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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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verschämt auf die Tischplatte.
    Er schreckte hoch, als Sperling mit der Faust auf den Tisch schlug und sagte: »Ich will die Kassetten hier auf dem Tisch sehen! Und zwar alle, bevor unsere Gegner unsere Pläne zerstören. Wie viele sind es?«
    »Zwanzig«, antwortete Fasolino. »Aber die Aufnahmen enthalten nur verschlüsselte Namen und Termine. Ich glaube nicht, daß irgend jemand außerhalb unseres Kreises damit etwas anfangen kann.«
    »Sind auch Interna über das Projekt ›Urbi et Orbi‹ drauf?«
    »Ja, Belphegor.«
    Kurienkardinal Sperling biß sich auf die Unterlippe. Dann wandte er sich Smolenski zu und fragte: »Wie weit sind Ihre Planungen in dieser Sache fortgeschritten, Asmodeus?«
    Umständlich fingerte der Kardinalstaatssekretär eine seiner billigen Zigarren aus der Innentasche seines Anzugs, biß das Ende ab und antwortete, während er in der Hosentasche nach Streichhölzern wühlte: »Die Explosion meines Wagens hat unsere Pläne durcheinandergeworfen.«
    »Wie konnte das überhaupt passieren?«
    »Dagegen ist man nie gefeit«, erklärte Monsignore Lombado, alias Lucifuge, mit einer Stimme, als wäre er gerade aufgewacht. »Es war bestimmt das Werk eines Verrückten. Bisher hat die Polizei keine Spur eines Täters gefunden.«
    »Man will mich mit allen Mitteln beseitigen«, sagte Smolenski. »Was habe ich nur getan?«
    Das klang so unschuldig, daß es den anderen in der Runde für einen Moment die Sprache verschlug.
    Bis auf Kardinal Sperling. »Und der Leonardo im Kofferraum Ihres Wagens, Asmodeus?«
    Unwillig preßte Smolenski den Rauch seiner Zigarre durch die Lippen. »Der Anschlag hat uns zehn Millionen Dollar gekostet. Aber dafür bin ich am Leben geblieben.«
    Kurienkardinal Sperling grinste zynisch. »Dann trifft meine Vermutung also zu, daß es sich bei dem Leonardo in Ihrem Kofferraum um ein Original handelte und nicht, wie in der Öffentlichkeit verbreitet, um eine Kopie. Fahren Sie öfter mit einem Leonardo im Kofferraum spazieren, Asmodeus?«
    »Unsinn. Ein verrückter reicher Japaner wollte das Gemälde eine Stunde später abholen. Ich habe den Wagen absichtlich ein Stück von meiner Stadtwohnung entfernt geparkt. Dort sollte der Austausch stattfinden: Leonardo im Packpapier gegen zehn Millionen Dollar in einem Reisekoffer. Die Sache war so aberwitzig eingefädelt, daß niemand bemerkt hätte, was da abgelaufen wäre.«
    Kardinal Sperling strich sich mit der Hand über das bärtige Kinn. Dabei verzog er das Gesicht, als käme ihm ein widerwärtiger Gedanke. Dann sagte er, ohne Smolenski aus den Augen zu lassen: »Das bringt mich auf die Frage, Asmodeus, wie viele Gemälde in den Vatikanischen Museen sind eigentlich noch Originale?«
    Die Frage traf Smolenski unerwartet. Er versuchte Sperlings Blick auszuweichen, doch der verharrte auf ihm wie ein Löwe vor der erlegten Beute. »Nun?« drängte der Kurienkardinal.
    »Schwer zu sagen«, erwiderte Smolenski zögernd. »Naturgemäß gibt es kein Verzeichnis darüber. Aber Sie können davon ausgehen, daß die großformatigen Werke der alten Meister und die Fresken in den Stanzen noch allesamt echt sind. Bedenken Sie, Belphegor, vorläufig sind die Gemälde unsere wichtigste Einnahmequelle. Vom Peterspfennig allein vermag nicht einmal der Stellvertreter diese ganze Organisation aufrechtzuerhalten.«
    »Und der Coup mit dem Leonardo diente nur dazu, unsere Konten aufzufüllen.«
    »Ja, natürlich, wozu sonst?«
    Kardinal Sperling wandte den Blick theatralisch zur Decke und murmelte kaum verständlich vor sich hin: »Naja, man hätte den Erlös ja auch für sich behalten können …«
    Smolenski, der Sperlings Bemerkung sehr wohl verstanden hatte, sprang auf zeigte mit einer heftigen Armbewegung auf den Kurienkardinal und rief: »Belphegor, ich fordere Sie auf diese Anschuldigung zurückzunehmen. Anderenfalls betrachten Sie mich ab sofort als Ihren Feind.«
    Sperling grinste über Smolenskis gestelzte Worte. »Hören Sie zu, Asmodeus. Ich habe nicht behauptet, daß Sie mit dem Coup in die eigene Tasche wirtschaften wollten. Ich wollte nur andeuten, daß diese Möglichkeit bestand …«
    »Das lasse ich mir nicht bieten!« geiferte Smolenski. »Auch nicht von Ihnen, Belphegor! Ich bin Kardinalstaatssekretär!«
    »Solange Sie nicht behaupten, daß Sie der liebe Gott sind …«, murmelte Kardinal Sperling und machte eine wegwerfende Handbewegung.
    Bevor der Streit zwischen den beiden ausuferte, ergriff Kardinal Pietro Sadona, der

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