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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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gebärden sich gnadenlos, sobald eine Frau am Steuer Schwächen zeigt.
    Mit Hilfe eines Stadtplans erreichte Juliette nach zwei Stunden das Gebäude des ›Messaggero‹; eine Straße weiter fand sie sogar einen Parkplatz.
    Sie hatte einen weißen, unverschämt kurzen Rock an und Schuhe mit hohen Absätzen, die ihre langen Beine noch länger erscheinen ließen. Unter dem hellen T-Shirt trug sie deutlich sichtbar nichts.
    Ihr stand der Sinn nach Provokation. Sie wollte begehrliche Männerblicke spüren, Erregung empfinden. Die letzten Wochen waren einsam und trostlos gewesen. Sie hatte viel über Brodka nachgedacht. Er war ein anderer geworden. Die Umstände hatten ihn verändert. Der einst so leidenschaftliche, lebensfrohe Mann jagte einem Phantom hinterher und hatte nichts anderes mehr im Kopf. Manchmal hatte Juliette das Gefühl, daß sie ihm völlig gleichgültig geworden war. Sie bezweifelte, daß er sie noch liebte.
    Zielstrebig ging sie zum Zeitungsarchiv und kam dabei am Portier vorbei, der genußvoll die Augen verdrehte und ihr schmunzelnd hinterherschaute. Sie nahm den Lift zum 4. Stock. Erst an der Glastür mit der Aufschrift › Archivio ‹ verließ sie ein wenig der Mut. Doch ihr Zögern währte nur kurz. Dann drückte sie die Tür auf.
    Außer dem Personal hielt sich niemand im Archiv auf. Während Juliette den Blick durch den großen Raum schweifen ließ, spürte sie die Blicke der Archivarinnen auf sich gerichtet. Dann trat Claudio hinter einem Stahlschrank hervor. »Giulietta!« rief er und eilte auf sie zu.
    Für die Archivarinnen war dies Anlaß genug, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen oder zumindest den Anschein zu erwecken. Claudio ergriff Juliettes Hand.
    »Ich habe nicht damit gerechnet, daß du noch einmal kommst«, sagte er halblaut und führte sie zu seinem Arbeitsplatz.
    Juliette setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch und schlug selbstbewußt die Beine übereinander. In Wahrheit fühlte sie sich so unsicher, daß sie innerlich zitterte. Auch Claudio nahm Platz, und seine Unsicherheit war noch größer.
    Eine Zeitlang schauten sich beide in die Augen – ein stummes Abtasten, ein Einschätzen der Möglichkeiten. Dann sagte Claudio mit gedämpfter Stimme: »Ich war eine Woche lang jeden Abend in unserer Trattoria, in der Hoffnung, du würdest kommen. Dann habe ich's aufgegeben.«
    »Hast du wirklich damit gerechnet, daß ich wiederkomme?« Juliette blickte Claudio herausfordernd an.
    »Ich habe es gehofft, und da greift man nach jedem Strohhalm.«
    Juliette lächelte und ließ den Blick über die Schreibtische mit den Monitoren schweifen. »Ich weiß«, sagte sie schließlich. »Das Gefühl kenne ich.« Sie richtete den Blick wieder auf Claudio und fügte nach kurzem Zögern hinzu: »Deshalb bin ich hier. Ich wollte dich sehen.«
    Claudios Augen blitzten wie zwei dunkle Perlen. Er blickte auf die Uhr und erkundigte sich vorsichtig: »Hast du ein bißchen Zeit für mich?«
    Juliette nickte.
    »Paß auf«, sagte Claudio, »ich mache in einer halben Stunde Schluß. Wir treffen uns in unserem Lokal auf der Piazza Navona. Abgemacht?«
    »Abgemacht.«
    Juliette erhob sich, und Claudio warf ihr mit zwei Fingern einen Kuß zu.
    Auf dem Weg nach unten verspürte Juliette die Erregung, dieses Kribbeln, dieses Verrücktspielen der Gefühle, das sie so sehr vermißt hatte. Warum, in aller Welt, sollte sie sich dagegen wehren, wenn Brodka sie nicht mehr begehrte?
    Claudio wartete bereits, als Juliette in der Trattoria eintraf. Die Parkplatzsuche hatte diesmal mehr Zeit in Anspruch genommen.
    »In Rom gibt es nur ein vernünftiges Transportmittel, und das ist die Lambretta!« Claudio strahlte übers ganze Gesicht und hauchte Juliette einen Kuß auf die Wange. »Hier habe ich eine Woche lang jeden Abend auf dich gewartet«, meinte er, als Juliette an dem Tisch Platz nahm, an dem sie bei ihrem ersten Treffen gesessen hatten. »Dann dachte ich, es ist alles aus.«
    »Das hast du dir selbst zuzuschreiben«, erwiderte Juliette.
    »Ich weiß.« Claudio malte verlegen mit dem Zeigefinger auf der Tischdecke. »Ich habe einen großen Fehler gemacht, und dafür gibt es keine Entschuldigung. Bist du sehr böse, Giulietta?«
    »Ja.«
    »Das Mädchen im Treppenhaus war eine puttana , weißt du. Eine von den vielen ›Schauspielerinnen‹ und ›Models‹, die einsamen Herren für gutes Geld die Zeit vertreiben.«
    Juliette musterte Claudio mit belustigtem Blick. »Und das mußte sein?«
    Claudio hob die

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