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Purpurfalter

Purpurfalter

Titel: Purpurfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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Wunde. Violettes Blut lief seine bleiche Wange hinab. Schon würgte Schomul ihn erneut. Mogalls Kräfte schwanden. Seine Augen blieben geschlossen. Er vermochte den Grafen nicht mehr abzuwehren. Verbissen drückte Schomul zu. Als er Mogalls Schwäche bemerkte, fingerte er eine Ampulle aus seiner Jackentasche. Den Verschluss schlug er an einer Tischkante ab und hielt sie hoch.
    Loreena ahnte Schreckliches. Natürlich konnte Schomul Mogall nicht erwürgen. Er musste eine andere Waffe wählen. Sie hastete zwischen den Folterinstrumenten hindurch und stolperte fast über einige Fußfesseln. Vor den Vampiren blieb sie stehen. Loreena faltete die Hände und flehte Schomul an: „Das Geheimnisvolle ist die Waffe der Menschen gegen Vampire. Es wäre ...“
    „...eine Schmach, von einem aus den eigenen Reihen auf diese Weise getötet zu werden“, vollendete er ihren Satz.
    „Es wäre eine absurde Torheit“, widersprach sie ihm und bereute es sogleich. „Bitte, lasst ihn leben.“
    „Weshalb sollte ich Euch diese Bitte gewähren? Eure Liebschaft ist so oder so beendet. Das Schafott ...“
    „Ich weiß, Ihr hasst mich abgrundtief.“ Sie nahm allen Mut zusammen und schaute ihm offen ins Gesicht. „Ist Euch mein Tod nicht Befriedigung genug? Lasst ihn am Leben. Gewährt mir diesen letzten Wunsch. Lasst nicht zwei Geschöpfe der Krisis unschuldig sterben.“
    Mogall stöhnte. Immer noch waren seine Lider geschlossen, während seine Hand auf der Wunde lag. Purpurnes Blut quoll zwischen den Finger hervor.
    Schomul lockerte seinen Griff. Fragend schaute er zu Loreena hoch. „Liebt Ihr ihn so sehr?“
    Sie haderte. Liebe. Was wusste sie schon von Liebe? Seid sie in Wors Namen Graf Schomul um einen Biss gebeten hatte, war sie mal himmelhoch jauchzend und mal zu Tode betrübt. Schomul nahm und stieß sie fort, wie es ihm passte. Selbst Mogall zeigte sich mal als Freund, mal als Feind. Waren denn die Vampire in sie verliebt? Oder hielten beide eine Menschenfrau zum Narren? Loreena hatte nie viel Zuspruch von Männern erhalten. Ihre üppigen Rundungen bezauberten niemanden. Gerade deshalb verwirrten die Vampire sie. Aber Liebe? Loreena ärgerte Mogall gerne. Seine scharfe Zunge reizte sie, nicht nur, wenn er sie mal wieder neckte, sondern auch seine frivolen Zungenfertigkeiten bezauberten sie. Trotz allem bestand auch Freundschaft zwischen ihnen. Schomul dagegen raubte ihr den Atem, wenn er sich in unverschämter Weise ihres Körpers bemächtigte. Sein weicher Kern hinter eiskalter Fassade brachte ihr Herz dazu, sich zu überschlagen. Aber war er jemals ein Freund gewesen? Nein, keinen Fehltritt hatte er ihr durchgehen lassen. Dennoch, ihretwillen hatte er gegen die Regeln von Wölfing verstoßen und Ingrimm nicht unterjocht.
    Schomul ließ von Mogall ab. Fluchend erhob er sich und warf die Ampulle gegen eine Schädelpresse. Sie zerbrach. Der Schutz ergoss sich über den schmutzigen Boden.
    Grob zog Schomul Loreena mit sich. „Schweigen sagt oft mehr als tausend Worte.“
    Tränen füllten ihre Augen. Ihr Blick richtete sich kurz auf die Wache, die noch immer vor der Zellentür stand und vor Furcht erstarrt war.
    Nun war es soweit. Der Abschied war gekommen. Ohne zu Zögern führte der Graf sie aus dem Kerker hinaus, die Treppe hinauf und in den Hof. Die versammelten Gäste johlten, als sie Loreena sahen. Amorgene hielt Wor zurück, zu ihr zu laufen.
    Bevor sie das Schafott betreten konnten, versperrte Lomas ihnen den Weg. „Das könnt Ihr nicht machen, Graf.“
    „Ich muss es tun.“ Schomuls Stimme klang dünn.
    „In Küstenmark steht jedem ein fairer Prozess zu.“
    „In Valkenhorst bin ich das Gesetz. Da Ingrimm sich von nun an meinem Land unterordnen wird, bin ich auch in Ingrimm die oberste Instanz.“
    „König Wor war nie so vermessen, alleine…“
    „Die Zeiten haben sich geändert, Lomas. Ich habe das Sagen. Es wird nach meinen Regeln gespielt. Tretet beiseite oder ich werde Euch entfernen lassen.“
    Loreena zitterte vor Furcht, als ihr Bruder nicht wich.
    „Bring dich nicht auch noch in Gefahr. Es freut mich zu sehen, dass dein alter Kampfeswille zurückgekehrt ist. Ich hatte schon Angst, du hättest ihn in Firn verloren.“ Sie nickte ihm verschwörerisch zu. „Du wirst tun, was du tun musst. Steh Vater zur Seite.“
    Widerwillig trat Lomas beiseite. Feindseligkeit spiegelte sich auf seinem Gesicht und er formte lautlos das Wort Rache mit seinen Lippen.
    Graf Schomul führte Loreena die Holzstufen hinauf.

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