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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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stimmt's?«
    »Wo denkst du hin! Natürlich kannst du bleiben! Wenn es dir gefällt, kannst du bleiben, so lange du willst.«
    Giuseppe schlug Fasolino freundschaftlich auf die Schulter; aber der Schlag war so kräftig, daß Fasolino in die Knie ging und keine Zweifel hatte, daß er als Drohung gemeint war.
    So standen sie sich ein paar Augenblicke gegenüber, bis Palmezzano erklärte: »Ich will Smolenski sprechen. Er soll sofort antanzen.«
    Fasolino zuckte zusammen. Giuseppes Jähzorn und seine Gewaltausbrüche, die durch die kleinsten Kleinigkeiten ausgelöst werden konnten, waren ihm noch in unangenehmer Erinnerung. Deshalb meinte er bedächtig: »Ich will mich gerne für dich einsetzen, Giuseppe; aber Smolenski ist inzwischen ein hohes Tier. Er ist Kardinalstaatssekretär …«
    »Hältst du mich für bescheuert?« Giuseppes Stimme wurde lauter. »Du hast doch selbst sieben Jahre gesessen. Du weißt doch, daß man im Knast stets auf dem neuesten Stand ist – jedenfalls was die eigenen Leute betrifft. Natürlich weiß ich von Smolenskis Karriere. Ich will ihn sprechen, und zwar hier und sofort!« Palmezzano ging zum Telefon und reichte Fasolino den Hörer.
    Ängstlich wählte Fasolino eine Nummer, und ebenso ängstlich stotterte er ins Telefon: »Eminenza, entschuldigen Sie die Störung, aber bei mir hier ist ein Mann, an den Sie sich sicher gut erinnern. Giuseppe Palmezzano.«
    Entweder sagte der Mann am anderen Ende der Leitung eine volle Minute kein einziges Wort, oder er schickte ein halbes Dutzend Flüche gen Himmel; denn erst nach Ablauf einer Minute antwortete Fasolino untertänig: »Doch, es ist wahr, Eminenza. Palmezzano steht neben mir und will Sie dringend sprechen. Er läßt Sie bitten, hierher zu kommen.«
    Eine Zeitlang ging es hin und her. Palmezzano beobachtete Fasolino mit gequältem Lächeln. Schließlich wurde es ihm zu bunt. Er nahm Fasolino den Hörer aus der Hand und rief mit lauter Stimme: »Hallo, Eminenza. Das hast du wohl nicht gedacht, wie?«
    Überrascht faselte der Kardinal irgend etwas von lebenslänglich und erkundigte sich nach dem Grund der Entlassung. Ob er krank sei?
    »Ich und krank?« prustete Giuseppe lachend ins Telefon. »Eher stürzt die Kuppel von St. Peter ein, bevor ich krank werde. Die Kuppel steht doch noch, oder?« Er lachte dröhnend. »Nein, mein lieber Smolenski, der Grund für meine vorzeitige Entlassung war gute Führung. Ich habe alle Pissoirs im Knast mit Fresken von Michelangelo ausgemalt. Sogar der Gefängnisdirektor hat beim Pinkeln vor Entzücken geweint.«
    Fasolino hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht selbst in Gelächter auszubrechen.
    Plötzlich wurde Palmezzano ernst, und drohend sagte er ins Telefon: »Deine Ämter interessieren mich nicht, Smolenski, ich erwarte dich hier bei Fasolino. Sagen wir, in einer halben Stunde.« Damit legte er auf.
    Auf die Minute genau eine halbe Stunde später trat Kardinalstaatssekretär Smolenski zur Tür herein. Wie stets bei seinen Besuchen in diesem Hause trug er einen schwarzen Anzug und seinen Aktenkoffer. Und wenngleich der Grund seines Besuchs diesmal ein anderer war, wirkte der Kardinal nicht weniger aufgeregt als an jenen Tagen, da Anastasia ihn erwartete.
    Palmezzano küßte den Kardinal, aber nicht seinen Ring, wie es Brauch war, sondern seine von roten Äderchen durchzogenen Wangen, und das gleich mehrmals hintereinander. Daß Fasolino dabei zusah, war dem Kardinalstaatssekretär sichtlich peinlich; deshalb stieß er Giuseppe, nachdem dessen Liebesbezeugungen kein Ende nehmen wollten, vorsichtig von sich und sagte: »Ist ja gut.«
    Der so Gemaßregelte zeigte sich brüskiert. »Mir scheint, du freust dich gar nicht, daß ich frei bin. Was ist das für ein kühler Empfang nach all den Jahren?«
    »Aber du mußt doch verstehen«, entschuldigte sich der Kardinal, wobei er mit Blicken bei Fasolino Unterstützung suchte, »es kommt einfach zu plötzlich. Natürlich freuen wir uns für dich.«
    »Und wie!« Fasolino nickte heftig.
    »Dabei hätte ich allen Grund, vor allem dir böse zu sein, Smolenski«, sagte Palmezzano lauernd.
    »Ich bitte dich! Das ist alles lange her und vergeben und vergessen.« Smolenski schüttelte die gefalteten Hände.
    Palmezzano schien da anderer Meinung, jedenfalls erwiderte er mit erhobener Stimme: »Ja, ja, in Freiheit neigt man eher zu vergeben und zu vergessen als hinter Gefängnismauern. Wer einmal sitzt, der vergißt nichts. Ich werde jedenfalls nie vergessen, daß

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