Purpurfalter
über sie reden. Der Graf ist ihr sehr zugetan. Sie kam mit dem Wandervolk und wohnt zurzeit hier auf der Burg.“ Er winkte ab. „Meiner Meinung nach ein Unding, aber auf mich hört ja niemand. Etwas Geheimnisvolles umgibt sie. Ihr Gang ist aufrecht. Sie verhält sich stolz und würdevoll. Sie ist so ganz anders, als man sich fahrendes Volk vorstellt.“
„Und Graf Schomul ist ihr zugetan?“ Loreena murmelte dies mehr vor sich hin als Bortlam zu fragen. Erneut strömten Tränen ihre Wangen hinab. Sie sah alle Felle davonschwimmen und ihr Herz schmerzte auf seltsame Weise. Durch Amorgene hatte sich alles geändert und das erste Mal bereute sie, mit nach Frostlande geritten zu sein.
Väterlich tätschelte der Vampir ihre Hand. „Es wird schon nicht so schlimm werden. Sonst wärt ihr nicht hier in diesem Zimmer.“ Zufrieden schaute er sich um. „Schomul weiß sehr wohl, wo er herkommt. Mag er auch durch und durch ein Vampir sein, so erinnert er sich lebendig an sein Dasein als Mensch.“
Erstaunt über seine Worte wischte sie sich die Tränen vom Gesicht. „Es gibt Hoffnung für Ingrimm?“
Bortlam nickte. Als Loreena immer noch schluchzte, sagte er: „Lasst mich Euch von Föhn erzählen, dem Heimatdorf Schomuls.“ Verschwörerisch neigte er sich zu ihr und dämpfte die Stimme. „Er bringt mich eigenhändig um, wenn er davon wüsste.“ Dann lehnte er sich zurück gegen die Wand. „Aber ich stamme aus der Siedlung Markscheid, die genau auf der Grenze von östlicher und südlicher Krisis liegt. Ich kenne beide Länder.“ Bortlam räusperte sich. „Graf Schomul regiert hart aber gerecht. Hört seine Geschichte und macht Euch ein eigenes Bild.“
Loreena nickte aufgeregt.
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Schomul wuchs als Menschenkind in Valkenhorst auf, geknechtet und ausgebeutet von Vampiren, die sich nicht mehr an ihr Menschsein erinnern konnten oder wollten. Erbarmungslos schwangen sie ihre Ledergerten und trieben die Menschen des Dorfes Föhn - in dem Schomul mit seiner Familie lebte - an, die Felder am Ankerle Fluss zu bestellen und die Weinstöcke an den Hängen von Rabenhöh im östlichen Teil des Landes zu pflegen. Doch Sturm und Regen peinigten das Land. Sonne zeigte sich nie, sodass nur wenig im morastigen Boden wuchs, um genügend Nahrung hervorzubringen. Ausgemergelt waren die Körper der Menschen, während die Vampire durch das Menschenblut aufblühten. Die Menschen wurden immer öfter zur Ader gelassen. Ihre Haut war fast so bleich wie die ihrer Peiniger. Und der Hass in Schomuls jungem Herzen wuchs.
Er sah seine Eltern mit Schorf an Ellbogen und Knien über den Boden kriechen und mickrige Möhren ernten. Die Geschwister schleppten sich wie Bucklige über die Pfade, wenn sie Tragekörbe voller Trauben zu den Stampf-Bottichen brachten. Und die Nachbarn waren gezeichnet durch Striemen von der Züchtigung. Jähzorn quälte Schomul, wann immer sich ihm ein Aufseher Peitsche schwingend näherte. Aber er war zu schlau, um sich gehen zu lassen und die Vampire anzugreifen. Sein Tag würde kommen!
„Rache ist wie halb gegorener Wein.“, hatte sein Vater ihm zugeflüstert, als sie mit den Füßen den Saft aus Weintrauben herausstampften. „Er schmeckt süß, aber hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.“
Zähneknirschend hatte Schomul genickt und insgeheim Pläne geschmiedet, um die Vampire zu Fall zu bringen. Gemeinsam mit seinem besten Freund Fedlor malte er sich nächtelang aus, wie ihr Triumph aussehen könnte. Jahre vergingen. Die Knaben wuchsen zu jungen Männern heran und ihr Hass wuchs mit ihnen. Doch eines Nachts konfrontierte Fedlor Schomul am Lagerfeuer auf dem Acker mit Worten, die diesen verwirrten.
„Kennst du Rappaschumah, den mächtigen Gott der Wölfe?“ Leidenschaftlich sprudelte diese Frage aus ihm heraus, während sein Blick ängstlich die Mienen der Arbeiter und Bewacher beobachtete.
„... und der Ausgestoßenen!“
„Ich weiß, aber ich habe mir von seinen Lehren berichten lassen“, schwappte es euphorisch aus Fedlor heraus. Das Licht des Feuers färbte sein blondes Haar gold und ließ die Akne-Narben auf den Wangen wie tiefe Furchen erscheinen. „Sie faszinieren mich. Das erste Mal in meinem Leben fesselt mich etwas.“
„Sie sind so gefährlich wie die Vampire. Lass die Finger von der Sekte!“ Mahnend versuchte Schomul auf seinen Freund einzuwirken.
„Sie huldigen einer Gottheit. Wie kann das falsch sein?“
Er schnalzte abfällig mit der Zunge. „Die Vampire denken, auch sie
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