Purpurschatten
Lösung des Falles beitragen?«
Professore Lobello hob die Hand. »Dieser Sakristant, Padre Fernando Cordes, hat sich merkwürdig aufgeführt. Ich halte ihn nicht für einen Giftmörder, aber für einen Mitwisser.«
»Und wie kommen Sie zu Ihrer Annahme?«
»Wenn ich mich recht entsinne, nahm Padre Cordes den Tod des Amerikaners zunächst sehr gelassen auf, viel ruhiger als die anderen Augenzeugen. Erst nachdem ich den Padre davon in Kenntnis gesetzt hatte, daß der Kardinal an Gift gestorben war, fing er am ganzen Leib zu zittern an und beteuerte, er habe nichts mit der Sache zu tun.«
»Und weiter?« wollte Kardinal Sperling wissen.
»Nichts weiter, Belphegor.«
Der schüttelte verständnislos den Kopf. »Dann verstehe ich nicht, worauf Sie hinauswollen. Wie hätte der arme Kerl sonst reagieren sollen? Er fühlte sich schuldig, weil er den Meßwein abgefüllt hat!«
»Jedenfalls gibt es keinen Zweifel«, Smolenski ließ nicht locker, »daß der Anschlag nicht Sherman galt, sondern mir. Ich fordere eine ordentliche Untersuchung!«
»Und wer soll die Untersuchung führen? Vielleicht die römische Kriminalpolizei? Sie wissen, daß ein Verbrechen auf dem Territorium des Vatikanstaates nicht der italienischen Gesetzgebung untersteht.«
»Darauf brauchen Sie mich nicht hinzuweisen, Belphegor! Als Kardinalstaatssekretär ist mir der Sachverhalt durchaus geläufig.«
»Wollen Sie aus dem tragischen Fall einen Skandal machen? Es gibt schon genug Journalisten, die ihre Nasen in unsere inneren Angelegenheiten stecken. Diese Schnüffler sind eine große Gefahr für uns. Muß ich deutlicher werden? Wie ist eigentlich der neueste Stand der Dinge im Fall Brodka?«
Smolenski blickte betroffen und antwortete ausweichend: »Wir machen gute Fortschritte, Belphegor. Wir haben alles im Griff.«
Kardinal Sperling vergrub das Gesicht in den Händen, um seinen Zorn zu verbergen. Es war kein Geheimnis, daß Sperling und Smolenski sich nicht ausstehen konnten, was zum einen in ihrem unterschiedlichen Charakter begründet lag und zum anderen darauf zurückzuführen war, daß beide sich als Widersacher bei ein und demselben Vorhaben betrachteten.
»Wo befinden sich die Kassetten?« fragte Kardinal Sperling, dem deutlich anzumerken war, wie sehr er seine Wut zügelte.
»Die Sache ist schiefgegangen«, erwiderte der Kardinalstaatssekretär. »Aber es war nicht meine Schuld!«
»Natürlich nicht«, erwiderte Sperling spöttisch.
»Die Bandaufnahmen sind noch immer im Besitz dieses Reporters.«
»Brodka?«
Smolenski nickte heftig und warf Alberto Fasolino einen Blick zu, er möge ihm bei der Erläuterung der Sachlage zur Seite stehen.
»Ja, so ist es«, erklärte Fasolino. »Wir haben Brodkas Lebensgefährtin, dieser Galeristin, die vertauschten Bilder zurückgegeben. Anonym, versteht sich. In dem Paket waren zwei Flugtickets nach München. Die beiden standen bis zum Abflug unter Beobachtung. Leider ist Brodka unserer Forderung, im Austausch gegen die Bilder die Kassetten zurückzugeben, nicht nachgekommen.«
Da sprang Kurienkardinal Sperling von seinem Platz auf. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und stampfte mit schweren Schritten durch den Raum ohne Namen. Alle Anwesenden erwarteten nun einen seiner gefürchteten Wutausbrüche, bei denen Sperling – wobei ihm sein körperliches Volumen zugute kam – loszubrüllen pflegte, daß das Echo von den Wänden widerhallte.
Aber nichts geschah. Der Kurienkardinal wurde nur blaß, und an Smolenski gewandt fragte er: »Die beiden haben Rom also verlassen?«
»Ganz sicher, Belphegor.«
Nachdem er lange genug auf und ab gegangen war und sich beruhigt hatte, nahm Kurienkardinal Sperling seinen angestammten Platz wieder ein. »Dieser Brodka und seine Geliebte wissen natürlich, was sie mit den Kassetten in der Hand haben. Wie konnten diese Bandaufnahmen in falsche Hände gelangen?«
Smolenski schaute Alberto Fasolino an, worauf der sich räusperte und sagte: »Es gibt überall schwarze Schafe, vor allem beim Hauspersonal. Mein treuloser, korrupter Hausdiener hat mir die Kassetten entwendet. Ich bin überzeugt, er wußte nicht einmal, was er in seinen Besitz brachte. Doch der Allerhöchste hat ihn bestraft. Arnolfo Carracci ist tot.«
Kardinal Enrico Fiorenzo schickte sich an, ein schwungvolles Kreuzzeichen über Stirn und Brust zu schlagen, doch als er plötzlich aller Augen auf sich gerichtet sah, brach er die Zeremonie auf halbem Wege ab, senkte den Kopf und blickte
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