch sollte es interessieren! Mairc Ceallacháin hat großen Einfluss im Rat. Das Ansehen Eoghans ist auch an Euren guten Ruf gebunden. Und wenn der schwankt, beschädigt Ihr die Ehre Eures Vaters. Aber das ist Euch wohl so gleichgültig wie alles andere auch.«
    »Sarrakhans Flammen!« Sie fuhr herum. »Halt den Mund und lass mich denken!«
    Die Gouvernante starrte sie an, als hätte sie sich vor ihren Augen in einen feuerhaarigen Drachengeist verwandelt. Amalia war eine tyrannische Fuchtel unbestimmbaren Alters, die sich gewaltig viel auf ihre Abstammung von einem Grafen aus Tuatha Avalâín und ihr albernes Sonnenhaar einbildete. Da konnte sie sich gleich mit Prinz Pickelhefe zusammentun. Doch Marielle gelang es einfach nicht, sie loszuwerden. Jedes Mal, wenn sie sich bei Eoghan über Amalia beklagte, hielt er ihr einen Vortrag, dass die Gouvernante sie zu einer verantwortungsbewussten jungen Frau erziehen würde und Widerstand zwecklos war. Schlimmer noch, er räumte Amalia alle Freiheiten ein, was Strafmaßnahmen anging. Was hatte Marielle gelitten, bevor sie auf die Idee gekommen war, direkt unter ihrem Bett das Tor zu Kens Depot zu errichten. Amalia, die selbst über einen Hauch Talent als Formerin verfügte, kam nicht darauf, dort nachzusehen. Dass Marielle sich oft genug den Kopf anschlug, wenn sie darunter hindurchkriechen musste, nahm sie in Kauf.
    Amalia holte tief Luft. »Junge Dame …«
    »Ich gehe jetzt zu Eoghan«, schnitt Marielle ihr das Wort ab.
    »Unmöglich!«
    »Willst du dich mir an die Füße hängen?«
    Unter ihren weißblonden Federlöckchen verfärbte Amalias Gesicht sich wutrot. »Ihr seid ausfallend und unverschämt, Prinzessin. Glaubt nicht, dass Ihr Euch alles erlauben könnt, nur weil Ihr bald den Thronfolger von Tír na Avalâín ehelichen werdet!«
    »Weil ich

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