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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Innenstädten in Deutschland; dazu trank er eine Cola, an der es nichts auszusetzen gab.
    Brodkas Magen war immer noch hungrig; dafür waren seine Augen übersättigt vorn Anblick der Schaufenster, in denen die neue Frühjahrsmode in schreienden Farben präsentiert wurde. Niedergeschlagen schlenderte er die Theatinerstraße entlang.
    Nach kurzem Höhenflug war Brodka wieder an einem Tiefpunkt angelangt. Er fühlte sich eingekreist, hilflos einem übermächtigen, unsichtbaren Gegner ausgesetzt.
    Was hatte das jetzt wieder zu bedeuten?
    Titus' Verschwinden stellte ihn vor neue Rätsel. Er versuchte gar nicht erst, sich eine Antwort darauf zusammenzureimen. Statt dessen grübelte er über die zentrale Frage nach.
    Wer war sein Feind?
    Der Weg nach Hause war weit, doch es tat Brodka gut, durch die Straßen zu gehen und ein wenig Ablenkung zu finden. Er überquerte die Prinzregentenbrücke und fragte sich müßig, wie lange er eigentlich schon in dieser Stadt wohnte. Jedenfalls war es heute das erste Mal, daß er zu Fuß über diese Brücke ging. Er schlenderte den Straßenbogen zum Friedensengel hinauf und bog linker Hand in die Maria-Theresia-Straße ab. Aus dem Augenwinkel nahm er die Schilder von Anwaltskanzleien und Immobilienfirmen wahr. Hätte ihn später jemand gefragt, wie er nach Hause gelangt sei, er hätte es nicht sagen können.
    Und dort erwartete ihn die nächste Überraschung. Juliette hatte Besuch.
    Collin.
    »Einen schönen guten Tag«, sagte der Professor.
    »Guten Tag«, sagte Brodka knapp; dann schaute er Juliette an. »Titus ist weg. Was will er hier?«
    Collin nahm Juliette die Antwort ab. »Ich wollte meine Frau zurückholen. Verstehen Sie?«
    »Nein, verstehe ich nicht.«
    »Ich liebe meine Frau, junger Mann. Im übrigen sind Juliette und ich noch immer verheiratet.«
    »Sie meinen auf dem Wisch, den Sie mal unterschrieben haben? Vergessen Sie's. Juliette liebt Sie nicht mehr. Und daran sind Sie nicht ganz unschuldig.«
    »Sie sollten sich mäßigen, Herr. Sie waren es, der mir meine Frau weggenommen hat. Früher war so etwas strafbar, Herr.«
    »Brodka«, sagte Brodka trocken. »Es scheint Ihnen entgangen zu sein, daß wir im zwanzigsten Jahrhundert leben. Eine verheiratete Frau ist keineswegs verpflichtet, ihr Leben mit einem impotenten Trunkenbold zu verbringen.«
    Zum erstenmal meldete Juliette sich zu Wort. »Laß ihn, Brodka. Das ist alles schon hundertmal gesagt, und daran wirst auch du nichts ändern.« Und an Collin gewandt: »Zuerst hast du dich selbst ruiniert, und jetzt versuchst du, mich in die Knie zu zwingen. Glaubst du, ich weiß nicht, daß du hinter den Bilderfälschungen steckst? Du willst mich fertigmachen, damit ich freiwillig zu dir zurückkehre. Aber diese Rechnung geht nicht auf, mein Lieber. Im Gegenteil, jetzt weiß ich wenigstens, daß du bis zum Äußersten gehst.«
    »Aber das ist doch Unsinn!« versuchte Collin sich zu rechtfertigen. »Du weißt genau, daß ich von Kunst nichts verstehe. Woher sollte ich Verbindungen zur Kunstfälscherszene haben?«
    Brodka lachte aufgesetzt. »Sie behaupten doch, alles ist käuflich.«
    Collin sprang auf, nahm eine drohende Haltung ein. Juliette fürchtete, die beiden Kontrahenten würden jeden Augenblick wie Hirsche mit gesenkten Geweihen aufeinander losgehen. Dann kam ihr ein schrecklicher Gedanke: Wenn Collin nun plötzlich eine Waffe zog und auf Brodka richtete? Oder auf sie? Sie beobachtete Collin ängstlich und sah erleichtert, wie sein Körper sich allmählich entspannte.
    Juliette trat auf ihn zu. Mit der Rechten hakte sie ihn unter, während sie sich mit der Linken bei Brodka einhakte. Dann sagte sie mit ihrem freundlichsten Lächeln: »Ihr benehmt euch wie Schuljungen. Sollten wir die Angelegenheit nicht bei einer Flasche Rotwein besprechen?«
    Juliettes Vorschlag verdutzte die Männer. Schließlich sagte Collin achselzuckend: »Einverstanden.«
    Brodka nickte bloß.
    Juliette holte einen Côte du Rhône aus der Küche. Nachdem sie gemeinsam die erste Flasche geleert hatten, ohne daß die angestrebte Diskussion in Gang kam, beschlossen sie, eine zweite Flasche zu kappen.
    Collin schaute Brodka an. »Rotwein ist für alte Knaben eine von den besten Gaben«, sagte er mit dem Anflug eines Lächelns.
    »Wilhelm Busch«, bemerkte Brodka.
    »Ach?« erwiderte Collin. »Ich dachte, es wäre von mir.«
    Brodka grinste, und plötzlich war das Eis gebrochen. Die beiden Streithähne prosteten einander zu, und nach kurzer Zeit begannen

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