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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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hier hatte früher Kardinal Sherman gesessen. Was dem Monsignore auf dem Stuhl gegenüber sichtliches Mißbehagen bereitete; er starrte unentwegt auf die Tischplatte und verzog dabei das Gesicht zu einer Grimasse, als hätte er Schmerzen. In der Runde trug er den Namen Belial; sein richtiger Name war Monsignore Pietro Cibo und sein Beruf Pressesprecher des Vatikans.
    Neben Belial fand sich Apollyon ein. Apollyon hieß eigentlich Enrico Polzer und war Leiter einer Fälscherwerkstatt mit fünf Angestellten. Enrico hatte während Palmezzanos Gefängnisaufenthalt dessen Aufgabe übernommen und sich als exzellenter Könner erwiesen.
    Der Mann ihm gegenüber war kein Unbekannter: Alberto Fasolino, der sich hier Moloch nannte.
    Schließlich betrat Adrammelech den namenlosen Raum, besser bekannt als Professore Andrea Lobello und Gesundheitlicher Direktor im Vatikan. Er setzte sich neben einen ernst blickenden Herrn.
    Dieser Mann war Monsignore Giovanni Battista Lombado, Professor für Theologie und als solcher Mitglied der Glaubenskongregation, gefürchtet wegen seiner Scharfzüngigkeit und der Waffe, die er stets bei sich trug. Denn Lombado fürchtete sich. Fragte man ihn vor wem, blieb er die Antwort schuldig. Hinter vorgehaltener Hand aber nannte er den obersten aller Teufel, Lucifer höchstselbst, der ihm, wie Lombado oft und vehement versicherte, in jungen Jahren begegnet sei, was ihn veranlaßt habe, die geistliche Laufbahn einzuschlagen. Sein Deckname in der Organisation lautete Lucifuge.
    Nachdem bis auf zwei alle Plätze besetzt waren, wurde es verhalten still. Einige Köpfe wandten sich der Tür zu. Dann erschien Kurienkardinal Sperling mit einem Stoß Akten unter dem Arm. Hinter ihm wurde die Tür geschlossen.
    Sperling ähnelte seinem Bruder Paul wie ein Ei dem anderen, auch was die Leibesfülle betraf, und doch war er anders. Der Kurienkardinal trug einen schwarzen, maßgeschneiderten Zweireiher und einen steifen, weißen Kragen, wie Paul, der Schriftsteller, ihn nie getragen hätte. Seine Bewegungen waren, im Unterschied zu denen seines Bruders, dynamisch und flink, sein Blick stechend und zynisch.
    Sein Deckname war Belphegor.
    Eilig steuerte er auf den leeren Platz an der Stirnseite des Tisches zu. Kaum hatte er Platz genommen, polterte er los: »Manchmal glaube ich, ich bin von Idioten umgeben. Pannen, nichts als Pannen! So werden wir unser Ziel nie erreichen. Adrammelech, wer ist für den Giftanschlag auf den Großpönitentiar verantwortlich?«
    Verlegen rückte der Professor seine dunkle Krawatte zurecht; dann erwiderte er: »Ich weiß es nicht, Belphegor, ich weiß nur, es war ein Anschlag mit Blausäure. Das Gift befand sich im Meßwein.«
    »Der Anschlag galt mir!« ereiferte sich Smolenski. »Regulär hätte ich an diesem Morgen die Messe gelesen. In unseren Reihen sitzt ein Mörder!«
    »Unsinn!« schimpfte Nergal, der bucklige Kardinal mit dem stechenden Blick. »Wer sollte Interesse daran haben, Sie zu töten? Nehmen Sie Ihre Anschuldigung zurück, oder …«
    »Das werde ich nicht tun!« rief Smolenski erregt, »jedenfalls so lange nicht, bis der Giftmord aufgeklärt ist.«
    Kardinal Sperling hob beschwichtigend die Hand. »Es wird keine Aufklärung geben, jedenfalls keine offizielle. Das wäre viel zu gefährlich für uns. Adrammelech, wie lautet die offizielle Todesursache?«
    »Herzversagen, Belphegor. Und das ist nicht einmal gelogen.«
    »Und wie hat die Presse den Fall behandelt?« fragte Kardinal Sperling an Monsignore Cibo gewandt.
    »Positiv. Ich meine, in keinem Blatt wurde auch nur der Verdacht ausgesprochen, der Großpönitentiar könnte eines unnatürlichen Todes gestorben sein. Den meisten Zeitungen war der Kardinal nur eine einspaltige Meldung wert. Er war weder bekannt noch beliebt und obendrein Amerikaner.«
    Doch Kardinal Smolenski wollte sich nicht beruhigen: »Wir reden über einspaltige Zeitungsmeldungen, und dabei sitzt vielleicht ein Mörder hier am Tisch!«
    »Asmodeus, ich muß doch sehr bitten!« ermahnte Kardinal Sperling den Unruhestifter. »Schweigen Sie, wenn Sie keine Beweise haben.«
    »Er wird es wieder versuchen. Vielleicht sind Sie dann sein Ziel, Belphegor!«
    Sperling warf Smolenski einen wütenden Blick zu. »Es wäre besser, Asmodeus, Sie würden der Realität sachlicher ins Auge blicken.«
    »Realität! Man wollte mich vergiften! Das ist die Realität!«
    Sichtlich genervt blickte Kurienkardinal Sperling in die Runde. »Kann jemand von Ihnen etwas zur

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