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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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umrundete den Wagen und zog die Türen auf. Marielle stolperte ihm entgegen, hinter ihr Ken, der den Korb mit den Kätzchen trug. Nessa schlüpfte zwischen ihren Beinen hindurch und trollte sich in Richtung der Stufen.
    »Wir sind da«, sagte er. »Ken, hast du das Papier?«
    Ken wühlte die zweite Hälfte der Seite aus seiner Hosentasche. Santino betrachtete den Text darauf. Ein Gedicht, in einer unbekannten Sprache.
    Heht mec mon wunian on wuda bearwe,
    under āctrēo in þām eorðscræfe.
    Eald is þes eorðsele, eal ic eom oflongad,
    sindon dena dimme, dūna ūphēa …
    »Sie hießen mich, in einem Waldhain zu leben«, zitierte Ken, »unter einem Eichenbaum, in jener Erdhöhle.
    Alt ist diese Erdhalle; ich bin von Sehnsucht erfüllt.
    Die Täler im Dämmer, die Berge so hoch …«
    »Das steht dort?«
    Er verzog einen Mundwinkel. »Ist ein altes keltisches Gedicht. Meine Mom liebt es.«
    »Her damit«, forderte Rupertin. »Ihr habt mich sowieso schon über den Tisch gezogen.«
    »Das ist nicht wahr, und das wisst Ihr auch.« Santino reichte ihm den zerknitterten Zettel. »Die Kätzchen habt Ihr unrechtmäßig gestohlen, und sie bringen Euch keinen Stater ein, wenn Ihr aus dieser Welt nicht rechtzeitig entkommt.«
    »Oh, das hätte ich auch ohne Euch geschafft. Mit dem richtigen Futter«, er tätschelte einem Kelpie die Flanke und schoss Marielle einen Blick zu, »hätten sie mich direkt durch den Riss ins Herz des Imperiums von Kjer gebracht.«
    »Oder mitten auf ihre Totenfelder. Ich denke, sie bereiten Euch eine Gänsehaut?«
    »Wie auch immer.« Rupertin vergrößerte vorsichtig den Riss, der den gezeichneten Baum auf der ersten Hälfte der Seite teilte. »Viel Glück, und hoffentlich sehen wir uns nie wieder.«
    Der Händler legte das Papier auf den Boden und beschwerte die Ecken mit Steinen. Er stellte sich daneben und begann laut zu lesen. Die Silben fügten sich zu einer klangvollen Melodie zusammen, als erwachten sie zum Leben, sobald man sie aussprach. Das letzte Wort verhallte, und die Luft über dem Fetzen begann zu schimmern. Ein silbriges Abbild des Baums formte sich.
    Santino wandte sich ab. »Los. Wir müssen uns beeilen.«
    Im Innern des Depots war es stockdunkel. Es roch nach Maschinenöl und Mäusekot und lange getrocknetem Urin.
    »Mach uns Licht«, sagte er zu Ken. »Kriegst du das hin?«
    Ken murmelte etwas Unverständliches. Einen Augenblick später erwachte eine Feuerwolke über seiner Handfläche zum Leben und er brüllte: »Ha! Geschafft!«
    Das Licht zuckte über Pfeiler und Bögen und glänzte auf zerbrochenen Fensterscheiben. Marielle trat dicht an den Jungen heran, der bei ihrer Annäherung den Arm mit dem Feuer weit von ihr forthielt und sich versteifte.
    Trotz seiner Anspannung musste Santino grinsen. Dass Ken bei Marielles Anblick fast einen Herzinfarkt erlitt, war nicht zu übersehen. So wie er sich anstellte, beschlich ihn eine Ahnung, dass nicht nur seine magischen Fähigkeiten des Schliffs bedurften. Und Marielle, mit dem Feingefühl eines Ochsenfuders, platzte heraus: »Jetzt stell dich nicht an. Es tut schon nicht weh.«
    Die Feuerblase über Kens Handfläche beulte sich bedenklich aus. Marielle biss sich heftig auf die Unterlippe, beugte sich vor und küsste ihn. Santino tauschte einen spöttischen Blick mit Nessa. Ausnahmsweise schien der blasierte Fellbeutel seine Meinung zu teilen.
    »Au!«, machte Ken.
    Marielle wich zurück. »Ich hab den Schlüssel«, verkündete sie. Ken tastete sich über den Mund. Während sie sich zur Säulenreihe wandte, schlug Santino ihm auf die Schulter. »Sie mag dich, mein Freund. Sie zeigt’s nur nicht.«
    Ken starrte ihn schockiert an.
    Er seufzte. »Ich erkläre es dir bei Gelegenheit.«
    Marielle blieb stehen und strich mit der linken Hand über einen Eisenträger. Auf dem Metall formte sich geisterhaft das Abbild einer stilisierten Schwalbe, das dem Zeichen der van Erlen-Gesellschaft ähnelte, jedoch mit dem Unterschied, dass Marielles Vogel von einem Kreis umschlossen war.
    »Brav«, murmelte Santino. »Du signierst deine Tore.«
    »Ich bin nicht nur schlecht«, schnappte sie zur Antwort. Dann fuhr sie herum, die Augen weit und bittend. »Hör mal, ich bin hierher abgehauen, weil ich unbedingt einen Freund um Rat fragen muss. Wegen dieser Heirat und …« Sie schlug die Wimpern nieder. »Seine Festung war verschwunden, und dann haben mich diese Kerle geschnappt, aber vorhin habe ich gesehen, wohin er sie versetzt hat. Sie schwebt

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