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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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ihr mich wie eine heiße Kartoffel habt fallen lassen!«
    Smolenskis stets leicht gerötetes Gesicht nahm noch mehr Farbe an. Der Kardinal schnappte nach Luft und sagte: »Giuseppe, du bist ein genialer Fälscher, aber ein lausiger Mörder. Man bringt niemanden um, wenn man nicht hundertprozentig sicher ist, daß man unentdeckt bleibt.«
    »Leicht gesagt«, wandte Palmezzano ein, »aber wenn du einen killst, denkst du daran zu allerletzt. Ich hatte damals nur einen Gedanken: Du hast einen Augenzeugen, und den mußt du beseitigen. Wäre er am Leben geblieben, wärst du heute kein so hohes Tier. Das kannst du mir glauben.«
    Da hob Smolenski den Finger. »Du hattest den Auftrag, den Coup auszuführen. Von Mord war nie die Rede. Ich bin ein anständiger Kardinal!«
    »Konnte ich denn ahnen, daß der Antiquitätenhändler um Mitternacht in seinen Laden zurückkommt? Wir standen uns plötzlich Auge in Auge gegenüber! Sollte ich sagen, Entschuldigung, ich hab' mich in der Tür geirrt, und mit dem echten Tizian in der Hand abhauen und den falschen dalassen? Da hab' ich mir in meiner Ratlosigkeit den Brieföffner geschnappt … übrigens ein wunderschönes Stück aus geschmiedetem Silber … und hab' zugestochen. Dreizehnmal, hieß es in der Anklageschrift.«
    »Das war gegen jede Abmachung!« Smolenskis Stimme überschlug sich beinahe.
    »Abmachung hin, Abmachung her. Wir hatten auch nicht vereinbart, daß ich die Hintermänner meiner Tat verschwieg.«
    »Für Hintermänner gab es keine Beweise, Giuseppe. Nicht einen!«
    »Ja, weil ich den Mund gehalten habe, Smolenski. Hätte ich dich verpfiffen, wärst du heute nicht das, was du bist.«
    »Was hätte es dir schon genützt, uns zu verraten. Den Mord hättest du damit nicht ungeschehen gemacht.«
    »Eben. Das habe ich mir auch gesagt, als ich alles auf meine Kappe nahm. Und solltest du doch noch mal aus dem Knast kommen, hab' ich mir gesagt, werden sich die Leute, die du geschont hast, bestimmt erkenntlich zeigen.«
    »Hast du dir gesagt.«
    »Ja, hab' ich mir gesagt.« Palmezzano verschränkte die Arme vor der Brust.
    Der Kardinalstaatssekretär legte die Stirn in Falten. Dann preßte er so leise hervor, daß man es kaum verstehen konnte: »Was willst du, Giuseppe?«
    »Geld.«
    »Wieviel?« Smolenskis Stimme klang drohend.
    »Hundert Millionen Lire sofort. Und die Madonna von Leonardo da Vinci aus Saal IX der Vatikanischen Museen.«
    »Du bist ja verrückt!«
    »Mag sein, mag sein. Aber auch ein Verrückter braucht Geld zum Leben. Was hast du ihm denn bezahlt, als er entlassen wurde?« Palmezzano zeigte mit dem Daumen auf Fasolino.
    Der Mann im schwarzen Anzug räusperte sich und wechselte undeutbare Blicke mit Fasolino. Endlich rang er sich zu einer Antwort durch: »Die Kurie hat seiner Frau Anastasia während seines Gefängnisaufenthalts eine wöchentliche Leibrente gezahlt.« Er seufzte. »Also gut, reden wir über das Geld. Aber was die Madonna von Leonardo da Vinci betrifft … wie stellst du dir das eigentlich vor?«
    »Ganz einfach«, entgegnete Palmezzano und zog das hochformatige Paket hervor, das er mitgebracht hatte. Eilig löste er die Schnur und faltete das Packpapier auseinander. Dann nahm er die Madonna heraus, 103 mal 75 Zentimeter, Tempera auf altem Holz, ein Gemälde von unnachahmlicher Schönheit, das heitere Ruhe ausstrahlte. Er stellte es vor Smolenski auf den Boden.
    Der kniete nieder und unterzog das Gemälde einer eingehenden Begutachtung, wobei er hin und wieder verzückte Laute ausstieß. Schließlich blickte er zu Palmezzano auf und sagte: »Wüßte ich nicht genau, daß das Original im Vatikan hängt, würde ich sagen, das ist ein echter Leonardo. Es ist fantastisch!«
    Da breitete Giuseppe die Arme aus wie ein nach Applaus heischender Schauspieler, verneigte sich vor einem imaginären Publikum und sagte: »Gestatten, Leonardo da Vinci.«
    Inzwischen hatte auch Fasolino kniend neben Smolenski Platz genommen. Und während er das Gemälde auf sich wirken ließ und ob der perfekten Kopistenarbeit Palmezzanos in unregelmäßigen Abständen den Kopf schüttelte, ergriff der Kardinal das Wort und sagte: »Du bist wahrhaft ein Genie, Giuseppe. Du bist nur – und das ist deine Tragik – fünfhundert Jahre zu spät auf die Welt gekommen.«
    »Ach was! Viel besser wäre es mir da auch nicht ergangen. Man weiß doch, mit welchen Schwierigkeiten Leonardo zu kämpfen hatte.«
    Allmählich ließ bei Smolenski die Ergriffenheit nach. Als er sich ein

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