Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
Fehlalarm
die Operation gefährdete
. Waren sie jetzt beim Geheimdienst, oder was?
    Mit seinem Feldstecher suchte er den Lafayette Boulevard ab und die Querstraßen. Zehnte, Zwölfte, Vierzehnte. Es waren kaum Autos unterwegs.
    Was redeten die da unten so lange? Geld gegen Drogen, wie schwer konnte das sein? Ein anderer Typ wühlte in der Reisetasche herum. Pat mit seinem kahl glänzenden Schädel gestikulierte beim Sprechen. Fingen die etwa Streit an?
    Ken drehte den Kopf nach allen Seiten, um nichts zu übersehen. Ein schwarzer Van näherte sich von der Zwölften her und hielt an der Ampel.
    Nie zuvor hatte ihn eine so überwältigende Vorahnung überfallen. Sie drehte ihm förmlich den Magen um. Er wusste einfach, dass gleich etwas passieren würde. Und es machte ihn wahnsinnig, dass er nicht sehen konnte, wo das Unheil sich zusammenbraute.
    Er drückte auf die Ruftaste und presste das Handy ans Ohr. Pat unten auf der Straße fischte sein Telefon aus der Tasche.
    »Was?«, bellte er in die Muschel.
    »Ich hab ein schlechtes Gefühl«, sagte Ken. »Ich kann weit und breit keine Cops sehen, aber ich hab einfach –«
    »Du und deine Gefühle«, unterbrach ihn Pat. »Halt die Augen auf und sag Bescheid, wenn wirklich was kommt.«
    Es klickte, die Leitung war tot.
    Der schwarze Van glitt in die Linkskurve der Zwölften, doch im letzten Moment flammten die Bremsleuchten auf. Dann erloschen die Scheinwerfer und der Wagen bog scharf nach rechts in die Jefferson. Kens Herzschlag verwandelte sich in eine rasende Nähmaschine. Er rief abermals an, doch Pat nahm nicht ab. Die Mailbox schaltete sich ein. Der Van verschmolz so vollkommen mit der Dunkelheit, dass Ken kaum noch die Umrisse erkennen konnte. Er drückte die Wahlwiederholung. Lautlos fluchte er vor sich hin. Nimm ab, wisperte er. Geh ran, verdammt.
    »Pat«, brüllte er in die Nacht hinaus. »Da kommt jemand!«
    Aber natürlich hörten sie ihn nicht. Er konnte sich die Kehle aus dem Hals schreien auf seinem Dach. Er war viel zu weit entfernt.
    »Hey«, sagte die Mailbox. »Sprich mir eine Nachricht drauf, ich rufe zurück.«
    Und dann war es egal, denn unten in der Jefferson brach die Hölle los. Von allen Seiten sprangen Flutscheinwerfer an und tauchten die Szene in taghelles Licht. Plötzlich war da nicht ein Van, sondern drei. Und von der anderen Seite schossen weitere Autos heran und machten die Straße dicht. Die mussten in einer der verfallenen Hallen gelauert haben.
    Er hörte die Megafon-Anweisungen der Cops, die Hände hochzunehmen und sich nicht zu bewegen. Irgendjemand hielt sich nicht daran. Ein Schuss fiel. Für einen Herzschlag schien alles die Luft anzuhalten – die Bäume, der Wind, die alten Ziegelsteine. Dann explodierte die Nacht in Salven von Gewehrfeuer. Pat hechtete hinter die Corvette. Der Typ neben ihm brach zusammen und kroch noch ein paar Meter über den Asphalt. Die übrigen spritzten auseinander. Aus den Vans quollen Typen mit Helmen und Kevlarwesten, auf die POLICE gedruckt war.
    Ein paar Kugeleinschläge zerfetzten die Tasche und ließen die Frontscheibe der Corvette implodieren.
    Minuten später war alles vorbei. Die Cops überrannten den Übergabeplatz, legten jeden, der noch aufrecht stand, in Handschellen und kassierten die Waffen ein. Ken beobachtete, wie zwei Männer seinen Bruder in einen der Vans stießen. Sirenengeheul näherte sich, dann sah er den Ambulanzwagen, der mit flackerndem Blaulicht in die Jefferson bog. Noch einer. Und ein dritter.
    Verdammter Mist.
    Das war gründlich schiefgelaufen.
    Das Blut rauschte ihm so heftig in den Schläfen, dass er kaum denken konnte. Was sollte er jetzt tun? Hierbleiben, sich flach aufs Dach legen und warten, bis der ganze Spuk vorüber war? Keine gute Idee. Was, wenn einer von Pats Freunden ihn verpfiff?
    Er ließ sich von den Lüfteraufbauten gleiten und rannte geduckt zur anderen Seite des Dachs. Mit beiden Händen packte er die Kante und ließ sich hinunterfallen, fand Halt auf einem Fenstersims und verlagerte sein Gewicht von den Armen auf die Knie. Das Blaulicht der Krankenwagen leckte bis hinauf in die Schatten. Er war froh, dass er dunkle Kleidung trug.
    Wenigstens der Abstieg gestaltete sich leicht. Es gab zahlreiche Vorsprünge rings um die Fenster, und im dritten Stock schloss das Dach des Nachbargebäudes an. Von hier aus führte eine Feuertreppe nach unten, in einen Hinterhof voller Schutt und mannshoher Büsche. Mit einem weichen Geräusch landete Ken auf dem

Weitere Kostenlose Bücher