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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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ultrakonservative Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, das Wort und mahnte zur Einheit im Geiste. »Fratres«, rief er auf lateinisch und mit weit ausgebreiteten Armen, »meidet die Zwietracht, denn nur vereint können wir unser großes Ziel erreichen. Ich flehe euch an, laßt eure persönlichen Animositäten aus dem Spiel!«
    Der Kardinalstaatssekretär drückte seine angerauchte Zigarre an der Tischkante aus und ließ den Stumpf in seiner Jackentasche verschwinden. Dann sagte er mit ernster Stimme: »Wenn ich nicht mehr das Vertrauen der Mehrheit genieße, bin ich gerne bereit, meinen Stuhl in diesem Kreis zu räumen.«
    Da brach unter den Anwesenden Unruhe aus, da sie Smolenskis Worte für bare Münze nahmen. In Wahrheit war der Gedanke für Smolenski so unvorstellbar wie die leibhaftige Aufnahme der Jungfrau Maria in den Himmel.
    Kurienkardinal Sperling sah sich jedenfalls in einer Zwickmühle; deshalb rang er sich die Entschuldigung ab, es täte ihm leid und er habe nicht vorgehabt, Asmodeus zu beleidigen. »Aber nun zur Sache!«
    Der Kardinalstaatssekretär entfaltete auf dem Tisch einen Plan, der, unschwer zu erkennen, den Grundriß der Vatikanstadt wiedergab.
    Neugierig beugten sich die schwarzgekleideten Männer über das Papier. Smolenski beschrieb mit dem Zeigefinger einen Kreis über dem Petersplatz. »Die Operation ›Urbi et Orbi‹ beginnt exakt zwei Wochen vor Ostern, also übermorgen, und zwar hier an dieser Stelle.« Smolenski machte mit dem Finger auf der linken Hälfte der Kolonnaden Halt, genau beim siebten Heiligenpaar auf der Balustrade. »In der Nacht zum Passionssonntag werden die Heiligen Nummer dreizehn und vierzehn eine Himmelfahrt antreten, verursacht durch eine Explosion. Tut mir leid, es geht nicht anders. Am darauffolgenden Montag werden Bauarbeiter die Trümmer beseitigen und an der Stelle ein Gerüst mit zwei übereinanderliegenden Plattformen errichten. Das Ganze soll den Eindruck vermitteln, als würde umgehend mit der Wiederherstellung der Skulpturen begonnen. In Wahrheit dient die untere Plattform zur Installierung eines automatischen Gewehrs. Mit dieser Aufgabe ist mein Sekretär Polnikov betraut. Er wird Ihnen die Einzelheiten erklären. Polnikov ist absolut vertrauenswürdig. Ich bürge für seine Zuverlässigkeit.«
    Polnikov beugte sich über den Tisch und erläuterte den Plan. »In Luftlinie beträgt die Entfernung vom siebten Heiligenpaar bis zur Mittelloggia von St. Peter exakt 108 Meter. Das russisches Gewehr Tokarev LZ 803 ist für Entfernungen zwischen hundert und zweihundert Metern konstruiert. Es sieht übrigens nicht wie ein Gewehr aus, eher wie ein länglicher Werkzeugkoffer. Mit dem eingebauten Zielfernrohr beträgt die Justiergenauigkeit auf diese Entfernung plus minus vier Zentimeter. Ein fantastischer Wert. Das Gerät wurde vom KGB während des Kalten Krieges entwickelt und für mehrere spektakuläre Attentate eingesetzt. Offiziell starben alle Opfer an Herztod. Das Tokarev-Gewehr wird nämlich nicht mit gewöhnlichen Patronen geladen, sondern mit Explosionsgeschossen, deren drei Millimeter große Spitze mit N3 gefüllt ist und nach dem Einschlag detoniert. N3 ist ein von den Russen entwickeltes Super-Gift. Drei Milligramm dieser Substanz genügen, um ein Pferd in zwei Sekunden zu töten. Die Spitze enthält fünf Milligramm. Am Körper des Zielobjekts wird höchstens ein kleiner roter Punkt sichtbar sein, kaum so groß wie ein Muttermal.«
    Kurienkardinal Sperling lauschte gespannt Polnikovs Ausführungen. Die Kälte und Präzision, mit der er den Ablauf des Attentats schilderte, war faszinierend und beängstigend zugleich. »Wie sind Sie in den Besitz dieser Wunderwaffe gelangt, Polnikov?«
    »Ich bekam sie aus erster Hand«, erwiderte der Sekretär, ohne von dem Plan aufzublicken, »von einem KGB-Spion. War nicht billig – eine halbe Million.«
    »Lire?«
    »Dollar! Ich bitte Sie! Bei solchen Objekten gibt es nur eine Währung – amerikanische Dollar.«
    Kurienkardinal Smolenski mischte sich ein. An Sperling gewandt meinte er: »Sehen Sie jetzt, wie sinnvoll wir den Erlös aus den verkauften Gemälden investieren?«
    Polnikov überging Smolenskis Bemerkung und ergänzte: »In dem Preis ist allerdings die Funkfernsteuerung enthalten. Und diese Funkfernsteuerung hat eine Leistung von zehn Watt. Das bedeutet, Sie können das auf der Plattform installierte Gewehr aus einer Entfernung von drei bis fünf Kilometern vom Tatort auslösen.«
    Der

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